Schlechte Aussichten für Klage gegen Ex-Berater

Gleiss Lutz und Mappus als Klausurklassiker

von Patrick OstendorfLesedauer: 3 Minuten
Mit seiner Schadensersatzklage gegen die Kanzlei Gleiss Lutz hat der ehemalige Ministerpräsident Stefan Mappus die rechtliche Aufarbeitung des verfassungswidrigen EnBW-Deals um ein weiteres Kapitel bereichert. Patrick Ostendorf erkennt in dem Verfahren das klassische Klausurproblem des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter - und bezweifelt, dass dessen Voraussetzungen erfüllt sind.

Der Klage des Ex-Ministerpräsidenten gegen die Ex-Berater, die Ende Oktober vor dem Landgericht (LG) Stuttgart verhandelt wird, geht eine lange Geschichte voraus. Das Land Baden-Württemberg hatte Ende 2010 EnBW-Aktien vom französischen Versorger EdF zurück gekauft, ohne, wie eigentlich vorgesehen, zuvor das Parlament zu befragen. Gestützt hatte es sich bei dem Kauf, der von der Großkanzlei Gleiss Lutz anwaltlich begleitet wurde, auf das Notbewilligungsrecht aus Art. 81 der Landesverfassung. Nachdem dieses Vorgehen vom baden-württembergischen Staatsgerichtshof Ende 2011 für verfassungswidrig erklärt worden war, ließ die neue Landesregierung Ersatzansprüche wegen des auch wirtschaftlich ungünstigen Kaufs gegen die einstigen Berater prüfen. Geltend gemacht hat sie diese bislang nicht – womöglich auch aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten. Nun hat Steffan Mappus jedoch eigenhändig eine Schadensersatzklage in sechsstelliger Höhe gegen Gleiss Lutz erhoben, offenbar vor allem wegen Anwaltskosten, die ihm im Rahmen der Aufarbeitung der EnBW-Affäre entstanden sind.

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Beratungsvertrag mit Schutzwirkung zugunsten von Mappus?

Wie viele andere Aspekte des EnBW-Deals ist auch die Klage von Mappus rechtlich äußerst interessant, da sie Grundfragen des Vertragsrechts berührt und damit zugleich idealen Stoff für juristische Prüfungsfälle liefert. Schon auf den ersten Blick ist nämlich fraglich, auf welche Rechtsgrundlage Mappus Ansprüche gegen die Kanzlei stützen will – einmal davon abgesehen, dass höchst umstritten ist, ob die Berater überhaupt bestehende Aufklärungspflichten verletzt haben. Denn Vertragspartner des Beratungsvertrages mit der Kanzlei war nicht Mappus persönlich, sondern das Land Baden-Württemberg. Daher bestanden möglicherweise verletzte vertragliche Aufklärungspflichten im Grundsatz auch nur gegenüber diesem, und nicht gegenüber dem Ministerpräsidenten als dessen Stellvertreter. Helfen könnte Mappus nur ein Rechtsinstitut, das von der Rechtsprechung entwickelt wurde, um Schwächen des Deliktsrechts auszugleichen. Der sogenannte Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen auch Nichtvertragsparteien, Haftungsansprüche wegen einer Vertragsverletzung geltend zu machen.

Im Leben wie in der Klausur: Leistungsnähe, Gläubigernähe, Erkennbarkeit, Schutzwürdigkeit

Um der Gefahr einer uferlosen Ausdehnung vertraglicher Schutzpflichten zu begegnen, setzt dies unter anderem voraus, dass der betroffene Dritte mit der Erbringung der Vertragsleistungen bestimmungsgemäß in Berührung kommt und den Gefahren einer Vertragsverletzung damit letztlich in gleicher Weise wie der eigentliche Vertragspartner ausgesetzt ist (sog. Leistungsnähe). Zusätzlich verlangt die Rechtsprechung, dass der Gläubiger (hier das Land Baden-Württemberg) an der Einbeziehung ein schutzwürdiges Interesse hat (sog. Gläubigernähe), der Schuldner (hier die Kanzlei) dies bei Vertragsschluss erkennen konnte und der Dritte zuletzt auch schutzwürdig ist, weil er keine gleichwertigen vertraglichen Ansprüche gegen einen anderen Schuldner geltend machen kann (vgl. zu den Voraussetzungen: BGH, Urt. v. 02.07.1996, Az. X ZR 104/94). Hier dürfte es schon an der Leistungsnähe fehlen: Insbesondere ist nicht erkennbar, dass Mappus - wie es der BGH fordert  -  bestimmungsgemäß mit der Vertragspflicht der sorgfältigen Beratung und Aufklärung über die Risiken des geplanten Rückkaufs in Berührung gekommen ist. Der Rückkauf der Aktien berührte letztlich nur das Vermögen des Landes als dem Investor des geplanten Deals. Da sich aus der Ausgestaltung des Beratungsvertrages damit auch nicht ergibt, dass Mappus im Vertrauen auf eine ordnungsgemäße Beratung Vermögensrisiken eingegangen ist, lässt sich kaum vertreten, dass er Risiken einer Leistungsstörung in gleicher Weise wie das Land ausgesetzt gewesen sei: Die erlittenen Schäden in Form der Anwaltskosten sind nur die Folge der politischen und strafrechtlichen Aufarbeitung des EnBW-Deals, nicht aber einer bestimmungsgemäßen Berührung von Mappus mit den Beratungspflichten. Für die erforderliche Leistungsnähe reicht das nicht aus. Patrick Ostendorf ist Professor für Wirtschaftsrecht an der HTW Berlin und Of Counsel bei Orth Kluth Rechtsanwälte.

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