Die juristische Presseschau vom 30. Juli 2013: Brüderles teurer Brief? - NATO im digitalen Krieg – Kleine Nadelstiche des BVerfG

30.07.2013

Brüderles Brief zur NRW-Landtagswahl war keine so gute Idee: Er war wohl verfassungswidrig und könnte noch teuer werden. Außerdem in der Presseschau: Neues im Kosten- und Außenwirtschaftsrecht, BVerfG und die Regelung der psychiatrischen Unterbringung, Vetter zu sauberem Internet und der Unterschied zwischen zwei und 500 Millionen Datensätzen?

Brüderles teurer Brief: Im Frühjahr 2012 hatte Rainer Brüderle als FDP-Bundestagsfraktionschef eine NRW-weite Briefkampagne zur FDP-Arbeit vor der anstehenden Landtagswahl durchgeführt. In einer nun veröffentlichten Entscheidung des Landesverfassungsgerichtes sehen die Richter, so berichtet die taz (Pascal Beucker), den Brief als mögliche Überschreitung der "verfassungsrechtlich vorgegebenen Grenze zwischen der zulässigen Öffentlichkeitsarbeit einer Fraktion und der unzulässigen Parteienwerbung" an. Im Rahmen einer (erfolglosen) Wahlanfechtungsklage der NPD hätte sich das Gericht auch mit dem Brief befasst. Zu einer beträchtlichen Verfälschung des Wählerwillens habe dieser indes nicht geführt. Weiter weist die taz auf eine "in der Angelegenheit" noch anhängige Klage vor dem Bundesverfassungsgericht hin. Auch drohten von Seiten der Bundestagsverwaltung Strafzahlungen für die FDP, wenn diese zum dem Schluss komme, dass Steuergelder zweckentfremdet wurden.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Neuerungen im Außenwirtschaftsgesetz: In einem kurzen Gastbeitrag für das Handelsblatt erläutert die Rechtsanwältin Julia Pfeil wichtige Neuerungen im Außenwirtschaftsgesetz. So sei die Möglichkeit einer freiwilligen Selbstanzeige für Exporteure eingeführt worden, mit der Folge des Entfallens von Bußgeldern. Die gelte aber nur für Verstöße gegen Formalia. Weiter würden als Straftat nur noch vorsätzliche Gesetzesverstöße verfolgt, Fahrlässigkeiten würden über das Ordnungswidrigkeitenrecht abgehandelt. Eine weitere Neuregelung, die bereits für Kritik gesorgt habe: Für die Umsetzung vom neuen Embargoregelungen hätten Unternehmen nur noch zwei Tage Zeit.

Bestattungen nach muslimischen Riten: Wie die taz knapp meldet, ist mit einer Änderung im Bestattungsgesetz Nordrhein-Westfalen ab dem kommenden Jahr eine Bestattung nach muslimischen Riten einfacher, so etwa eine Beerdigung in Tüchern.

Höhere Notargebühren: Im Recht & Steuer-Teil des Handelsblatts (Heike Anger) findet sich ein Beitrag zum neue Gerichts- und Notarkostengesetz, das am 1. August in Kraft tritt. Mit erhöhten Gebühren für Testamente, Hauskäufe und Beglaubigungen stiegen Notarkosten um etwa 15 Prozent. Auch würden Mindestgebühren für Beurkundungen eingeführt werden. Der Präsident des Deutschen Notarvereins Oliver Vossius meint, so werde auch das Arbeiten auf dem Land für qualifizierte Juristen attraktiver.

NATO zu digitaler Kriegsführung: In einem Gastbeitrag im SZ-Feuilleton stellt der emeritierte Völkerrechtsprofessor Michael Bothe einen von der NATO in Auftrag gegebenen "Leitfaden für die digitale Kriegsführung" vor. Die Frage, ob eine "elektronische Schadensstiftung" Gewalt im Sinne des völkerrechtlichen Gewaltverbotes sein kann und damit ein Selbstverteidigungsrecht des betroffenen Staates auslöse, richte sich laut Leitfaden nach dem Kriterium der "Gleichwertigkeit der Wirkung" im Vergleich zu physischen Gewalthandlungen. Dabei gingen die NATO-Experten von der Rechtsansicht aus, auch nichtstaatliche Akteure könnten einen "bewaffneten Angriff" ausführen und das Recht zur Verteidigung dürfe dann auch auf dem Staatsgebiet ausgeübt werden, auf dem sich die Akteure aufhielten. Zentrales Problem der rechtlichen Regelung des "Cyber-Warfare" sei auf dieser Ebene die Frage der Zurechenbarkeit: Eine Rückverfolgung sei oft unmöglich. Bei der Fragen nach den Grenzen bei der Ausübung militärischer Gewalt würde völkerrechtlich zwischen militärischen und zivilen Zielen unterschieden. Auch hier sei das zentrale Kriterium die Gleichwertigkeit der Wirkung mit herkömmlichen Angriffen. Computer-Systeme, "die allein militärischen Zwecken dienen, sind militärische Ziele". Gezielt angegriffen werden dürften nur Kombattanten und Zivilisten, während sie an Kampfhandlungen teilnehmen. Der Leitfaden ziehe den Kreis anzugreifender Personen im digitalen Krieg recht weit: "Hacktivisten" lebten danach jedenfalls "ziemlich gefährlich", so Bothe. Der Leitfaden sei zwar keine offizielle NATO-Doktrin, aber: Solche Dokumente hätten "ihre eigene Wirksamkeit".

Kooperationsverbot: Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) würde gern das grundgesetzliche Kooperationsverbot von Bund und Ländern für eine bessere Förderung der Hochschulen abschaffen, berichtet spiegel.de (Lena Greiner/Christoph Titz). Der bereits vorliegende Gesetzentwurf zur Grundgesetzänderung scheitere aber bislang am Widerstand im Bundesrat. Laut spiegel.de gehe insbesondere SPD und Grünen der Vorschlag nicht weit genug, sie wollten auch eine Kooperationsmöglichkeit im Schul- und Kitabereich.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 30. Juli 2013: Brüderles teurer Brief? - NATO im digitalen Krieg – Kleine Nadelstiche des BVerfG . In: Legal Tribune Online, 30.07.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9238/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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