Videos zum Jurastudium

Prosti­tution, Streber­tum und Lob­hudelei

von Marcel SchneiderLesedauer: 5 Minuten
Studenten der Rechtswissenschaften haben mit ihren ganz eigenen Problemen zu kämpfen – in Deutschland wie überall auf der Welt. In den USA gibt es einen Wettbewerb, bei dem die Missstände musikalisch und humorvoll aufs Korn genommen werden.

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Above the Law ist einer der größten Blogs zum amerikanischen Rechtswesen. In einem jährlichen Wettbewerb ruft er den studentischen Teil seiner Leserschaft dazu auf, Freud und Leid des Lebens an einer Law School in kurzen Videos zu verfilmen. Von Kleinigkeiten wie nervigen Dozenten bis hin zu ernsten Themen wie Sinn und Unsinn der Juristenausbildung in den USA ist alles dabei – oft in bemerkenswert hoher Qualität. Die kreativsten und witzigsten Videos werden prämiert. Eine Auswahl besonders erfolgreicher Clips aus den letzten Jahren haben wir hier zusammengestellt. Irgendwo zwischen Referendarsstation, Wissenschaftlicher Mitarbeit und Lottogewinn lässt sich das amerikanische "Clerkship" am besten einordnen. Absolventen von Law Schools bewerben sich bei Richtern, um unter deren Aufsicht Praxiserfahrung  zu sammeln. Die Posten eröffnen beste Karrierechancen und sind dementsprechend heiß begehrt. Die intellektuelle Prostitution, der sich manche Bewerber aussetzen, parodiert ein Beitrag der New York University aus diesem Jahr.  Mit düsterem Rap und einer verruchten Tanzperformance zeigen die Macher des Clips nicht gerade subtil, was sie von den (zu?) hohen Anforderungen an Clerkship-Anwärter und dem überheblichen Gebahren der Richter halten. Für Studenten einer eher konservativen Wissenschaft besonders gewagt sind die zahlreichen anzüglichen Textstellen ("start handlin' your dicta"), die durch den Gossenslang besonders zur Geltung kommen. Deutlich provokant, aber nicht billig – die Law-School-Bronx lässt grüßen.

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Der Beitrag der West Virginia University of Law aus 2013 beackert ein eher weit gefasstes Thema mit cleverem Text ("This is no Law & Order, it's closer to Mordor") und eindrucksvollen Stimmen. Auf Maroon 5's Melodie zu "Payphone" kommt der Leadsinger dem Original verdammt nahe und beklagt dabei die negativen Seiten des Law-School-Lebens: Nachtschichten zum Lernen, unerkennbare Problemstellungen in Klausuren und Überflieger, deren Leistungen man selbst vermeintlich nie erreichen wird. Bei aller Melancholie und Theatralik wird zum Ende hin aber doch deutlich, dass die Crew im Wesentlichen recht überzeugt von ihrer Studienwahl ist. An dieser Stelle eine besondere Empfehlung: Wer Zeit und Muße hat, sieht sich das Video am besten ein zweites Mal an und achtet auf das Geschehen im Hintergrund. Streit um die aktuelle Auflage der Pflichtliteratur und nervige Kommilitonen sind genauso dabei wie ein  Seitenhieb gegen die Absolventen vermeintlich einfacherer Studienfächer (hat da jemand Kulturwissenschaft gesagt?).

