Freies Reden im Seminarvortrag

So schaffst du dir eine gute Bühne

von Sabine OlschnerLesedauer: 5 Minuten

Im Schwerpunktbereich des Studiums müssen Studierende ihre Seminararbeit verteidigen. Für viele ist es das erste Mal, dass sie vor Publikum einen Vortrag halten. Wie sieht denn eigentlich ein guter Seminarvortrag aus?

Lampenfieber, zittrige Hände, ein kratziger Hals: Viele bekommen allein beim Gedanken daran, vor einer Gruppe von Menschen reden zu müssen, Schweißausbrüche. Ein Jurist oder eine Juristin sollte sich allerdings nicht scheuen, im Mittelpunkt zu stehen. Denn im Berufsleben gibt es zahlreiche Anlässe, bei denen sie aufstehen und etwas präsentieren müssen – nicht nur vor Gericht.

Im Studium bieten sich aber nur wenige Gelegenheiten, das Reden vor Publikum zu üben. Der Seminarvortrag ist eine davon. Studierende sollten diese Chance also nutzen und Erfahrungen mit dem Präsentieren sammeln. Außerdem ist der Vortrag Teil der Note für den Schwerpunktbereich.

"Die Qualität des Vortrags kann den Ausschlag zu einer besseren Note für das Schwerpunktstudium geben", betont Prof. Dr. Wolfram Buchwitz, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Römisches Recht, Historische Rechtsvergleichung und Zivilprozessrecht an der Universität Würzburg. "Leider machen sich manche Studierende zu wenig Gedanken über den Vortrag", sagt wer.

Was sollte man also beachten?

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Eine gute Vorbereitung ist das A und O. Wer weiß, was er sagen will, kann selbstsicher auftreten und hat keinen Grund, nervös zu sein. "Meine Erfahrung ist: Wer eine gute Seminararbeit abgeliefert hat, hält in der Regel auch einen guten Seminarvortrag, denn er oder sie ist mit dem Inhalt bestens vertraut", sagt Prof. Dr. Mary-Rose McGuire, Inhaberin des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Recht des Geistigen Eigentums, deutsches und europäisches Zivilprozessrecht an der Universität Osnabrück.

Dabei sollten im Vortrag nicht die ganze Arbeit wiedergegeben, sondern nur Schwerpunkte gesetzt werden. Denn für die mündliche Präsentation stehen normalerweise gerade einmal 20 bis 30 Minuten zur Verfügung. Auch Aspekte, die in der Arbeit gar nicht oder nur knapp angesprochen wurden, können Inhalt des Vortrags sein. Der Vortrag sollte aus einer Einleitung, einem Hauptteil und einem Schluss bestehen. Eine elegante Überleitung zur anschließenden Diskussion kommt gut an.

Bei der anschließenden Diskussion können Prüferinnen bzw. Prüfer und die anderen Seminarteilnehmenden inhaltliche, aber auch kritische Fragen stellen. "Es empfiehlt sich, die Zeit zwischen der Abgabe der Arbeit und dem Tag der Präsentation mit aktueller Lektüre zu nutzen, um neue Entwicklungen zum Thema der Arbeit zu kennen und auf Nachfragen gut reagieren zu können", so der Tipp der Osnabrücker Professorin.

Frei reden, wenig Schnickschnack

Wer beim Vortrag aufrecht steht und langsam spricht, strahlt automatisch die notwendige Ruhe aus. "Manchen spürt man die Nervosität in den ersten Minuten des Vortrags an, das legt sich aber meist", sagt Leonie Boyn, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht und Gesellschaftsrecht an der Universität Greifswald. Ihre Universität bietet, wie viele andere Universitäten auch, als Schlüsselqualifikation Rhetorikkurse an. Hier üben Studierende unter anderem das Reden vor Publikum.

