Examen am Computer

Sachsen-Anhalt testet 2019 digi­tales Examen

von Maximilian AmosLesedauer: 4 Minuten
Während in Hamburg SPD und Grüne mit einem Antrag für ein digitales juristisches Examen für Wirbel sorgen, macht sich Sachsen-Anhalt schon still und heimlich ans Werk. Im April 2019 sollen Referendare am Laptop schreiben können.

Nachdem LTO am Dienstag berichtete, dass in Hamburg eine Initiative von SPD und Grünen in der Bürgerschaft die Entwicklung eines Konzepts für ein juristisches Staatsexamen am Computer vorantreiben will, erreichte uns eine Leserzuschrift, nach der Sachsen-Anhalt diesbezüglich sogar schon weiter sei. Und tatsächlich: Auf Nachfrage beim Landesjustizprüfungsamt (LJPA) stellte sich heraus: In Halle sollen ab April 2019 Referendare ihr zweites Examen am Laptop schreiben können. Zwar handelt es sich dabei zunächst einmal um einen Testballon, die Absicht ist aber, das digitale Examen danach weiter anzubieten und perspektivisch sogar verpflichtend einzuführen. "Wir werden damit bundesweit als Erste an den Start gehen" bestätigte der Präsident des LJPA Ralf Burgdorf am Mittwoch gegenüber LTO. Zur Zeit befinde man sich noch in der entscheidenden Testphase, bevor die endgültige Entscheidung über den Examensdurchgang April 2019 fällt. "Vor vier Wochen hatten wir schon einen Testlauf", so Burgdorf, "morgen gibt es einen zweiten mit einer Probeklausur in einer Referendars-Arbeitsgemeinschaft. Wenn der gut läuft, was ich nach den bisherigen Rückmeldungen erwarte, dann werden wir es ab April im Examen anbieten."

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LJPA-Präsident: "Keine Rechtsgrundlage erforderlich"

Möglich macht das Ganze eine Kooperation mit der Martin-Luther-Universität in Halle, zu der man einen "sehr guten Kontakt" pflege, betont Burgdorf. Die Hochschule stellt für das Examen ab dem kommenden April sowohl einen Raum und die Laptops zur Verfügung als auch das technische Hilfspersonal, für den Fall, dass etwas nicht funktionieren sollte. Dazu sollen Referendare aus ganz Sachsen-Anhalt nach Halle gebracht werden, die Kosten für Reise und Unterkunft übernimmt das Land. Zunächst einmal soll die elektronische Examensklausur aber nur optional, d. h. nicht für alle verpflichtend eingeführte werden. Denn hierfür hätte man schon beim Einstieg in das Referendariat die Kandidaten, die im April geprüft werden sollen, darauf hinweisen müssen, so Burgdorf. Eine Gesetzesänderung braucht es aus seiner Sicht aber nicht, eine rechtliche Grundlage für die Einführung digitaler Examensklausuren  hält er für "nicht zwingend notwendig". Das Juristenausbildungsgesetz (JAG) in Sachsen-Anhalt schreibe zwar die Schriftform für die Examensklausuren vor. Dem genüge man aber auch weiterhin. Der Grund dafür ist, dass man zunächst nicht auf eine Volldigitalisierung setzt. Die Klausuren sollen zwar an Laptops geschrieben, danach aber auf ein Speichermedium gezogen und ausgedruckt werden, bevor sie an die Prüfer weitergeleitet werden. Diese korrigieren dann weiterhin mit Stift und Papier. Somit umgeht man zunächst einmal technische Sicherheitsbedenken und juristische Schwierigkeiten, die bei einer elektronischen Weiterleitung aufkommen könnten. Und Sicherheit soll auf jeden Fall gewährleistet sein, betont Burgdorf. Er gehe aber nach den bisherigen Tests davon aus, dass alles reibungslos ablaufen werde.

Wird das digitale Examen bald Pflicht?

Sollten die Rückmeldungen weiterhin positiv ausfallen, hat man sich vorgenommen, die computergestützte Klausur künftig immer anzubieten, perspektivisch verpflichtend und auch im ersten Staatsexamen. Dass man so schnell damit voran komme, ist laut Burgdorf neben der Kooperation mit der Uni Halle auch einem "Standortvorteil des kleinen Landes" geschuldet. Sachsen-Anhalt ist ein kleines Land und bildet, verglichen mit Ländern wie Bayern oder NRW, nur sehr wenige Referendare aus, was Kosten und Aufwand einer solchen Neuerung überschaubar macht. Gut möglich sei aber, so der LJPA-Präsident, dass auch andere Länder schon weiter seien als Hamburg. Baden-Württemberg zum Beispiel betreibe ebenfalls sehr engagiert dieses Vorhaben und könnte bald die nächste Adresse für das digitale Examen sein. Gerade für ostdeutsche Bundesländer kann das digitale Examen aber auch selbst ein weiterer Standortvorteil werden. Ostdeutsche Bundesländer ringen um Nachwuchs in der Justiz und versuchen jetzt schon viel, um Referendare von andernorts anzulocken, ob mit mehr Gehalt oder besseren Ausbildungsbedingungen. Mit dem bei den Referendaren offenbar sehr beliebten digitalen Examen erhofft man sich nun bessere Argumente für den Justizstandort Sachsen-Anhalt. Die aktuellen Referendare jedenfalls, die erstmals von der Möglichkeit Gebrauch machen könnten, habe man vor Beginn des Projekts nach ihrer Meinung gefragt und fast ausnahmslos positive Reaktionen bekommen, sagt Burgdorf, ebenso nach den ersten Tests. Sorge, dass Prüflinge, die sich für die konventionelle Form entscheiden, ihr Ergebnis später anfechten könnten, weil sie sich gegenüber den Computer-Tippern benachteiligt fühlen, hat man beim LJPA daher auch nicht: "Das kann ich mir nicht vorstellen. Wir haben es mit allen besprochen und ich gehe davon aus, dass unsere Prüfer eine handgeschriebene Klausur weiter genauso objektiv bewerten wie eine computergeschriebene" sagt Präsident Burgdorf. Ob es aber leichter sei, eine fünfstündige Klausur am Laptop zu schreiben, dieser Beweis sei noch zu führen. Ein Rechtschreibprogramm wird in Sachsen-Anhalt jedenfalls nicht vorhanden sein. Von übermäßigen Bedenken will Burgdorf ohnehin nichts wissen: "Das ist typisch deutsch", so der Jurist. "In den USA wird das Bar Exam, das mit dem hiesigen zweiten Examen vergleichbar ist, schon auf Computern geschrieben und dort gibt es keine Probleme. Es wird Zeit, dass wir hier endlich nachziehen."

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