Die juristische Presseschau vom 30. August 2012: Google soll bezahlen – Gäfgen will Entschädigung – Provision bei Lehman-Zertifikaten

30.08.2012

Das neue Leistungsschutzrecht wird von vielen als "Lex Google" kritisiert. Außerdem in der Presseschau: Debattenbeiträge zu Betreuungsgeld und Verfassungsschutzreform, ESM-Rettungsschirm, Elterngeld für Flüchtlinge, Markenschutz bei Presseagenturen, Entführer Gäfgen will eine Entschädigung, und warum Sex mit einem Schaf kein Kavaliersdelikt mehr sein wird.

 

Google soll bezahlen: Mit der vom Bundeskabinett beschlossenen Änderung des Urheberrechtsgesetzes erhalten Buch- und Presseverlage einen Anspruch gegen die Betreiber von Suchmaschinen, die bereits bestehende Inhalte gewerblich verlinken, berichtet die SZ (Heribert Prantl). Die Betreiber von Blogs, die auf bereits veröffentlichte Inhalte verwiesen, seien von der Zahlungspflicht ausgenommen.

zeit.de (Kai Biermann) zitiert Kritiker, beispielsweise den Verein Digitale Gesellschaft, der das Gesetz für sinnlos hält. spiegel.de (Ole Reißmann) beschäftigt sich mit der Reaktion von Google und zitiert Unternehmenssprecher Kay Oberbeck: "Das ist ein schwarzer Tag für das Internet in Deutschland."

Heribert Prantl (SZ) meint, der Entwurf sei eine Maßnahme gegen den "Primitivkapitalismus". Das Leistungsschutzrecht als "kleines Urheberrecht" müsse allerdings noch nachjustiert werden, um mit dem "großen", dem eigentlichen Urheberrecht, nicht in Konflikt zu geraten. Reinhard Müller (FAZ) schreibt im Leitartikel, wenn es zumindest partiell gelinge, die Macht des Monopolisten Google zu brechen, sei dies "ein guter Tag für die Freiheit". Udo Vetter (lawblog.de) spricht von einem Gesetz zum Schutz "alter, überholter Geschäftsmodelle", das Presseverlegern eine durch nichts zu rechtfertigende Einnahmequelle verschaffe.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Kommentare zur Verfassungsschutzreform: Wolf Schmidt (taz) schreibt, wer Selbstverständlichkeiten wie eine Stärkung der parlamentarischen Kontrolle als Reform ausgebe, gestehe ein, dass die Arbeit der Dienste bisher überhaupt nicht funktioniert habe.

Peter Carstens (FAZ) spricht angesichts der Blockade von Bund und Ländern von der "Reformunfähigkeit eines diskreditierten Behördenkonstrukts".

In seinem Leitartikel plädiert Christian Bommarius (FR) für eine Abschaffung: "Spätestens seitdem klar ist, dass der Verfassungsschutz als "Frühwarnsystem" der Demokratie komplett ausgefallen war, müsste diese Frage die Debatte beherrschen: Warum gibt es (noch immer) den Verfassungsschutz?"

Betreuungsgeld: In einem Interview mit lto.de (Claudia Kornmeier / Pia Lorenz) erläutert Professor Joachim Wieland die verfassungsrechtliche Gemengelage beim Betreuungsgeld. Unter anderem sei die Subventionierung einer bestimmten Erziehungsform unzulässig.

Vier ehemalige Bundesministerinnen - Christine Bergmann, Ursula Lehr, Renate Schmidt und Rita Süssmuth (Die Zeit) – aus CDU und SPD sprechen sich gemeinsam gegen das Betreuungsgeld aus. Wichtiger sei der bedarfsgerechte Ausbau von Betreuungsangeboten.

Anwalts- und Gerichtsgebühren: Wie die FAZ (Joachim Jahn) meldet, hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf verabschiedet, der höhere Gebührensätze für Anwälte, Notare und Gerichte vorsieht. Mit einer Zustimmung des Bundesrates sei jedoch nur zu rechnen, wenn im Gegenzug die Justizhaushalte der Länder entlastet würden.

Familienunternehmen gegen ESM: Laut Handelsblatt (Thomas Sigmund) hat der Hauptverband "Die Familienunternehmer – ASU" das Bundesverfassungsgericht aufgefordert, den ESM bei seiner Entscheidung über verschiedene Eilanträge am 12. September abzulehnen. Da der ESM die Haushaltssouveränität aushöhle, sei er verfassungswidrig.

Sterbehilfegesetz: Im Zusammenhang mit dem Kabinettsentwurf über eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe zitiert die FR (Mira Gajevic) den Rechtsanwalt des Vereins Dignitas, Dieter Graefe. Es sei absurd zu behaupten, so Graefe, mit der Sterbehilfe würden erhebliche Einkünfte erzielt. Dignitas erziele keine Gewinne, von kommerzieller Sterbehilfe könne daher keine Rede sein. Er kündigte eine Verfassungsbeschwerde an.

 

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 30. August 2012: Google soll bezahlen – Gäfgen will Entschädigung – Provision bei Lehman-Zertifikaten . In: Legal Tribune Online, 30.08.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6957/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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