Zwischen Jurastudium und Referendariat

Was mache ich mit meiner Zeit?

von Sabine OlschnerLesedauer: 4 Minuten

Je nach Bundesland und Examenstermin liegen zwischen Studienabschluss und Beginn des Referendariats Wochen oder gar Monate. Wie lässt sich diese Zeit am besten nutzen?

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Alexander Vielwerth hat sich keine lange Pause gegönnt. Knapp zwei Wochen nach seinem Ersten Examen an der Universität Jena ist er eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität angetreten. Mit dem Einkommen finanzierte er sich während seiner Promotion. "Ich habe mir keine lange Auszeit genommen, sondern direkt weitergemacht, weil ich schnell mit der Dissertation fertig werden wollte", berichtet der 30-Jährige, der mittlerweile bei der Winheller Rechtsanwaltsgesellschaft als Anwalt arbeitet.

Nach der mündlichen Prüfung hätte er auch direkt ohne Wartezeit ins Referendariat einsteigen können, da das Bundesland Thüringen zu der Zeit gerade die Verbeamtung von Referendarinnen und Referendaren abgeschafft hatte. Dadurch war für viele ein Referendariat in dem Bundesland uninteressant geworden, sodass es weniger Bewerber gab. "Aber mein Examensergebnis war gut genug, sodass auch eine Promotion infrage kam. Weil das Angebot auch fachlich perfekt passte, habe ich mich für die wissenschaftliche Mitarbeit und die Dissertation entschieden."

Die Entscheidung zwischen Auszeit und Arbeiten nach dem Examen hängt unter anderem davon ab, ob man sich eine längere Pause überhaupt leisten kann. Von Vielwerths Kommilitonen sind einige direkt ins Referendariat gegangen und hatten wegen Umzugsstress und Eingewöhnung in die neue Stadt keine lange Wartezeit. Andere machten hingegen richtigen Urlaub, um sich von der anstrengenden Examensvorbereitung zu erholen. "Einer hat sogar in den Alpen eine Ausbildung zum Pastor gemacht, weil das schon immer sein Wunsch war", erinnert sich Vielwerth.

Der Fantasie für kreative Tätigkeiten sind also keine Grenzen gesetzt. Einen Königsweg für die Zeit zwischen Examen und Referendariat gibt es dabei nicht – es kommt auch immer auf die eigene (Karriere-)Planung an.

Viele Möglichkeiten, doch die meisten wollen schnell ins Ref

"Die meisten wollen so schnell wie möglich mit dem Referendariat beginnen", sagt Daniel Kachel von der Studienfachberatung der Rechtswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Freiburg. Je nach Examensnote, gewünschtem Standort,t sozialen Kriterien oder Anzahl der Bewerber kann es jedoch mehrere Monate dauern, bis ein Jura-Absolvent durchstarten kann.

Nach Kachels Beobachtungen füllen die ehemaligen Studierenden die Zeit ganz unterschiedlich: "Manche nehmen ein Masterstudium in einem Fach ihrer Wahl auf, andere absolvieren gezielt ein LL.M.-Studium. Wiederum andere gehen für eine Weile ins Ausland, um dort in einer Kanzlei Berufserfahrung zu sammeln." Praktika oder reine Sprachkurse ohne juristischen Bezug seien für die meisten hingegen uninteressant, weil sie nach dem Studium lieber Tätigkeiten übernähmen, die sie wissenschaftlich voranbringen oder die entsprechend ihrer Qualifikation bezahlt werden, sagt Kachel.

