Bevorzugen Kanzleien bestimmte Unis?

"Wir freuen uns, wenn Bewerber Stall­ge­ruch haben"

Gastbeitrag von Sabine OlschnerLesedauer: 3 Minuten

Erstmal muss die Note stimmen. Aber worauf achten Kanzleien noch? Auf das Bundesland, die Uni oder auf herausragende Professoren? Wir haben bei vier Kanzleien nachgefragt.

Die Universitäten etwa in Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen haben den Ruf, strenger zu benoten als Unis in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg oder Bremen. Wer an einer anspruchsvollen Uni dann doch mit einer hervorragenden Note aus der Prüfung hervorgeht, kann sicher sein, dass er besonders gute Leistungen erbracht hat. Achten Kanzleien im Bewerbungsverfahren darauf?

Alle Kanzleien, die wir befragt haben, betonen, dass ihnen die Universität, aus der der Bewerber stammt, zunächst einmal egal ist. "Wir schauen als erstes auf die Noten", heißt es zum Beispiel bei Christoph Brenner, Co-Managing Partner bei Orrick, Herrington & Sutcliffe. Das gleiche sagen seine Kollegen von Clifford Chance sowie den Boutiquekanzleien Hanefeld und Winheller.

"Wir bekommen Bewerbungen aus ganz Deutschland und wissen, dass die Unis unterschiedlich streng benoten", so Brenner. "Aber wir sortieren Bewerbungen nicht nach bestimmten Universitäten oder Bundesländern, sondern nehmen immer eine individuelle Bewertung vor."

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Guter Draht zu bestimmten Unis

"Wir haben zu verschiedenen Universitäten einen guten Draht", sagt Stefan Winheller, der mit seiner Kanzlei Nischenthemen wie Gemeinnützigkeitsrecht, Kryptowährungen. Blockchain und Legal Tech besetzt und deshalb mit Unis, die sich mit diesen Themen beschäftigen, gut vernetzt ist. Dazu gehören unter anderem die Bucerius Law School, die Frankfurt School of Finance, die European Business School in Wiesbaden, aber auch die Universitäten in Osnabrück, Jena und Münster.

"Wir freuen uns, wenn ein Bewerber an einer dieser Hochschulen studiert hat, denn das bedeutet für uns einen gewissen 'Stallgeruch'", sagt Stefan Winheller. "Prinzipiell ist aber jeder mit einem spannenden Lebenslauf bei uns willkommen."

Persönliche Vorlieben spielen bei der Auswahl auch eine Rolle. So fallen Universitäten, an denen die rekrutierenden Partner studiert haben, natürlich bei der Durchschau der Bewerbungen eher ins Auge. Oder man kennt Lehrstühle sogar durch eigene Lehrtätigkeiten der Anwälte an eben diesen Universitäten. "Persönliche Beziehungen zu einem Lehrstuhl sind auch ein guter Weg, interessante Studierende direkt kennenzulernen", sagt Oliver Duys, Co-Managing Partner bei Orrick, Herrington & Sutcliffe.

Highlights im Lebenslauf

Genau wie seine Kollegen achtet auch Jan Heiner Nedden, Partner bei der  Dispute Resolution Boutiquekanzlei Hanefeld Rechtsanwälte in Hamburg, neben guten Noten vor allem auf Highlights im Lebenslauf: Sprachkompetenzen, Auslandserfahrung, außeruniversitäres Engagement, Nebenjobs.

Manchmal wird Nedden von angehenden Studenten gefragt, welche Uni sie denn für ihr Jurastudium wählen sollten. Seine Antwort: "Viel wichtiger als die Uni an sich ist das, was der Student aus seinem Studium macht", so der Anwalt. "Wer gezielt i-Tüpfelchen in seinem Lebenslauf setzt, ist interessanter als jemand, der an einer vermeintlich guten Uni studiert hat, aber niemals nach rechts und links geschaut hat."

Auch Uni-Wechsel während des Studiums findet Nedden interessant, weil Studenten dadurch ein anderes Umfeld kennenlernen. "Es lohnt sich, hinter die Kulissen von vermeintlichen Rankings zu schauen, um zu erfahren, was die einzelnen Unis ihren Studenten bieten. Das kann bei weniger bekannten Unis manchmal interessanter sein als bei denen, die ihren Ruf vor sich hertragen."

Bestimmte Professoren fallen auf

Nicola von Tschirnhaus, Head of Recruiting & Employer Branding bei Clifford Chance, schaut bei der Bewerberauswahl gern auch auf die Professoren, bei denen die Kandidaten studiert haben. "Wie gut die Schwerpunkte eines Studiums vermittelt werden, ist oft vom Professor abhängig", so ihre Erfahrung. "Und auch weniger renommierte Universitäten haben teils sehr gute Professoren, die ihren Studenten viel mit auf den Weg geben."

Die Kanzlei kenne mittlerweile viele Professoren, bei deren Erwähnung im Lebenslauf man genauer hinschaue. "Aber im Grunde ist auch das, genau wie der Blick auf die Universität, kein Ausschlagkriterium, ob wir den Bewerber zum Gespräch einladen oder nicht. Es zählt vielmehr die Gesamtschau auf den Lebenslauf des Kandidaten."

Stefan Winheller ist überzeugt: "Jede Universität spuckt gute Leute aus." Gut bedeutet für ihn vor allem: Der Bewerber ist selbstständig, selbstbewusst und hat gelernt, wie man sich Wissen aneignet. "Wir suchen Juristen, die analytisch denken können, team- und entscheidungsfähig sind. Diese Eigenschaften muss der Kandidat sich angeeignet haben – egal wie gut oder schlecht seine Professoren oder seine Universität gewesen ist."

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