Referendarfahrt

"Sehr beliebt sind Budapest und Prag"

von Jens KahrmannLesedauer: 4 Minuten
Jahr für Jahr strömen Referendargruppen in die Metropolen Europas und genießen in der Spätphase ihrer juristischen Ausbildung noch einmal etwas Oberstufenfeeling. Bis die AG ihren Sonderurlaub im Ausland verbringen kann, muss jedoch einiges an organisatorischer Arbeit geleistet werden und bei der Steuererklärung sollte man etwas aufpassen.

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Der Föderalismus macht auch vor der AG-Fahrt nicht halt. In manchen Bundesländern, etwa in Thüringen und Brandenburg, gibt es keinen Sonderurlaub, so dass reiselustige Referendare für eine gemeinsame Fahrt ihre regulären Urlaubstage aufwenden müssen. Das ist natürlich nur mäßig attraktiv, da Zeit auch im Referendariat ein kostbares Gut ist. Die Vorgaben an das juristische Rahmenprogramm sind mitunter sogar von Landgerichtsbezirk zu Landgerichtsbezirk verschieden. Referendare am Landgericht Düsseldorf etwa müssen pro Sonderurlaubstag nur einen juristischen Programmpunkt im Reiseplan nachweisen. In Aachen müssen für fünf Tage Sonderurlaub sieben juristische Veranstaltungen eingeplant werden – außerdem müssen die Referendare hinterher Erfahrungsberichte schreiben. Genauso unterschiedlich ist die ganz generelle Haltung zu Referendarfahrten. So kooperativ wie das Landgericht Aachen, das die Reisen ausdrücklich fördert, zeigt man sich nicht überall.

Reiseplanung mit dem Profi

Sobald die Entscheidung für eine gemeinsame Fahrt gefallen ist, geht es an die Planung. Viele Referendare lassen sich dabei von spezialisierten Reiseveranstaltern unterstützen. Brigitte Kerkfeld betreibt seit fast 30 Jahren in Münster das gleichnamige Gruppenreiseunternehmen und plant jährlich ungefähr 100 AG-Fahrten, die auf die geltenden Anforderungen im jeweiligen Landgerichtsbezirk zugeschnitten sind. "Nach wie vor sehr beliebt sind Budapest und Prag – schon aus Kostengründen", erzählt die Reiseunternehmerin. Eine persönliche Empfehlung hat sie zwar nicht, gibt aber zu bedenken, dass manche Städte wegen der Veranstaltungsmöglichkeiten interessanter seien als andere: "Den Internationalen Strafgerichtshof oder den vatikanischen Gerichtshof Rota Romana kann man nur besuchen, wenn man den passenden Reiseort wählt." Stephanie Hastrich ist Referendarin am Landgericht Darmstadt und fliegt mit ihrer AG demnächst nach Lissabon. Dass sie sich an Kerkfeld gewandt hat, hatte auch mit dem fehlenden Engagement der Kollegen zu tun: "Wir hatten auch überlegt, das Ganze in Eigenregie zu organisieren. Bedingung war aber, dass sich dann jeder bei der Planung einbringen muss. Dazu waren aber wegen des damit verbundenen zeitlichen Aufwands nicht alle bereit." Begeistert zeigt sie sich von der Geduld, die man ihnen bei Kerkfeld entgegengebracht hat: "Wir hatten vier Orte und zwei Termine im Visier – für alles wurden Vorschläge gemacht." Zu einem kleinen Problem kam es aber trotz professioneller Hilfe: "Relativ spät wurde bemerkt, dass einer unserer Urlaubstage in Portugal ein Feiertag ist. Kerkfeld hat das Programm aber eigenständig umgeplant, sodass  es problemfrei genehmigt werden konnte."

Organisation auf eigene Faust

Leonie Müller, Referendarin am Landgericht Heidelberg, bricht demnächst mit ihrer AG nach Budapest auf. Anders als ihre Darmstädter Kollegin hat die Gruppe die Fahrt in Eigenregie organisiert. Für ihre AG habe sich das angeboten, sagt die Referendarin. "Wir müssen in vier Tagen Sonderurlaub nur drei juristische Veranstaltungen durchführen." Dass die Eigenorganisation nicht immer leicht ist, hat sie bereits erlebt. "Das Hauptproblem war es, die Leute zur verbindlichen Zusage zu bewegen", erzählt die Referendarin und fügt hinzu: "Man muss den Leuten früher in den Arsch treten und einfach etwas machen – wenn man E-Mails rumschickt und dann auf Feedback von 23 Leuten wartet, dauert das zu lange." Das Einsparpotential gegenüber der Buchung bei einem Reiseveranstalter schätzt Leonie Müller für die konkrete Reise auf 50 Euro pro Teilnehmer. "Für manche AG-Kollegen war diese Ersparnis entscheidend für die Buchung." Insofern bereut sie auch nicht, den etwas beschwerlicheren Weg der Eigenorganisation gegangen zu sein: "Uns war nämlich wichtig, dass möglichst viele Leute mitkommen."

Bei der Steuererklärung aufpassen

Oft wird vor dem Problem gewarnt, dass kurzfristige Absagen für das juristische Rahmenprogramm vorkommen können. Dann gilt es, zügig ein passendes Ersatzprogramm parat zu haben, da ansonsten die Gefahr besteht, dass der Sonderurlaub – je nach Handhabung durch die Ausbildungsbehörde – nachträglich entzogen oder gar nicht erst gewährt wird. Das Landgericht Aachen rät daher in seinem Leitfaden, bei Vertragsabschluss darauf hinzuwirken, dass das vertraglich vorgesehene Fachprogramm abschließend ist. Im Übrigen empfiehlt sich bei der Planung auch die Lektüre von Reiseberichten, da man dort gute und weniger alltägliche Ideen für das juristische Rahmenprogramm aufschnappen kann. So haben Referendare des Landgerichts Mannheim im Jahre 2010 auf ihrer Rom-Reise einen Abstecher zu der Direzione Nazionale Anti-Mafia – eine eigene Staatsanwaltschaft für organisierte Kriminalität –, zur Asylberatungsstelle der Gemeinde St. Egidio und zu einem erstinstanzlichen Zivilgericht gemacht. Wenn die Referendarfahrt vorüber ist, sollte man entgegen anderslautenden Vorschlägen nicht vorschnell versuchen, die Kosten steuerlich abzusetzen.  Voraussetzung ist nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs nämlich, dass die allgemeintouristischen und allgemeinbildenden Elemente nur von untergeordneter Bedeutung sind (Urt. v. 14.05.1993, Az. VI R 30/92). Abschließend noch ein Hinweis für all diejenigen, die bewusst auf Oberstufenfeeling verzichten wollen: Sonderurlaub gibt es natürlich nicht nur für Referendarfahrten, sondern auch für Sprachreisen oder andere Fortbildungsveranstaltungen.

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