Die juristische Presseschau vom 5. August 2014: Ecclestone-Verfahren wird wohl eingestellt – Polizeieinsätze im Fußball – Minister-Mails

05.08.2014

Ist es richtig, das Ecclestone-Verfahren einzustellen? Die Meinungen gehen auseinander. Außerdem in der Presseschau: Die Pkw-Maut und die Diskussion um den Wissenschaftlichen Dienst, warum das Land Baden-Württemberg Mails seines Ministerpräsidenten a.D. löschen muss, Polizeieinsätze im Fußball und die Richterin, die zu Bollywood-Songs tanzen sollte.

Tagesthema

LG München I - Ecclestone: Am heutigen Dienstag könnte der Strafprozess gegen den Formel-1-Chef Bernie Ecclestone vor dem Landgericht München I gegen eine Zahlung von 100 Millionen US-Dollar eingestellt werden. Verteidiger und Staatsanwaltschaft sollen sich bereits darauf geeinigt haben; das Gericht hat die für Dienstag geladene Zeugen offenbar bereits ausgeladen. Ecclestone ist wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue angeklagt; er soll einen Bankmanager der BayernLB mit 44 Millionen Euro geschmiert haben, um sich seinen Posten als Formel-1-Chef zu sichern. Die taz (Tobias Schulze) berichtet über die Schwierigkeit, Ecclestone das Wissen um die Amtsträgerschaft des Landesbankmanagers nachzuweisen – was Voraussetzung für die Strafbarkeit der Bestechung ist. Die taz (Christian Rath) erklärt den Unterschied zwischen einer "Einstellung des Verfahrens" und der "Verständigung im Strafprozess" – und stellt klar, dass die Einstellung des Verfahrens gängige Praxis an deutschen Gerichten ist, gerade wenn die Beweisaufnahme sich wie hier als schwierig herausstelle. Sie werde "auch bei vielen armen Schluckern" angewandt und sei "kein Sonderrecht für Reiche".

Christian Rath (taz) meint, die Justiz verzichte ständig auf Prozesse – kein Grund, warum das nicht auch bei Ecclestone gelten solle. Auch ein noch monatelanger Prozess könne nicht die Wahrheit erzwingen: Im Fall Ecclestone stehe längst fest, wer an wen wie viel Geld bezahlt hat – nicht aber, wer wann was gesagt, gedacht und verstanden hat. Anderer Meinung ist Joachim Jahn (FAZ), für den sich die angebliche Zahlung von Schmiergeld nicht durch die Entrichtung eines noch größeren Betrages an die Staatskasse aus der Welt schaffen lässt. Dies erinnere an den "Vorwurf der Klassenjustiz, deren Härte nur jene treffe, die sich nicht die teuersten Verteidiger und die höchsten Ablasszahlungen leisten können." Daher solle das Gericht die Verhandlung fortsetzen und "in den sauren Apfel beißen", ließen sich die Anschuldigungen nicht beweisen. Dies sei "nun mal der Preis des Rechtsstaats".

Die SZ (Klaus Ott) beschreibt, welche zivilrechtliche Forderungen die BayernLB gegen Ecclestone hat und geht davon aus, dass sich die Bank eher "pragmatisch" mit Ecclestone einigen werde, als sich "jahrelang teuer bei Gericht zu streiten". 

Rechtspolitik

Pkw-Maut: Mit scharfen Worten reagiert die CSU auf das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zur Pkw-Maut, das seit dem Wochenende im Umlauf ist: Der Verfasser des Gutachtens solle nicht länger beschäftigt werden, so CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer im Bayerischen Rundfunk laut SZ (Daniela Kuhr). Das Gutachten stuft die von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) anvisierte Pkw-Maut als unvereinbar mit dem Europarecht ein. Tatsächlich, so die SZ, soll dem Verfasser ein Fehler unterlaufen sein, indem er von einem Einheitspreis der Vignette für Ausländer ausgegangen sei. Dieser Fehler ändere jedoch nichts am Ergebnis, dass eine "mittelbare Diskriminierung" vorliege – dadurch nämlich, dass "jeder deutsche Autofahrer bei der Kraftfahrzeugsteuer künftig um exakt den Betrag entlastet werden soll, den er für die Vignette bezahlen muss".

Der Juraprofessor Volker Boehme-Neßler beschreibt auf lto.de die Kontrollprobleme, die die geplante Vignetten-Lösung mit sich bringt. Als Lösung für die europarechtlichen Probleme schlägt er eine eigenständige Kfz-Steuer-Reform vor, die nicht lediglich der Entlastung deutscher Autofahrer diene.

Fußfesseln für Sicherungsverwahrte: Wie die SZ meldet, spricht sich die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennart (Grüne) auf eine Anfrage der CDU-Fraktion gegen die Nutzung elektronischer Fußfesseln für Freigänge Sicherungsverwahrter aus. Einem Sicherungsverwahrten dürfe schon gar keine Lockerung gewährt werden, wenn ein Missbrauch der Haftlockerung oder eine Flucht zu befürchten sei.

Polizeieinsätze im Fußball: Zur Frage, ob die Kosten für Polizeieinsätze bei Fußballspielen die Steuerzahler tragen sollen oder die Vereine selbst, äußert sich Heribert Prantl (SZ). Es sei nicht verboten, darüber nachzudenken, Vereine – zumal Wirtschaftsunternehmen – an polizeilichen Sonderkosten zu beteiligen. Ebenso sei es "nicht ungehörig", dass der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) Polizeieinsätze für solche Spiele zu reduzieren erwägt, die keine "Risikospiele" seien. Warum das Ansinnen juristisch heikel ist, erklärt zeit.de (Oliver Fritsch). Mit dem Thema befassen sich außerdem die FAZ (Reiner Burger) und spiegel.de.

Härtere Strafen bei Kinderpornografie: Wie welt.de meldet, haben sich die Justizminister der Länder Bayern und Hessen (beide CDU) für härtere Strafen beim Besitz von kinderpornografischem Material ausgesprochen. Der Strafrahmen aus dem Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums sei unangemessen niedrig. Ermittlungsbehörden müssten außerdem mehr Möglichkeiten haben "als bei der Aufklärung eines einfachen Diebstahls".

Sterbehilfe: Die unterschiedlichen Ansichten innerhalb der Koalitionsfraktion zum Thema Sterbehilfe tragen die SZ (epd) und die Welt (Matthias Kamann) zusammen. So stehe von SPD-Seite die Forderung einer Zulassung ärztlicher Sterbehilfe im Raum, vonseiten der Union ein umfassendes Verbot.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 5. August 2014: Ecclestone-Verfahren wird wohl eingestellt – Polizeieinsätze im Fußball – Minister-Mails . In: Legal Tribune Online, 05.08.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12790/ (abgerufen am: 16.04.2024 )

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