Rechtsseminar der Bundesmarine

Zwischen Humanität und Krieg

von Oliver DaumLesedauer: 3 Minuten
Wenn Juristen und Militärs aufeinandertreffen, scheinen die Positionen unvereinbarer kaum sein zu können. Dieser vermeintlichen Unverträglichkeit stellten sich um die 50 Jurastudenten und Offiziere vergangene Woche bei einem Rechtseminar in einer Kaserne in Bremerhaven. Ein Austausch, bei dem es den Zivilisten sogar gelang, das akademische Viertel einzuführen.

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Die Veranstaltung blickt mittlerweile auf eine lange Tradition zurück. Es war das 17. Mal, dass die Bundesmarine gemeinsam mit dem Völkerrechtslehrstuhl von Wolff Heintschel von Heinegg für rund vier Tage in das Taktikzentrum der Marineoperationsschule lud – dem Gehirn der Bundesmarine. Dieses Mal stand das Thema "Legal Dimensions – Rules of Engagement in Armed Conflict" auf dem Programm. Den Teilnehmern wurden intime Einblicke in die taktische Schulung eines Militäroffiziers gewährt, all das in Vorführungsräumen, die mit moderner Präsentationstechnik ausgestattet waren, und verdunkelten Schulungsräumen mit originalgetreuen Radar- und Operationsinstrumenten. Der Zugang zum Gebäude wird also nicht ohne Grund eigens gesichert.

Einsatzregeln für Konflikt in einer internationalen Meerenge

Herzstück des Seminars war ein Planspiel mit einem Szenario, das einer aktuellen Krisensituation in einer internationalen Meerenge nachempfunden war. Die Teilnehmer mussten Einsatzregeln (Rules of Engagement, kurz RoE) aufstellen, speziell auf das Übungsszenario zugeschnitten. Die Studenten, Wissenschaftliche Mitarbeiter und Referendare wurden dabei zu Legal Adviser (kurz LegAd), die den praktisch erprobten Offizieren, die teilweise etwa an der Operation Atalanta teilgenommen hatten, rechtlichen Rat geben mussten. Aber auch umgekehrt fand durchaus ein Austausch statt: "Mir hat insbesondere die praktische Arbeit und das Durchspielen verschiedener Szenarien in den Kleingruppen geholfen, ein Gefühl für die realen Probleme auf See zu bekommen", resümierte die Studentin Caro Göhlich von der Universität Hannover.

Studenten sollen Militärs juristisch beistehen

Immer wieder ergaben sich spannende und teilweise auch hitzige Debatten zwischen Offizieren und LegAd im Spannungsfeld zwischen militärischer Notwendigkeit und humanitär-rechtlichen Überlegungen. Nicht immer konnte ein gemeinsamer Weg gefunden werden. "Das Ziel ist es, das gegenseitige Verständnis zu fördern", sagte Torsten Loder, einer der Ausrichter. Die Offiziere versprechen sich von dem Austausch juristische Denkanstöße und eine Fortbildung, die Rechtsunsicherheiten beseitigen soll. Den Juristen kommt daher die Position des Antwortgebers zu, der bohrenden Fragen standhalten muss. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, müssen die LegAd also idealerweise vertiefte Kenntnisse im Seekriegsrecht haben. Das darf nicht unterschätzt werden. Denn vergangene Woche konnten die Fragen der Offiziere nicht immer zufriedenstellend beantwortet werden.

Aufeinanderprallen grundverschiedener Welten

Die juristische Leitung des Seminars übernahm, stellvertretend für Professor Heintschel von Heinegg, sein Wissenschaftlicher Mitarbeiter Robert Frau. An der Veranstaltung schätzt Frau besonders, dass das Seminar vom Aufeinanderprallen grundverschiedener Welten lebt. "Den Studenten wird deutlich gemacht, wie das humanitäre Völkerrecht in der Praxis angewandt wird. Umgekehrt sehen die Teilnehmer aus dem militärischen Leben, wo das Völkerrecht ihrem Handeln Grenzen setzt und dass vielleicht nicht alle militärischen Wünsche rechtlich erfüllbar sind." Da Offiziere und Juristen aus sechs verschiedenen Ländern stammten, war Seminarsprache Englisch. Bunter ging es dagegen auf den Fluren zu, wo auch Holländisch, Deutsch, Polnisch, Englisch und Italienisch zu hören waren. Ab und an gelang es den Zivilisten sogar das akademische Viertel in der Kaserne durchzusetzen. Im nächsten Jahr könnte es um Cyberwarfare gehen. Die Bewerbung für die Juristen läuft dabei über den Lehrstuhl von Professor Heintschel von Heinegg.

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