Nach Landfriedensbruch bei Neonazi-Krawallen

Ver­ur­teilter Refe­rendar darf Voll­ju­rist werden

von Markus SehlLesedauer: 3 Minuten

Trotz einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Landfriedensbruchs darf ein Referendar in Sachsen Volljurist werden. Sein Grundrecht auf Berufswahlfreiheit überwiege das öffentliche Interesse, entschied das OLG Dresden als seine Ausbildungsbehörde. 

Der Jura-Referendar Brian E. wird trotz der nun rechtskräftigen Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten wegen Landfriedensbruchs nicht aus dem Referendardienst in Sachsen entlassen. Das bestätigte eine Pressesprecherin des zuständigen Oberlandesgerichts (OLG) Dresden am Montagabend gegenüber LTO.

Das OLG begründete seine Entscheidung mit dem eigenen Monopol bei der Juristenausbildung. "Es besteht keine Möglichkeit, den juristischen Vorbereitungsdienst außerhalb der Justiz zu absolvieren", sagte eine Sprecherin. Jede Berufstätigkeit als Volljurist auch außerhalb des Staatsdienstes, etwa als Rechtsanwalt oder Jurist in einem Unternehmen, einem Verband oder dergleichen, setze das Durchlaufen dieser Ausbildung voraus. "Die Entlassung des Referendars aus dem juristischen Vorbereitungsdienst würde daher bedeuten, dass er die Ausbildung zum Volljuristen nicht abschließen kann und ihm damit das Ergreifen eines juristischen Berufes auf Dauer verwehrt wäre."

Zugunsten des Referendars falle die Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Grundgesetz (GG) deshalb besonders ins Gewicht. "Angesichts der bereits weit fortgeschrittenen jahrelangen Ausbildung des Referendars (Studium der Rechtswissenschaften mit erfolgreichem ersten Staatsexamen und Absolvierung von weit über der Hälfte des juristischen Vorbereitungsdienstes) überwiegt bei Berücksichtigung des Ausbildungsmonopols des Staates nach Auffassung des OLG Dresden hier das in Art. 12 GG geschützte Grundrecht auf freie Berufswahl", teilte das OLG auf Anfrage von LTO mit. Das gegenüberstehende Interesse der funktionierenden Rechtspflege müsse zurücktreten. Auch sei es durch entsprechende Auflage schon seit Beginn der Ausbildung von E. abgesichert. Nach Informationen von LTO sollte E. bei seiner Ausbildung nicht in sensiblen Bereichen wie dem Staatsschutz eingesetzt werden.

Eine automatische Entlassung, wie sie für Beamte nach § 24 des Beamtenstatusgesetzes bei Freiheitsstrafen über 1 Jahr gilt, greife nicht. Der Referendar sei nicht etwa Beamter, sondern er absolviere nach dem erfolgreich abgeschlossenen Jurastudium den praktischen Teil seiner Ausbildung zum Juristen. Er befinde sich in dieser Zeit in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis, das mit Bestehen oder zweimaligem Nichtbestehen des Zweiten Juristischen Staatsexamens automatisch ende, so das OLG. 

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2016 an Neonazi-Krawallen in Leipzig beteiligt

Das Amtsgericht Leipzig hatte den angehenden Juristen Brian E. Ende 2018 wegen schweren Landfriedensbruchs zu einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung verurteilt (Urt. v. 28.11.2018, Az. 10 Ns 617 Js 43983/16). Das Gericht hatte es als erwiesen angesehen, dass sich der Kampfsportler im Januar 2016 an den Krawallen beteiligt hatte. Damals hatten Hunderte von Neonazis und Hooligans in Connewitz randaliert, 215 Verdächtige wurden ermittelt. Bereits im Dezember 2019 hatte das Landgericht Leipzig die Berufung von E. verworfen. Vor einer knappen Woche wies das OLG Dresden auch die Revision zurück, das Urteil gegen Brian E. wurde rechtskräftig.

Im November 2018 hatte E. das zweijährige Referendariat am Landgericht Chemnitz begonnen. Für seine Einstellung ist das OLG Dresden als Ausbildungsbehörde verantwortlich. Dort wird der Refendar nun also Ende des Jahres seine juristische Ausbildung abschließen dürfen.

Abschließend teilt das OLG mit: Eine Anstellung im Staatsdienst nach Beendigung der Ausbildung sei weder angestrebt noch zu erwarten.

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