Staatsexamen oder Bachelor of Laws?

Der schwere und der leich­tere Weg

von Sabine OlschnerLesedauer: 4 Minuten
Wer sich für Jura interessiert, hat zwei Studienabschlüsse zur Auswahl: das Staatsexamen und den Bachelor bzw. den Master of Laws. Vor dem Studienbeginn sollte man sich aber genau überlegen, welcher Abschluss für einen selbst der sinnvollere ist.

"Angehende Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte und Notare benötigen die Befähigung zum Richteramt, daher kommen sie um ein Jurastudium mit zwei Staatsexamina und das Referendariat nicht herum", erklärt Dr. Matthias Kober, Prodekan für akademische Angelegenheiten an der juristischen Fakultät der Universität Augsburg. Doch die oben genannten Berufe sind nicht die einzigen Einsatzgebiete für Juristen. Auch in der Wirtschaft, in Behörden und Verbänden sind Juristen beschäftigt, etwa in der Personalabteilung, in der Compliance-Abteilung oder in der internen Rechtsabteilung, dem sogenannten Justiziariat. "Für diese Aufgaben muss man nicht unbedingt ein Volljurist sein, hier reicht unter Umständen der Abschluss Bachelor of Laws", weiß Kober. Der Bachelor-Abschluss LL.B. (Legum Baccalaureus) wurde im Zuge der Bologna-Reform Anfang des Jahrtausends an mehreren Universitäten und Hochschulen eingeführt, weil Unternehmen sich Juristen wünschten, die auch Bilanzen lesen können und sich mit Wirtschaftsfragen auskennen. Deshalb enthalten die meisten Bachelor-Studiengänge nicht nur rechtswissenschaftliche Anteile, sondern auch wirtschaftswissenschaftliche Vorlesungen. "Dabei ist der Bachelor kein Abschluss zweiter Klasse", betont der Prodekan. "Er führt einfach zu einem anderen Ziel."

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Gleichmäßigerer Prüfungsdruck im Bachelor

Auch der Weg zum Abschluss ist ein anderer: "Das Ergebnis des Staatsexamens hängt allein von der Leistung in der Abschlussprüfung ab. Wer das Examen nicht besteht, hat keinerlei Studienabschluss in der Hand", so Prof. Dr. Christian Waldhoff, Dekan der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin. "Beim Bachelor ist es anders: Hier fließen die Leistungen des gesamten Studiums in die Endnote ein. Das übt weitaus weniger Druck auf die Studierenden aus." Die meisten entscheiden sich trotzdem noch immer für das klassische Jura-Studium: Im Jahr 2014 haben laut dem Statistischen Bundesamt über 8000 Jura-Absolventen das Staatsexamen gemacht, rund 700 schlossen mit dem Bachelor of Laws ab, rund 900 mit dem Master of Laws. Wer noch nicht weiß, ob er sich das juristische Staatsexamen zutraut, kann sich den Studiengang "Unternehmensjurist" an der Universität Mannheim anschauen: Hier haben die LL.B.-Absolventen die Option, nach ihrem Abschluss auch noch das Erste Juristische Staatsexamen zu erwerben. In den "Ergänzenden Studien zur Ersten Juristischen Prüfung" wird der nach dem Bachelor noch fehlende Staatsexamenspflichtstoff im Öffentlichen Recht und im Strafrecht gelehrt. Fällt der Studierende durch das Examen, hat er zumindest den Bachelorabschluss in der Tasche. Diese zweifache Abschlussmöglichkeit bieten derzeit nur wenige Hochschulen - an den meisten müssen sich Studieninteressierte für den einen oder den anderen Weg entscheiden*.

