Podcast zur Examensvorbereitung

Pro­duk­tive Pro­kras­ti­na­tion

von Marcel SchneiderLesedauer: 3 Minuten
Podcasts mit juristischen Inhalten gibt es manche, zumeist gemacht von Anwälten und Professoren. Aber jetzt produzieren Kieler Studenten ganz gezielt examensrelevante Rechtsprechung für die Ohren – von Betroffenen für Betroffene, sozusagen.

"Wie geil wäre es, wenn ich den Stoff zur Abwechslung einfach mal hören statt lesen könnte?", fragt sich Cenk Nickel am 28. Februar dieses Jahres nach einem langen Tag in der Bibliothek. Der Jurastudent fährt nach Hause und befasst sich noch einmal mit einem aktuellen Thema seiner Examensvorbereitung – ein BGH-Urteil zur Wirksamkeit von Schriftformheilungsklauseln. Er schreibt seine Gedanken dazu nieder, spricht sie per Mikrofon ein und veröffentlicht sie noch am selben Abend über einen Online-Musikdienst. Den Kanal tauft er "Juracast", dort erscheint seitdem ein Podcast pro Woche zu potenziell examensrelevanter Rechtsprechung. "Wir werten regelmäßig die aktuelle Ausbildungsliteratur aus", sagt Nickel. "Wenn Fälle gleich in mehreren Zeitschriften besprochen werden, könnten sie ein Thema für unseren Podcast sein." Unseren Podcast? Ja, denn Nickel hat recht zügig zwei Mitstreiter an seiner Universität in Kiel gewonnen, Lasse Quarck und Davud Tayaranian. Mit ihnen kann er sich die Arbeit teilen. Sie alle stecken mitten in der Examensvorbereitung oder haben kürzlich den schriftlichen Teil hinter sich gebracht. In dieser ohnehin stressigen Phase jede Woche fast einen ganzen Tag Arbeit in den Podcast zu investieren, "wäre auf Dauer wohl nicht allein machbar gewesen", so der Initiator des Juracast.

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Kondensierte Rechtsprechung fürs Examen

Das Projekt der Kieler unterscheidet sich von den etablierten Angeboten für die Branche, die häufig von berufserfahrenen Anwälten oder gar Professoren betrieben werden. Jede Folge ist für Podcast-Verhältnisse mit einer Laufzeit von zehn bis 15 Minuten vergleichsweise kurz und kommt schnell zum Punkt: Einleitung, Sachverhalt, Entscheidung und eine Zusammenfassung der examensrelevanten Aspekte. "Wie ein Skript zur Fallbearbeitung – nur eben zum Anhören", sagt Nickel. Dabei maße man sich nicht an, die Entscheidung zu bewerten, so der 25-Jährige. Es gehe vielmehr um den Lerneffekt – und zwar für beide Seiten: "Uns hilft die Arbeit am Podcast, weil wir uns noch einmal intensiv mit den Entscheidungen auseinandersetzen. Der Hörer hingegen kann aktuelle Rechtsprechung mitnehmen und seine eigene Examensvorbereitung um ein weiteres Medium ergänzen." Für den Examenskandidaten spielt aber auch die Abwechslung zum Lernalltag eine große Rolle. "Den Podcast zu erstellen, macht mir nicht nur Spaß. Jura ist nun einmal vor allem ein Lesestudium. Da verschafft mir eine andere Variante, den Stoff zu vertiefen, eine willkommene Ablenkung – auch wenn sie viel Zeit in Anspruch nimmt und ich mit einem weiteren Tag in der Bibliothek wohl etwas mehr schaffen könnte." Produktive Prokrastination, wenn man so will.

Beiträge auch von anderen Unis ausdrücklich erwünscht

Das Juracast-Team schmiedet indes große Pläne. Sie würden gerne weitere Jurastudenten zum Mitmachen bewegen – auch und gerade von anderen Universitäten: "Wer sich aktuell aufs Examen vorbereitet und Lust hat, eine aktuelle Entscheidung zu besprechen, kann sich jederzeit bei uns melden. Wir geben natürlich Hilfestellung, insbesondere zu den technischen Fragen", sagt Nickel. Zudem hat er eine Freundin mit der Studienfachrichtung Medienwissenschaften gebeten, den Podcast musikalisch aufzuwerten. Seit Folge Nummer sieben verfügt er also über ein In- und Outro. Eine größere Reichweite will er künftig mit Gewinnspielen erzielen: In Kooperation mit diversen Verlagen verlost er in den kommenden Wochen – passend zum Thema – Ausbildungsliteratur für Examenskandidaten. Für seine eigenen Examensklausuren hat Nickel den Januar 2019 angepeilt. Ob er dann – oder spätestens mit der mündlichen Prüfung - bei Juracast ausscheidet? Immerhin wäre er dann ja kein Student mehr. "Der Podcast macht mir aktuell zu viel Spaß, um aufzuhören. Da ich nach dem Examen gerne für einen Doktor an der Universität bleiben würde, könnte ich sozusagen noch in die Verlängerung gehen. Es kann natürlich sein, dass mit dem Berufseinstieg irgendwann die Zeit dafür fehlt." Immerhin: Bis dahin wären es ja noch mindestens 35 Folgen Juracast.

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