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"3L" – Das ist das dritte (und zumeist letzte) Jahr der Studenten an einer amerikanischen Law School. Vergleichbar sind die "3Ls" mit deutschen Examenskandidaten, denen als "alten Hasen" weder der andauernde Prüfungsstress noch der immer wieder einmal demotivierende Alltag eines angehenden Juristen fremd sind. Doch hier wie in Übersee gibt es Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Eine solche kommt in weiblicher Gestalt, blondem Haar und Musical-Vertonung daher. Sie trägt eine Nerdbrille, ist fleißig wie ein Bienchen – und im Gegensatz zu allen anderen so hochmotiviert wie am ersten Tag. Während ihre Kommilitonen den Erfolgsdruck mit Drogen und Alkohol verdrängen, lernt sie stattdessen noch mehr. Im Beitrag der New York University von 2014 wird die zerbrechliche, scheinbar naive Streberin von ihren Kommilitonen gemobbt. Tanzend und singend kämpft sich das tapfere Talent bis zum letzten Drittel des Videos, in dem sie den Spieß umdreht und den ernsten Hintergrund des Videos erkennen lässt. Sie fragt eine Kommilitonin: "Warum studiert man an einer Law School, wenn man keine Lust auf Recht hat?" Als diese darauf keine Antwort weiß, reagiert die Gruppe mit noch mehr Häme auf das engagierte Lernen. Ein hochwertig produzierter Beitrag inklusive Disney-Feeling – nur ganz untypisch ohne Happy End.

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Wie misst man den Wert eines Studiums an der Law School? Natürlich an der Höhe der Kredite, die man für die akademische Ausbildung aufnehmen muss. Mit der Behandlung der Schuldenproblematik nach dem Studium erreichte das Team vom Boston College nicht umsonst das Finale des diesjährigen Law Revue Contests. In seinem Clip prangert es die finanzielle Vorbelastung an, mit der fast alle Hochschulabsolventen in Amerika in ihr Berufsleben starten. Den Kontrast zur bitteren Realität schafft dabei die musikalische und gesangliche Untermalung im Broadway-Stil. Melodie und Tonlage klingen beruhigend und ermutigend, ganz im Gegensatz zum Text ("How do you measure three years of Law School? In Loans!"). Um noch einen draufzusetzen, treibt das Video die Situation im letzten Teil auf die Spitze: "Bemiss den Wert deines ganzen Lebens in Schulden und Krediten!", singt der erstklassige Chor. Dass die Zukunft für die Mehrheit der Boston-College-Abgänger genau so trist und dunkel aussieht, darf bezweifelt werden. An der grundsätzlichen Problematik ändert das aber nichts.

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Das erste Jahr an der Harvard Law School: Das hoffnungsvolle, hochambitionierte Jungtalent trifft schnell die Ernüchterung – Recht ist und bleibt ein zeitintensives, oft auch langweiliges Lesestudium. Dabei wird die Literatur maßgeblich von den Richtern des Surpreme Courts der Vereinigten Staaten beeinflusst – und die nehmen auf den Genuss des Lesers beim Abfassen ihrer Urteile wenig Rücksicht. Einen Lichtblick bildet Antonin Scalia, Richter am Surpreme Court seit über 30 Jahren. Er ist bekannt für seine konservative Einstellung, die er in seinen Abfassungen gerne auf literarisch schwungvolle Art und Weise auf den Punkt bringt. An Scalias für wissenschaftliche Maßstäbe mitunter "stammtischähnlichen" Ausführungen scheiden sich die Geister amerikanischer Juristen: Entweder man hasst oder man liebt ihn. Und so windet sich die Hauptdarstellerin im inneren Konflikt zwischen ihrer Leidenschaft für den angenehmen Stil Scalias und die Ablehnung seiner Haltung: "Oh Gott, es ist so falsch, aber ich kann es nicht unterdrücken". Aus Angst, dass ihre Kommilitonen sie dafür ächten könnten, versucht sie ihre Leidenschaft zurückzuhalten – bis es aus ihr herausbricht. Vermeintlich blamiert wendet sie sich ab, doch dann offenbaren die anderen Studenten ebenso ihr schmutziges Geheimnis: Sie alle lieben Scalias Schreibe! Eine personenbezogene Parodie über einen der bekanntesten Richter Amerikas mit Ohrwurmpotential dank Clean Bandits und Jess Glynnes Chartstürmer "Rather be".

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