Natürlich gibt es auch Kandidaten, die in einem zweiten Prüfungsdurchgang ihre Note verbessern wollen. Sie verbringen ihre Wartezeit dann vor allem mit Lernen. Wer weiß, dass es später in eine spezialisierte Kanzlei gehen soll, könnte auch schon den theoretischen Teils eines Fachanwaltslehrgangs ableisten. Dann braucht es für den Fachanwalt später nur noch den Praxisnachweis auf dem jeweiligen Fachgebiet. Das ist aber dann doch eher selten, da ein angehender Fachanwalt bis zur Beantragung seines Titels jedes Jahr 15 Stunden Pflichtfortbildung absolvieren muss, was viele von einem Fachanwaltslehrgang zu solch einem frühen Zeitpunkt abhält. Eine Ausbildung zum Mediator hingegen ist ohne weitere Hürden auch schon vor dem Referendariat möglich.

Welche Zwischentätigkeit ist für Arbeitgeber interessant?

Ist es für künftige Arbeitgeber interessant, womit ein Nachwuchsjurist die Wartezeit überbrückt? "Das kommt darauf an, wie der Lebenslauf ansonsten aussieht", sagt Claudia Trillig, HR Director von Baker McKenzie Deutschland und Österreich. "Für uns ist das stimmige Bild einer Bewerberin oder eines Bewerbers wichtig – sowohl bei der Bewerbung für das Referendariat als auch später als Associate." Hat eine Kandidatin während des Studiums zum Beispiel viel in Kanzleien gearbeitet, sei es von Vorteil, wenn sie sich in einer Studentenorganisation oder bei einem Legal-Tech-Startup engagiert hat, um weitere Erfahrungen zu sammeln. Ist ein Kandidat im Studium schon viel in der Welt herumgekommen, passe eine wissenschaftliche Mitarbeit in einer Kanzlei gut ins Bild.

"Wir bevorzugen Bewerberinnen und Bewerber, die vieles ausprobiert haben und unterschiedliche Facetten vorweisen können", sagt Trillig. Auch außergewöhnliche Ideen jenseits des Mainstreams seien willkommen: Falls jemand nach dem Examen seine Freiheit genießt und einfach mal für eine Weile in den Bergen Schafe hütet, sei das zwar ein ausgefallenes Beispiel, für die Kanzlei aber ebenfalls nicht uninteressant.

Der Großteil der Absolventen entscheidet sich nach Trilligs langjähriger Erfahrung jedoch für die juristische Mitarbeit in einer Kanzlei. "Das hat nicht nur finanzielle Gründe nach dem langen Studium, sondern bietet Unentschiedenen auch die Gelegenheit, sich eine Kanzlei oder ein Rechtsgebiet noch einmal genauer anzuschauen", so die HR Director. Eine wissenschaftliche Mitarbeit lohnt sich auch schon für einen Monat. Aber je länger man arbeitet, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, in der Mandatsarbeit eingebunden zu werden. Wer nur kurz dabei ist, unterstützt zum Beispiel bei der Recherche oder bei der Vorbereitung von Pitches. "Als Kanzlei ist es uns am liebsten, wenn jemand über einen längeren Zeitraum etwa drei Tage in der Woche bei uns arbeitet", sagt Trillig. Mit diesem Modell bleibe auch noch genügend Zeit, sich von der Examensvorbereitung zu erholen.

"Eintritt ins Referendariat durch Wahl des Bundeslandes steuern"

Vielwerth kam es auf die Erholung nicht an. Neben seinem Job als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Jena und seiner Promotion arbeitete er zudem aus der Ferne für die Kanzlei Winheller als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Als die Stelle an der Universität auslief, wählte er Hessen als Referendariatsstandort und zog nach Frankfurt, um bereits als Referendar näher an der Kanzlei zu sein, die heute auch sein Arbeitgeber ist. "Wer örtlich flexibel ist, kann natürlich auch durch einen Umzug in ein anderes Bundesland die Startzeit für sein Referendariat steuern", so sein Tipp.

Möglichkeiten, die Zeit zwischen Studienabschluss und Referendariat zu überbrücken, gibt es also auf jeden Fall viele. Wer sich in der letzten Phase des Studiums umhört, stößt mit Sicherheit noch auf viele weitere Ideen, wie er oder sie die Zeit nutzen kann oder will.

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