Gut kommt es bei den Prüfern an, wenn ein Vortrag frei gehalten und nicht vom Blatt abgelesen wird. Vielmehr empfiehlt es sich, nur Stichworte auf Karteikarten zu notieren. Auch ein bis drei ausformulierte Sätze können helfen, wenn man wirklich einmal ins Stocken gerät. Zu viel Text auf den Notizzetteln kann hingegen eher verwirren als helfen, weil die Gefahr besteht, den Überblick zu verlieren.

Viele Studierende nutzen für ihre Präsentation zudem visuelle Hilfsmittel, etwa eine Powerpoint-Präsentation. Hilfreich für Nachfragen aus dem Publikum ist es, die Seiten durchzunummerieren. Aber: Bitte vorher prüfen, was technisch im Seminarraum möglich ist. Um sicherzugehen, dass zum Beispiel der Laptop am Beamer auch funktioniert, können Prüflinge einen Tag vorher die Technik ausprobieren. Dann haben sie am Prüfungstag schon eine Sorge weniger.

Eine Powerpoint-Präsentation sollte – in ausreichend großer Schrift – nur Stichworte oder Grafiken zeigen, keine langen Texte. "Dadurch ist man beim Vortragen flexibler", weiß McGuire. Damit die Zuhörer wissen, was sie erwartet, bietet es sich an, kurz die Struktur des Vortrags zu erläutern. "Das gibt einem auch selber Ruhe, wenn man immer weiß, an welcher Stelle man gerade ist."

Das "Sie" auf der Bühne

Da das Publikum sich aus Prüfenden und Kommilitonen zusammensetzt, sind einige Vortragende unsicher, ob sie ihre Zuhörer mit Du oder mit Sie ansprechen sollen. Die Professorin rät: "Die Prüfung findet in einem professionellen Rahmen statt, daher sollte man lieber das höfliche Sie wählen." Gleiches gilt für die Kleidung: Sneaker sind vielleicht nicht die perfekte Wahl – lieber etwas förmlicher als zu leger. "Damit schafft man auch sich selbst eine gute Bühne und wirkt selbstsicherer", sagt McGuire.

Für die anschließende Diskussion bietet es sich an, kurze Handouts etwa mit ein paar Thesen vorzubereiten und diese vor dem Vortrag an die Zuhörer auszuteilen – oder sie ihnen sogar vorab zuzuschicken. Dann kann das Publikum besser der Diskussion folgen. Boyn achtet auch darauf, ob sich Prüflinge bei den Diskussionen anderer Prüfungsteilnehmer und -teilnehmerinnen einbringen. "Wenn man den eigenen Vortrag gehalten hat, sollte man weiterhin Präsenz und Interesse an den Vorträgen und Diskussionen der anderen zeigen", betont die wissenschaftliche Mitarbeiterin.

Um eine Prüfungssituation zu simulieren, empfiehlt es sich, den Vortrag vor Kommilitonen zu üben, die dann auch Fragen stellen, auf die man sich Antworten überlegen kann. Das macht es in der Prüfung selbst einfacher, souverän auf Fragen zu reagieren. "Selbst wenn man eine Prüfungsfrage nicht auf Anhieb beantworten kann, empfiehlt es sich grundsätzlich, es zumindest zu versuchen und nicht nur zu schweigen“, sagt Boyn.

Wer sich vorab eine Prüfung anschauen möchte, kann sich bei dem gewünschten Schwerpunktbereich erkundigen, ob er oder sie bei einer Verteidigung zuhören darf. Dadurch können sich künftige Teilnehmende mit dem Ablauf und der Prüfungssituation vertraut machen. Buchwitz kennt auch Studierende, die aus Interesse und zur Übung mehrere Seminare belegen, um ein Thema zu vertiefen. "Außerdem können Seminarteilnehmende jederzeit die Dozierenden ansprechen, wenn sie Rückfragen zu den Formalien des Vortrags haben“, betont der Würzburger Professor. Das sei allemal besser, als unsicher in die Prüfung zu gehen.

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