Die juristische Presseschau vom 31. Dezember 2015: Lam­mert lobt Ver­fas­sungs­ge­richte / CSU will Flücht­linge zurück­weisen / Gericht stoppt Etihad

31.12.2015

Norbert Lammert erklärt den Polen, was ein Verfassungsgericht wert ist. Außerdem in der Presseschau: Die CSU will Asylsuchende ohne Papiere aussperren, VG Braunschweig gegen Codesharing von Etihad und Air Berlin.

Thema des Tages

Lammert zu Verfassungsgerichten: Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) unterstützt in einem Beitrag für die Zeit den Widerstand polnischer Kritiker gegen die Demontage des dortigen Verfassungsgerichts. Er beschreibt die Einschnitte und sieht Ähnlichkeiten zur Entwicklung in Ungarn 2013. Lammert mahnt: "Solche Vorgänge führen die Verletzbarkeit der Rechtsstaatlichkeit vor Augen, die in Europa offensichtlich bei Weitem nicht so selbstverständlich ist, wie wir gerne annehmen." Die verlässliche Stütze der Freiheit sei gerade deshalb nicht das Mehrheitsprinzip, sondern der Rechtsstaat, der individuelle Grundrechte sichert. Abschließend beschreibt Lammert, wie das deutsche Bundesverfassungsgericht (das er früher auch schon deutlich kritisiert hatte) entscheidend zur Machtbalance der Verfassungsorgane beigetragen hat, "die eine der Erklärungen für die erstaunliche Erfolgsgeschichte der zweiten deutschen Demokratie ist".

Rechtspolitik

Zurückweisung von Flüchtlingen: Die CSU wird auf ihrer Klausurtagung nächste Woche voraussichtlich ein Einreisverbot für Flüchtlinge ohne gültige Ausweisdokumente fordern.  Jeder Flüchtling, der sich nicht ausweisen kann, solle demnach bereits an der Grenze zurückgewiesen werden. "Die Beschaffung von Ersatzpapieren kann schließlich auch in einem unserer sicheren Nachbarstaaten erfolgen", heißt es in einem Positionspapier der CSU-Landesgruppe, über das die SZ (Andreas Glas) und die FAZ (Günter Bannas) berichten. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Forderung der CSU bereits zurückgewiesen.

Jan Bielicki (SZ) kritisiert den Vorschlag: "Flucht heißt Chaos: Menschen verlieren Haus und Hof und Dokumente". Das Recht auf Prüfung des Asylanspruchs gelte "nicht nur für den, der ein ordentlich bestempeltes Stück Papier dabei hat." Dagegen argumentiert Daniel Deckers (FAZ): wer bei der Grenzkontrolle nicht kooperiert, "sollte seinen Schutzanspruch auch faktisch verwirkt haben".

Bayerisches Integrationsgesetz: Der Integrationsbeauftragte der bayerischen Landesregierung Martin Neumeyer (CSU) stellt im Interview mit der taz (Margarete Moulin) Pläne für ein Landesintegrationsgesetz vor. Danach werde Bayern viel Geld investieren; im Gegenzug werde überlegt, Migranten "einen Vertrag unterschreiben zu lassen, in dem sie sich verpflichten, die deutsche Rechts- und Werteordnung anzuerkennen". Wenn jemand den Spracherwerb verweigert, solle es zu Kürzungen von Sach- und Geldleistungen kommen. Bei Bestehen des Integrationskurses soll es Belohnungen geben, z.B. Freikarten fürs Schwimmbad.

Erbschaftsteuer: Die vom Bundesverfassungsgericht erzwungene Reform der Erbschaftssteuer muss bis zum 30. 6. 2016 abgeschlossen sein. Die FAZ (Joachim Jahn/Manfred Schäfers) spielt ausführlich durch, welche Optionen bestehen, wenn Bundestag und Bundesrat bis dahin nichts beschlossen haben. Dann könnte entweder die Erbschaftsteuer ganz wegfallen oder nur die Vergünstigungen für Unternehmenserben entfallen oder das Verfassungsgericht könnte mit einer einstweiligen Anordnung regeln, was übergangsweise gelten soll.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 31. Dezember 2015: Lammert lobt Verfassungsgerichte / CSU will Flüchtlinge zurückweisen / Gericht stoppt Etihad . In: Legal Tribune Online, 31.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18014/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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