Der beste Zeitpunkt im Referendariat

Nächste Sta­tion: Aus­land

von Sabine OlschnerLesedauer: 4 Minuten

Fremdsprachenkenntnisse verbessern, andere Kulturen kennenlernen, den Horizont erweitern: Auslandsaufenthalte bieten viele Vorteile. In welchen Stationen im Referendariat besteht die Gelegenheit, Auslandsluft zu schnuppern?

Viele Referendarinnen und Referendare wollen nochmal etwas ganz Besonderes machen, bevor sie in den Beruf einsteigen: Sie arbeiten für ein paar Monate zum Beispiel in den deutschen Auslandsvertretungen, in internationalen Großkanzleien in New York, Rio oder Tokio oder bei Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in aller Welt. Die Erfahrungen, die sie dort sammeln, sind unersetzlich. Aber wann ist der beste Zeitpunkt im Referendariat, um ins Ausland zu gehen? Das ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich.

In Sachsen zum Beispiel kann man nur die Wahlstation im Ausland verbringen. "Das liegt daran, dass in allen anderen Stationen in der Regel die Präsenzteilnahme am Unterricht in den Arbeitsgruppen verpflichtend ist", erklärt Thomas Wolf, Referent für Aus- und Fortbildung am Oberlandesgericht (OLG) Dresden. Die Wahlstation ist in Sachsen die fünfte und letzte Station. Im Folgemonat findet die mündliche Prüfung statt.

Fällt der Prüfungstermin auf den Monatsanfang, besteht die Gefahr, dass es nach der Rückkehr aus dem Ausland mit der Prüfungsvorbereitung etwas eng wird. Daher können die Referendarinnen und Referendare die Auslandswahlstation um einen Monat nach vorn ziehen: Sie verbringen dann den 21. bis 23. Monat des Referendariats im Ausland. Im 24. Monat absolvieren sie den letzten Teil der Anwaltsstation und haben die Möglichkeit, an dem prüfungsvorbereitenden Unterricht im Wahlfach und Aktenvortrag teilzunehmen.

Anzeige

BaWü: Auch Verwaltungsstation im Ausland möglich

In Baden-Württemberg können Referendarinnen und Referendare mehrere Stationen für einen Auslandsaufenthalt nutzen: die erste Anwaltsstation, die zweite Anwaltsstation und die Wahlstation. Eine Einschränkung gibt es allerdings bei den Anwaltsstationen: "Die Lehrveranstaltungen am Gericht sind grundsätzlich Pflicht, und eine Befreiung von der Teilnahmepflicht ist nur in einer der beiden Anwaltsstationen möglich", erläutert Dr. Klaus Stohrer, Ausbildungsleiter für Rechtsreferendare am OLG Karlsruhe.

"Will man beide Anwaltsstationen im Ausland verbringen, sollte man sich daher für eine Station einen grenznahen Ort zum Beispiel in Frankreich oder in der Schweiz suchen." Die zweite Anwaltsstation liegt ohnehin sehr nah am Termin der schriftlichen Prüfung, für die sich viele eine Zeitlang zum Lernen freinehmen. "Daher eignet sich diese Station nur bedingt dazu, ins Ausland zu gehen", gibt Stohrer zu bedenken. "Der Unterricht in der Wahlstation hingegen findet auch online statt, daher ist diese am besten für eine Tätigkeit im Ausland geeignet." Wer sich für einen Einsatz bei der EU oder dem Europarat entscheidet, kann in Baden-Württemberg übrigens sogar die Verwaltungsstation im Ausland verbringen.

