Verein "campusnah"

Der Jura-Aufklärer

von Constantin KörnerLesedauer: 5 Minuten
Um Schülern bei der Studienwahl zu helfen, hat sich in Freiburg der Verein "campusnah" gegründet. In Workshops an Schulen klären die Vereinsmitglieder ehrenamtlich über ihr jeweiliges Studienfach auf. Darunter auch der Jura-Absolvent Florian Schneider (27).

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LTO: Worin besteht das Engagement von campusnah? Schneider: campusnah bietet Workshops zu den Inhalten einzelner Studienfächer für Schüler an. Darin zeigen fortgeschrittene Studierende oder junge Absolventen auf, was die Studierenden im jeweiligen Fach inhaltlich erwartet. Die Workshops gleichen dabei oft Übungsstunden, wie sie in den ersten Semestern an Hochschulen stattfinden. Letztlich soll so ein möglichst realistisches Bild des jeweiligen Studienfachs gezeichnet werden. Ferner liegt uns auch daran, inhaltliches Basiswissen im jeweiligen Fach an die Schüler zu vermitteln, das in den immer strafferen Lehrplänen eventuell keinen Platz finden konnte. Natürlich ist uns dabei bewusst, dass unsere Workshops keine Unterrichtseinheiten ersetzen können. Soweit wir aber einzelne Begriffe, Konzepte oder Zusammenhänge anreißen können, ist das bereits ein Erfolg. Auch oberflächliche oder punktuelle Einblicke können bislang verborgene Interessen zu Tage bringen. Letztlich bringen wir Studierende und Schüler zusammen. LTO: Wie entstand die Idee zur Gründung? Schneider: Der Gründung ging die Überlegung voraus, auf welche Weise wir unsere Bereitschaft, sich sozial zu engagieren, am sinnvollsten umsetzen können. Wir stellten fest, dass unser größtes Kapital die umfangreichen und gleichzeitig noch frischen Kenntnisse der Studieninhalte an Hochschulen sind. Gleichzeitig erinnerten wir uns an die jedem Abiturienten begegnende Herausforderung der eigenen Studienwahl. Daraus entstand die Idee, diese Kenntnisse mit denen zu teilen, denen sie am meisten nutzen können: den Schülern. Diese stehen kurz vor der schwierigen Entscheidung, ob und was sie studieren sollen. Hier wollen wir durch das Teilen unserer Erfahrungen eine sinnvolle Entscheidungshilfe geben, die bestenfalls auch dazu beitragen wird, die hohe Quote der Studienabbrecher zu senken. Um dem Ganzen eine gewisse Nachhaltigkeit und Struktur zu verschaffen, haben wir campusnah als Verein gegründet.

"Wir wollen eine Entscheidungshilfe geben"

LTO: Warum engagieren Sie sich bei campusnah? Schneider: Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man auch unmittelbar vor dem Abitur stehend noch nicht wirklich weiß, was einen in den Studienfächern erwartet, die für einen zu diesem Zeitpunkt in Fragen kommen. Dies wollen wir verändern. LTO: Momentan besteht Ihr Verein aus rund 20 Aktiven. Wie haben diese zueinander gefunden? Florian SchneiderSchneider: Am Anfang rekrutierten sich die Aktiven natürlich aus dem Freundes- und Bekanntenkreis und per Mund-zu-Mund-Propaganda. Künftig wollen wir auch durch Aushänge und über das Internet weitere Aktive für die Idee gewinnen. Erste positive Rückmeldungen auf die Medienpräsenz von campusnah sowie Angebote zur Mitarbeit hat es bereits gegeben. LTO: Sie erwähnten vorhin schon die Workshops, die Sie an Schulen anbieten und woran die Schüler bei Interesse freiwillig teilnehmen. "Jura? Ist das nicht trocken?", nennen sich die Workshops über das Studienfach Rechtswissenschaft. Was passiert dort? Schneider: Der Workshop beginnt mit dem Hinweis darauf, dass "Jura studieren" letztlich "Fälle lösen" bedeutet. Nachdem wir kurz erklärt haben, wie dies mit der Subsumtionstechnik grob funktioniert, besprechen wir mit den Schülern je einen Fall aus dem Straf-, Zivil- und öffentlichen Recht und lösen diesen gemeinsam. Dabei ist es uns wichtig, dass die Fälle etwa denjenigen entsprechen, die auch  in den Anfangssemestern im Rahmen des Studiums auftauchen. Natürlich nehmen wir die Schüler dabei an die Hand, letztlich sollen sie aber so viel wie möglich selbst erarbeiten. Nur so können die Schüler einen Eindruck bekommen, was genau erwartet wird. Es ist erstaunlich, wie schnell die Schüler, obwohl ohne jede Vorkenntnisse, die Grundzüge verstehen und selbständig juristisch argumentieren.

