Die juristische Presseschau vom 5. April 2013: OLG München weiter in Kritik – Pfarrer vor Gericht – Lottospieler im Pech

05.04.2013

Die Platzvergabe des OLG München an Journalisten im NSU-Verfahren stößt auf fortgesetzte Kritik. Zwei türkische Zeitungen erwägen nun den Gang vor das Bundesverfassungsgericht. Außerdem in der Presseschau: Der Prozessauftakt gegen den Jenaer Pfarrer Lothar König, das "Würfelprinzip" bei Arbeitnehmerkontrollen und warum der vermeintliche Gewinner im Mittwochslotto auch vor Gericht schlechte Karten hätte.

Platzvergabe im NSU-Prozess: Nach einem Bericht der taz (Christian Rath) will die türkische Zeitung Sabah vor dem Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag gegen die Regelung der Platzvergabe des Oberlandesgerichts München beim NSU-Prozess einzureichen. Laut SZ (Annette Ramelsberger) erwägt auch die Hürriyet eine Klage. Die taz (Christian Rath) erinnert in einem separaten Beitrag an die Platzvergabe im Hamburger Prozess gegen einen Helfer der 9/11-Attentäter, bei dem fast die Hälfte der Medienplätze für internationale Journalisten reserviert war. In einem weiteren Artikel befasst sich die taz (Christian Rath) mit der Überlegung, durch Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes eine Übertragung des Verfahrens für Journalisten in einen separaten Arbeitsraum zu ermöglichen.

Die größte Sorge des Gerichts sei die Aufhebung des Urteils in der Revision, meint Andreas Platthaus im Feuilleton der FAZ. Die Würde eines Gerichts sei aber nicht an die Frage einer möglichen Revision gebunden, sondern das Recht an die Würde des Gerichts. Der Rechtsprofessor Ulrich Fastenrath urteilt in einem Gastbeitrag für die FAZ, die Platzreservierung für ausländische, insbesondere türkische und griechische Prozessbeobachter sei nicht allein eine Frage des Fingerspitzengefühls, sondern ein Gebot der Rechtsstaatlichkeit.

Holger Schmidt (SWR-Terrorismus-Blog) stellt hingegen nüchtern fest, die Redaktion der Sabah sei nun einmal genauso spät oder früh mit der Akkreditierung gewesen wie andere Medien. An anderen Kontroversen zwischen Journalisten und Gericht, etwa zur Dauer von Toilettenbesuchen, hätte dagegen Franz Kafka seine Freude gehabt, so Schmidt. Heribert Prantl (SZ) äußert sich in der Video-Kolumne "Prantls Politik" zu der Debatte um die Platzvergabe.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Sperrklauseln bei Europawahl: Die FAZ (Katja Gelinksy) befasst sich auf der Staat & Recht-Seite mit der Zulässigkeit von Sperrklauseln im Europawahlrecht. Im Jahr 2011 hatte das Bundesverfassungsgericht eine Fünfprozentklausel im Europawahlgesetz für nichtig erklärt. Nach Expertenmeinung sei auch eine derzeit diskutierte Dreiprozentregel nach dem Karlsruher Urteilsspruch verfassungswidrig.

Schadensbegleichung durch Versicherer: Nach Meldung der SZ macht das Bundesministerium der Justiz Druck auf Versicherer, Schäden zügig zu begleichen. Man habe eine Vielzahl von Eingaben im Ministerium erhalten, so Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. Das Ministerium habe bei den Bundesländern angefragt, ob ein Anstieg von Gerichtsverfahren über Versicherungsschäden festzustellen sei und ob gesetzliche Maßnahmen für nötig gehalten würden.

Rechte von Minderheits-Aktionären: Die FDP hat laut dem Handelsblatt (Jan Keuchel) bei der Novelle des Aktienrechts davon Abstand genommen, die Rechte von Minderheits-Anteilseignern in Unternehmen zu beschneiden. Vor allem die beiden Rechtspolitiker Marco Buschmann (FDP) und Stephan Harbarth (CDU) seien wegen der geplanten Änderung ins Zentrum von Lobbyismus-Vorwürfen geraten, da beide in großen Anwaltskanzleien unter Vertrag stehen, die ihre Mandanten zum überwiegenden Teil im Kreis der Mehrheitsaktionäre finden.

Arbeitnehmerüberwachung und Verhaltensvorschriften: Die SZ (Sibylle Haas) befasst sich mit der Bespitzelung von Angestellten durch ihre Arbeitgeber sowie mit der Zulässigkeit von Verhaltens- und Kleidungsvorschriften für Arbeitnehmer. So sei etwa ein "Flirtverbot" unter Beschäftigten der Supermarktkette Wal-Mart in ihren sogenannten Ethik-Richtlinien vom Arbeitsgericht Wuppertal beanstandet worden.

In einem weiteren Betrag widmet sich die SZ (Sibylle Haas) dem Gesetzentwurf zum Schutz von Arbeitnehmerdaten. Kernstück sei das Verbot heimlicher Videoüberwachung, etwa in Umkleideräumen und Toiletten. Hingegen solle die offene Kontrolle per Kamera aus Sicherheitsgründen, etwa im Kassenbereich von Märkten erleichtert werden. Ob, wann und in welcher Form der Entwurf in ein Gesetz mündet, sei jedoch unklar.

EU-Richtlinie zum Menschenhandel: Nach Informationen der Welt (Simone Meyer/Marc Neller) wird die Bundesregierung es nicht schaffen, die EU-Richtlinie gegen Menschenhandel rechtzeitig umzusetzen. Die schwarz-gelbe Koalition streite darüber, ob strengere Gesetze erforderlich seien. Die Bundesregierung lasse eine wichtige Gesetzesinitiative aus dem Koalitionsvertrag fahrlässig und kläglich scheitern, kommentiert Jörg Eigendorf (Die Welt).

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 5. April 2013: OLG München weiter in Kritik – Pfarrer vor Gericht – Lottospieler im Pech . In: Legal Tribune Online, 05.04.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8465/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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