Hamburg: Examensvorbereitung online

In Hamburg ist es theoretisch möglich, bis zu neun Monate am Stück ins Ausland zu gehen: jeweils drei Monate in den zwei Wahlstationen und ein Vierteljahr in der Anwaltsstation. Die Reihenfolge der Stationen kann nach Ende der Zivil- und der Strafstation frei gewählt werden. "Die meisten verbringen aber tatsächlich nur eine der Stationen im Ausland, weil der Aufenthalt in Übersee natürlich auch eine Kostenfrage ist", sagt Dr. Frank Theege, Leiter der Personalstelle des juristischen Vorbereitungsdienstes am OLG Hamburg. Organisatorisch wäre ein langer Auslandsaufenthalt auch möglich: Nur die Pflichtarbeitsgemeinschaften finden als Blockveranstaltung jeweils in den ersten zwei Wochen der Station in Hamburg statt. Die Arbeitsgemeinschaften zur Examensvorbereitung werden online angeboten und können daher auch vom Ausland her besucht werden. "Trotzdem empfehle ich, eine gewisse Zeit der Examensvorbereitung hier zu verbringen, um sich mit der Kursleitung und den anderen Referendarinnen und Referendaren auszutauschen", sagt Frank Theege.

Welches sind die beliebtesten Stationen im Ausland? Das Auswärtige Amt rangiert auf den vordersten Plätzen. "Allerdings ist ein Aufenthalt in einer ausländischen Vertretung nur schwer planbar", weiß Theege. Die Bewerbungsfristen sind lang, und nicht selten wird ein bereits zugesagter Einsatz abgesagt, weil sich die politische Lage im Land verändert hat. Einfacher ist es sicher, bei einer internationalen Kanzlei anzufragen – vor allem, wenn man vorab bereits Kontakt zu der deutschen Niederlassung geknüpft hat. Wer sich gern mit einem bestimmten Thema beschäftigen will, kann sich natürlich auch bei kleinen, spezialisierten Kanzleien im Ausland bewerben. "Da die Referendarinnen und Referendare sich die Ausbildungsstation selbst wählen, kommen sehr unterschiedliche Ausbildungsorte in Betracht. Überall dort, wo sich die Ausbildung zumindest ganz überwiegend mit juristischen Aufgaben befasst, ist man im Referendariat gut aufgehoben", fasst es Thomas Wolf zusammen.

Geeigneter Ausbilder muss vor Ort sein

Bei der Frage, welche Voraussetzungen ein Auslandseinsatz erfüllen muss, um im Referendariat anerkannt zu werden, sind sich die Bundesländer einig: Die juristische Ausbildung muss fachgerecht erfolgen. Das bedeutet: Am Einsatzort muss es einen geeigneten Ausbilder oder eine Ausbilderin geben. "Das sind in der Regel Volljuristen oder Personen mit einem im Gastgeberland vergleichbaren Abschluss", sagt Thomas Wolf. In Anwaltskanzleien, in Rechtsabteilungen von Unternehmen oder in den Botschaften findet sich immer jemand, der oder die den Part der Ausbildung übernehmen kann. Diese Person erhält die Zuweisung des Referendars bzw. der Referendarin. "Gibt es in der Organisation keinen Juristen, fragen wir eventuell nochmal nach, wie man sich die Ausbildung vorstellt", ergänzt Klaus Stohrer. In der Praxis komme dies allerdings so gut wie nie vor.

Welche Aufgaben die Referendarinnen und Referendare vor Ort übernehmen, wird ebenfalls nicht überprüft. "Das ergibt sich am Ende aus dem Zeugnis, das ihnen ausgestellt wird", erläutert Frank Theege. In seltenen Fällen bleibt solch ein Zeugnis aus, dann hakt das OLG Hamburg nochmal nach. "Es ist schließlich auch im Sinne des Referendars oder der Referendarin, dass sie einen Beleg über ihre Tätigkeiten im Ausland erhalten." In Baden-Württemberg müssen Referendarinnen und Referendare in den Anwaltsstationen Berichtshefte über ihre Aufgaben führen.

Auslandsaufenthalte im Referendariat sind in jedem Bundesland möglich. Über die Details zum Zeitpunkt sollte sich jeder frühzeitig erkundigen und sich bei Fragen an den Ausbildungsleiter oder die -leiterin des OLG wenden.

Auf Jobsuche? Besuche jetzt den Stellenmarkt von LTO-Karriere.

Thema:

Referendariat

Verwandte Themen:
  • Referendariat
  • Jurastudium
  • Studium
  • Auslandsaufenthalte

Teilen

Ähnliche Artikel

Newsletter