Online-Repetitorien

Virtuell Pauken mit Bestehensgarantie

von Christian GrohganzLesedauer: 5 Minuten
Lernen, unabhängig von Ort und Zeit - und Erfolg inklusive. Einzige Voraussetzung: Internetanschluss. Womit Online-Repetitorien werben, klingt für Jura-Studenten in der Examensvorbereitung verlockend. Doch können diese ihre Versprechungen halten? Sind sie eine Alternative zu klassischen Präsenzrepetitorien? Oder verliert sich der Nutzer gar in der Leere des virtuellen Raumes?

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Repetitorien haben eine lange Tradition. Bereits zu Zeiten des Jura-Studenten Johann Wolfgang  von Goethe war es üblich, in der Examensvorbereitung das im Studium Erlernte mit einem professionellen Repetitor noch einmal komplett zu wiederholen. Zu groß ist die Angst unter den Studenten, die wichtigste Prüfung wegen der unüberschaubaren Menge an Lernstoff nicht zu bestehen. Auch wenn dieses System bei Nicht-Juristen für Kopfschütteln sorgen mag, für die meisten Examenskandidaten besteht eigentlich nur eine Frage: Welchen Anbieter nehme ich? Einsteigen und in Rekordgeschwindigkeit zu einem erfolgreichen Abschluss gelangen – so will es der gelbe Zug auf der Webseite eJura Examensexpress vermitteln. Aber nicht nur der Online-Ableger von Repetitoriums-Branchengröße Alpmann-Schmidt tummelt sich im Netz. Namen wie Lecturio, Juriq oder Recht schnell buhlen um potenzielle Abonnenten. Die Macher werben vor allem mit den Vorteilen der Flexibilität. "Der Lernstoff wird von uns aufbereitet und vorgegeben. Der Nutzer kann aber selbst entscheiden, wann und wo er lernen möchte", erklärt Sabine Tofahrn von Juriq. Anne Schulz von Lecturio wirbt mit der Aussicht, tote Zeit nutzen zu können: "Gerade in Zeiten von Internet-Flats kann man das Online-Repetitorium auch auf dem Handy mitnehmen und als mobile Anwendung nutzen. Zum Beispiel auf langen Zugfahrten. Der eigene Lernrhythmus kann effektiv genutzt werden. Minutengenaues Wiederholen von einzelnen Videosequenzen ist kein Problem. Auch die Interaktivität kommt nicht zu kurz: In unserem Forum kann man mit den Dozenten und anderen Teilnehmern chatten." Christine Funk empfiehlt ihren eJura Examensexpress Studenten, die neben dem Studium jobben, sich um ihre Familie kümmern müssen oder gerade im Ausland sind. Noch weiter geht Klaus Dürkop von Recht schnell. Er sieht sein Portal gar als Revolution im juristischen Ausbildungsbereich: "Nach 3 Minuten Frontalunterricht muss sofort eine Wiederholung und Vertiefung starten. Ansonsten wird das Gehörte nicht zum aktiven Wissen. Und nur das nutzt in der Prüfung. Frontalunterricht ist eine der uneffektivsten Unterrichtsmethoden, wenn es um die Vermittlung großer Mengen Wissen geht." Lernprogramme seien klar im Vorteil. "Das große Problem der normalen Repetitorien ist, dass sie den Lernenden nicht auf der Stufe abholen, auf der er ist. Ich denke, dass mehr als 70 Prozent der Repetitorienbesucher besser bei uns aufgehoben wären." Was nach Klaus Dürkops Ansicht auch die allgemeinen Durchfallquoten bestätigten. "Deshalb gibt es bei uns auch ein Kapitel zur Lernmethodik."

Kostengünstiger als ein Präsenz-Repetitorium

"Nicht zu vernachlässigen ist auch der Preis", meint Anne Schulz. "Für ein Präsenz-Repetitorium muss man bei Weitem tiefer in die Tasche greifen". Der eJura Examensexpress kostet als Jahreskurs 40 Euro pro Monat. Bei Juriq zahlt man für den Online-Kurs 35 Euro im Monat, während die Gebühr bei Recht schnell 30 Euro monatlich beträgt. Der Komplettkurs bei Lecturio veranschlagt 58,25 Euro pro Monat - während ein Platz in einem Präsenz-Kurs im Durchschnitt nicht unter 100 Euro zu haben ist. "Dazu bieten wir allen Kunden eine Bestehensgarantie an: Wenn sie ihr Examen nicht schaffen, dürfen sie Lecturio weitere 12 Monate kostenfrei nutzen", verspricht Anne Schulz. Zielgruppe der Online-Portale sind vor allem Studenten, die sich auf das 1. Staatsexamen vorbereiten "Wir sind sozusagen mit dem kompletten Stoff eines Präsenzrepetitoriums gefüttert. Den Startpunkt für den Beginn eines Online-Repetitoriums muss jeder Student aber selbst festlegen", meint Anne Schulz. "Je früher man beginnt, umso besser natürlich. Auch sollte man den eigenen Lernrhythmus beachten. Manch einer lernt schneller, andere müssen Inhalte öfter wiederholen. Aber man sollte bei unseren 230 Stunden Videomaterial nicht erst eine Woche vor den Klausuren anfangen zu lernen - denn dann wird die Zeit knapp!"

