Promotion in den Rechtswissenschaften

Wann und wie über­haupt?

von Sabine OlschnerLesedauer: 4 Minuten

Berufschancen, Prestige, eine Karriere in der Wissenschaft – Gründe, einen Doktor in den Rechtswissenschaften zu machen, gibt es mehrere. Doch was genau bedeutet es eigentlich zu promovieren? Und wie lange dauert sowas?

Viele Jurastudenten, die eine Promotion anstreben, fragen sich, wann der beste Zeitpunkt dafür ist: nach dem ersten Examen? Nach dem zweiten Examen? Oder vielleicht sogar parallel zum Referendariat? "Es gibt darauf keine Pauschalantwort", sagt Philipp Eierle, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Augsburg.

Als Vertreter der wissenschaftlichen Mitarbeiter an der juristischen Fakultät hat er Kontakt zu vielen Promotionsstudenten und kennt die verschiedensten Konstellationen. "Wer vor der Zweiten Staatsprüfung seinen Doktor macht, baut sich selber Druck auf, mit der Arbeit voranzukommen, weil er schnell fertig werden will – das ist für den einen hilfreich, für den anderen vielleicht zu viel", so seine Erfahrung. "Andererseits besteht die Gefahr, dass man sich zwischen erstem und zweitem Examen zu sehr mit seinem Promotionsthema beschäftigt und Inhalte aus dem Studium, die für die zweite Staatsprüfung wichtig sind, vergisst und wieder auffrischen muss."

Wer nach dem zweiten Examen promoviert, hat das "Pflichtprogramm" sozusagen schon hinter sich und kann sich ganz ohne Druck seitens der Ausbildungsinhalte vollkommen auf seine Dissertation konzentrieren. Und dann wäre da noch die Alternative "on the job": Wer das Ganze berufsbegleitend macht, kann praxisrelevante Aspekte in seine Doktorarbeit einfließen lassen. Und wie lange das Ganze? "Zwei Jahre braucht man in der Regel mindestens, um seine Promotion abzuschließen, üblicher sind bis zu drei Jahre", sagt Philipp Eierle.

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Parallel zur Arbeit als Wiss. Mit. in einer Kanzlei

Johann von Pachelbel will es schneller schaffen. Nach dem ersten Examen an der Universität Göttingen machte er zunächst seinen LL.M. an den Universitäten Leiden und Den Haag in den Niederlanden. "Ich interessiere mich sehr für das Völkerrecht und internationales Wirtschaftsrecht. Im LL.M.-Studium habe ich viel Input dazu bekommen und konnte mich in meiner Masterarbeit auf das Thema fokussieren", sagt der 28-Jährige. "Daraus ergab sich dann auch das konkrete Thema für meine Doktorarbeit."

Nach seinem Abschluss in Den Haag stieg er als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft ein, die sich unter anderem mit völkerrechtlichen Streitigkeiten beschäftigt, und arbeitete zunächst fünf Monate in Vollzeit. Seit Februar 2020 hat er auf zwei Tage reduziert und widmet sich den Rest der Woche seiner Doktorarbeit. "Schon während meines Schwerpunktstudiums habe ich Kontakt mit meinem heutigen Doktorvater aufgenommen, und wir haben gemeinsam über das Thema meiner Dissertation diskutiert", sagt von Pachelbel.

Eineinhalb Jahre will er sich nun Zeit nehmen, um an seiner Promotion zu arbeiten. Die Schlussarbeiten wie Layout, Fußnoten oder Feedback des Doktorvaters einpflegen, will er während seines Referendariats erledigen. "Ich habe das Thema meiner Arbeit bewusst eng gewählt, denn ich will mich damit nicht in der akademischen Welt profilieren – meine Zukunft sehe ich eher der Beratungspraxis oder im Staatsdienst."

In Teilzeit an der Uni

Wer eine wissenschaftliche Karriere anstrebt, geht bei seiner Dissertation meist weiter in die Tiefe. So wie Bianca Scraback, die direkt nach dem ersten Staatsexamen an der Universität Bonn mit der Promotion begonnen hat. Drei Jahre lang hat sie sich mit ihrer Dissertation über Internationales Zivilverfahrensrecht beschäftigt, seit Dezember 2019 ist sie im Referendariat. "Ich habe schon seit Ende des ersten Semesters am Lehrstuhl gearbeitet und dadurch Kontakt zu Doktoranden gehabt", erzählt die 26-Jährige. "Nach einem Treffen für Nachwuchswissenschaftlerinnen war mir klar, dass ich später gern akademisch arbeiten möchte."

Ihren Doktorvater lernte sie über eine Mootcourt-Veranstaltung kennen, das Thema für ihre Doktorarbeit ergab sich aus einer Vorlesung. "Es ist nicht zwingend notwendig, seinen Doktorvater schon zu kennen, aber es hilft natürlich, wenn man sich gut versteht, weil man während der Promotion viel Zeit miteinander verbringt", so ihr Eindruck. Sie war in der Promotionsphase auf einer Viertelstelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt und finanzierte sich ihre Promotion zudem über ein Stipendium der Studienstiftung. "Durch die Teilzeitstelle blieb mir genügend Zeit für meine Doktorarbeit." Hilfreich fand Bianca Scraback auch den Forschungsaufenthalt am Max-Planck-Institut in Luxemburg, an den sie über ihre Lehrstuhl gekommen ist.

Manche Arbeitgeber unterstützen Promotionsvorhaben

Einige Kanzleien bieten ihren Mitarbeitern Unterstützung bei der Doktorarbeit. So zum Beispiel die international tätige Kanzlei Gleiss Lutz: "Viele unserer Mitarbeiter haben einen Doktortitel und wir haben verschiedene Programme, die bei einer Dissertation unterstützen.", sagt Natascha Frankl, Co-Leiterin HR für das juristische Personal der Kanzlei. Da gibt es zum Beispiel die Promotionsauszeit: Anwälte, die promovieren wollen, arbeiten ein Jahr lang für das halbe Gehalt und werden das zweite Jahr, ebenfalls bei halbem Gehalt, für die Promotion freigestellt. "Die meisten promovieren aber vor dem Einstieg als Anwalt, weil es schwieriger wird, den richtigen Zeitpunkt für die Doktorarbeit zu finden, wenn man schon voll in die Anwaltstätigkeit eingebunden ist", berichtet Frankl. Sie empfiehlt, nicht in Teilzeit als Anwalt zu arbeiten und parallel zu promovieren, weil man dann unter Umständen beiden Tätigkeiten nicht gerecht werden könne.

Bleibt noch die Frage: Fühlt man sich als externer Promotionsstudent abseits der Uni nicht manchmal zu sehr von Forschung und dem wissenschaftlichen Umfeld abgeschnitten? "Das kann passieren", sagt von Pachelbel. "Da muss man dann Eigeninitiative ergreifen." Er besucht regelmäßig die Doktorandenseminare seines Doktorvaters und vernetzt sich dort mit anderen externen sowie auch den akademischen Promotionsstudenten.

"Außerdem besuche ich Konferenzen zu meinem Thema und kann mich dort mit Wissenschaftlern, Anwälten und Menschen aus Wirtschaft und Politik austauschen, was ich sehr bereichernd finde." Auch wenn von Pachelbel eine Karriere in einer Kanzlei anstrebt, will er den Kontakt zur Universität nicht aufgeben: "Mein Traum wäre es, neben einer Tätigkeit in der Rechtspraxis als Dozent in der Lehre zu arbeiten." Auch dafür ist der Doktorgrad sicherlich hilfreich.

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