Wie die Wirtschaft Bachelor und Master bewertet…

Doch mit welchem Studienabschluss haben Absolventen die besseren Chancen? Ist der Bachelor bzw. der Master of Laws wirklich den beiden Staatsexamen ebenbürtig? Arbeitgeber sind unterschiedlicher Ansicht. Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC) zum Beispiel beschäftigt Mitarbeiter beider Abschlüsse. "Für die Rechtsberatung PwC Legal, bei der wir unsere Mandanten auch vor Gericht vertreten, ist ein Staatsexamen natürlich unverzichtbar", sagt Recruiting- und Personalmarketing-Leiter Dr. Folke Werner. "Für alle anderen Bereiche ist auch ein Bachelor of Laws oder das Erste Staatsexamen ausreichend." Die Karriereaussichten seien für beide Absolventengruppen gleich, so Werner weiter. "Mit beiden Abschlüssen ist es möglich, bis zum Partner aufzusteigen." Bei den Einstiegsgehältern gibt es leichte Unterschiede, was natürlich unter anderem an den längeren Studienzeiten liegt. Auch ein Absolvent mit dem Master of Laws bekommt zunächst mehr Gehalt als ein Bachelor-Absolvent. "An Volljuristen schätzen wir ihre intensive Ausbildung mit dem großen Praxisanteil", fasst Werner zusammen. "Dafür ist das rund acht Jahre dauernde Studium lang und aufwendig. Bachelor- und Masterabsolventen hingegen sind früher einsetzbar und oft spezialisierter, was ebenfalls Vorteile für uns hat." * Anm. d. Red.: Hier stand zunächst, dass es die Möglichkeit ausschließich in Mannheim gäbe. Geändert am 29.07.2016, 16:17.

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2/2: … und was Behörden meinen

Behörden stellen ebenfalls Absolventen beider Abschlüsse ein – je nachdem, für welche Laufbahn diese sich entscheiden. "Im öffentlichen Dienst unterscheiden wir zwischen juristischen Tätigkeiten im höheren Dienst und im gehobenen Dienst", erklärt Diane Schweitzer, Personalreferentin für Rekrutierungsfragen bei der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen. "Im höheren Dienst stellen wir Volljuristen mit zwei Staatsexamina oder Absolventen mit dem Master of Laws ein, wobei unser Bedarf an Volljuristen wegen der breiteren Verwendbarkeit deutlich überwiegt." In wenigen Fällen, in denen die Bundesnetzagentur auf die Befähigung zum Richteramt verzichten kann, werden juristische Aufgaben auch für Master, also LL.M., ausgeschrieben, "dann jedoch zumeist kombiniert mit Zusatzqualifikationen, beispielweise einem weiteren wirtschaftswissenschaftlichen oder technischen Abschluss oder besonderer internationaler Erfahrung", erklärt Schweitzer. Im gehobenen Dienst werden Juristen sowohl mit dem Ersten Staatsexamen als auch mit dem Bachelor of Laws eingesetzt. Die Karrierechancen sind auf den beiden Ebenen vergleichbar gut.

Im Zweifel für das Staatsexamen

Weitere potenzielle Arbeitgeber für Juristen sind Verbände. Nicht alle sind offen für den Bachelor of Laws. Der Automobilclub ADAC zum Beispiel beschäftigt ausschließlich Volljuristen. "Wer Rechtsberatung für unsere Mitglieder leisten will, muss bei uns zwei Staatsexamina vorweisen", sagt Pressesprecher Jürgen Grieving. Auch das Justiziariat des Verbands legt Wert auf ein Jurastudium mit Examensabschluss. "Denn für die Betreuung und Bearbeitung komplexer Zusammenhänge und Themen zum Beispiel in den Bereichen Vereinsrecht, Versicherungsrecht, Datenschutz, IT-Recht, Kartellrecht, Markenrecht und Presserecht ist aus unserer Sicht eine Vollausbildung notwendig", so Grieving. Bachelor und Master sowie Erstes und Zweites Staatsexamen lassen sich also nicht direkt vergleichen. Wer sich mit juristischen Fragen beschäftigen will, für den stehen verschiedene Ausbildungs- und Einstiegsmöglichkeiten offen. Am besten ist es, sich schon vor Studienbeginn über das berufliche Ziel klarzuwerden, damit am Ende keiner enttäuscht ist – weder die Absolventen noch die Arbeitgeber. 

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