Nachteil: Kein zwischenmenschlicher Kontakt

Nachteil eines Online-Repetitoriums ist, dass man dem Repetitor nicht ins Gesicht schauen kann, meint Christine Funk. Was für Anne Schulz eher einen Vorteil darstellt: "Wer auf soziale Kontakte in Form eines Banknachbarn besteht, wird dies natürlich nicht bei uns finden. Dafür gibt es aber auch keine nervenden Schniefnasen, unangenehme Gerüche, Geschnatter. Man kann ganz in Ruhe lernen." Problem sei viel mehr, sich zu motivieren - was durch Lernkontrollfragen und Lernfortschrittsmesser ausgeglichen werden soll. Für die Online-Lösungen spricht: Es gibt keine festen Unterrichtszeiten, die die Teilnehmer zwingen zu lernen. Sie können sich also dann an den Schreibtisch setzen, wenn die Konzentration am höchsten ist. "Der größte Nachteil ist, dass der Lernende nicht laut spricht und seine Fehler nicht sofort verbessert werden", findet Klaus Dürkop. "Das kann man nur im Einzelunterricht leisten." Jedoch würde bei Recht schnell bereits daran gearbeitet, dieses Manko zu beheben. "Tests mit Studenten haben gezeigt, dass ein Videobild höhere Aufmerksamkeit erweckt als ein Referent. Das spricht für unsere Filme." Deshalb sieht Dürkop sein Portal trotzdem schon jetzt im Vorteil zum klassischen Unterricht. "Leider lernt man bei uns keine netten Kommilitonen kennen. Aber wer weiß, vielleicht werden wir das auch noch entwickeln."

Kritik und Lob der Nutzer

Bernd von der Universität Köln war insgesamt zufrieden mit seinem Repetitorium bei eJura von Alpmann Schmidt , völlig rund lief es aber nicht: "Alle zwei bis drei Wochen kam es vor, dass man eine Klausur nicht öffnen konnte und eine Fehlermeldung angezeigt wurde." Außerdem kritisiert er mangelnde Aktualität: "Ich finde, dass Hinweise auf aktuelle Rechtsprechung oder wichtige Literatur für die optimale Vorbereitung auf das Staatsexamen unerlässlich sind. eJura gibt zwar zum Teil sehr umfangreiche Hinweise auf bestehende Vertiefungsliteratur, jedoch bleiben Gesetzesänderungen oft unberücksichtigt. Und manche Quellenangaben sind fehlerhaft oder schlicht veraltet." Jura-Studentin Nina hat ihre Teilnahme beim Juriq-Klausurenkurs im Nachhinein bereut. Grund war der Service des Anbieters. "Meine erste per E-Mail verschickte Klausur konnte angeblich nicht geöffnet werden." Dreimal musste Nina ihr Dokument senden, bis es schließlich bearbeitet wurde. "Letzten Endes habe ich die Klausur über einen Monat später zurückbekommen." Nach Ninas Kündigung wurde umgehend der Account gelöscht. "Das ist zwar nachvollziehbar", findet sie. "Aber auch da hätte ich es schön gefunden, wenn zumindest der Zugang zu bereits bezahlten Übungsklausuren nicht nachträglich gesperrt worden wäre. Denn ich hatte sie mir leider noch nicht ausgedruckt. Zumindest hätte man mich darauf hinweisen können." Auch wenn es vereinzelte kritische Stimmen gibt, äußeren sich die Nutzer in diversen Internetforen durchweg positiv über Recht schnell, die Vorteile von Lecturio, eJura Examensexpress oder Juriq. Die wenigsten scheinen so wie Nina unzufrieden mit den neuen Lernkonzepten.

Gratis online testen

Ob sich die Online-Portale dauerhaft in der Repetitoriumstradition etablieren können, wird sich zeigen. Interessierte Examenskandidaten können jedoch alle Programme im Vorfeld kostenlos testen. Lecturio bietet zu jedem Vortrag eine 5-minütige Vorschau und eine 5-Tage-Geld-zurück-Garantie an. Auf Recht schnell kann eine Lerneinheit aus dem Strafrecht angesehen werden. Juriq stellt zu jedem Kurs einen Gastzugang zur Verfügung. Und auch im eJura Examensexpress kann eine Probefahrt gebucht werden. Mehr auf LTO.de: Universitäts-Repetitorien: An der richtigen Stelle gespart? Juristenausbildung: Vier gewinnt nicht

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