"Keine Werbung für einen bestimmten Studiengang"

LTO: Mit welchen Fragen werden Sie von den teilnehmenden Schülern konfrontiert? Schneider: Die Schüler stellen, bedingt durch den besonderen Inhaltsbezug der Workshops, meist konkrete fachliche Fragen zu den besprochenen Fällen. Im Anschluss kommen jedoch natürlich auch Fragen wie "Welche Universität ist am besten?" und "Würdet ihr nochmal Jura studieren?". Wir versuchen jedoch, so neutral wie möglich zu bleiben, um die Schüler nicht durch persönliche Empfehlungen zu beeinflussen. Wir machen schließlich keine Werbung für eine bestimmte Bildungseinrichtung oder einen bestimmten Studiengang. LTO: Inwiefern nehmen Schulen Ihr Angebot an? Schneider: Dies ist bislang der Flaschenhals unserer Arbeit. Obwohl die Workshops für die Schulen kostenlos sind und wir diese jeweils per Telefon und E-Mail kontaktieren, ist die Rückmeldequote leider sehr gering. Das mag verschiedene Gründe haben, etwa Terminschwierigkeiten oder die Existenz ähnlicher Angebote. Nicht auszuschließen ist auch, dass die jeweiligen Lehrer bereits stark eingespannt sind und sich dahingehend nicht noch mehr engagieren können. Gerade von Seiten der Schüler hören wir jedoch immer wieder, dass sie sich gerade solche Angebote wünschen. Wir sind aber bereits dabei, diese Probleme zu lösen und kontaktieren vermehrt Schülervertretungen, um über diese an die Kooperationsbereitschaft der Lehrer zu appellieren. LTO: Wie hat die Universität bzw. die Juristische Fakultät auf Ihren Verein reagiert? Schneider: Wir haben uns bislang noch nicht offiziell bei der Universität oder der Juristischen Fakultät vorgestellt. Eine Reaktion der Universität oder der juristischen Fakultät kann es daher auch nicht geben. Natürlich arbeiten wir gerne mit Hochschulen zusammen. Dabei ist uns aber besonders wichtig, unabhängig zu bleiben. Wir wollen weder einer bestimmten Hochschule verpflichtet sein, noch einen entsprechenden Eindruck erwecken. Vereinzelte persönliche Rückmeldungen, insbesondere von Jura-Professoren, waren jedoch sehr positiv. Wir freuen uns aber natürlich über jede Art der Unterstützung. LTO: Der Informationsbedarf, auf den Sie mit campusnah eingehen, ist nicht auf Freiburg beschränkt. Wollen Sie in Zukunft Ihren Aktionsradius entsprechend auf weitere Regionen erweitern oder sogar Ableger Ihres Vereins in anderen Städten gründen? Schneider: Ein klares Ja. Geplant ist, auch in anderen Städten deutschlandweit aktiv zu werden, was wir auch schon in Angriff genommen haben. In diesem Punkt sind wir natürlich auf viele freiwillige Helfer angewiesen. LTO: Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg bei Ihrem ehrenamtlichen Engagement für campusnah! Das Interview führte Constantin Körner. Mehr im Internet:
www.campusnah.com
www.facebook.com/campusnah

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