Die juristische Presseschau vom 29. November 2017: Reso­zia­li­sie­rung übers Telefon / BGH zu Bade­auf­sicht / Freie Fahrt für Elb­ver­tie­fung

29.11.2017

Justiz

EuGH zu Verkehrsunfall: Ob ein Verkehrsunfall mit der Folge der Regulierungspflicht einer Haftpflichtversicherung vorliege, hängt nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs von der Benutzung des Fahrzeugs ab. Dieses müsse als Transportmittel und nicht, wie im entschiedenen Fall aus Spanien, als bloßes Arbeitsgerät genutzt werden, erläutert die FAZ (Hendrik Wieduwilt). Der Bundesgerichtshof habe den Betrieb eines Kraftfahrzeugs erst vor kurzem viel weiter gefasst.

BGH zu Badeaufsicht: Der Bundesgerichtshof hat die Schadensersatzklage einer nach einem Badeunfall schwerbehinderten jungen Frau zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht Koblenz zurückverwiesen. Das Grundsatzurteil kläre Pflichten des Badebetriebs, berichtet die SZ (Wolfgang Janisch). Auch wenn die lückenlose Beobachtung jedes Schwimmers unmöglich sei, müsse die fortlaufende und regelmäßige Überwachung gewährleistet sein. Zudem könnten sich Geschädigte bei grob fahrlässigen Pflichtverstößen von Bademeistern auf eine Beweislastumkehr berufen. Der Schadensersatzpflichtige müsse dann die Beweislast für die fehlende Ursächlichkeit der Pflichtverletzungen der Bademeister für Gesundheitsschäden des Badegastes tragen. Auch die FAZ (Marcus Jung) berichtet.*

BVerwG zu Elbvertiefung: Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klagen zweier Städte sowie von Berufsfischern gegen die geplante Elbvertiefung abgewiesen. Das öffentliche Interesse an der Bundeswasserstraße habe Vorrang gegenüber den von Cuxhaven und Otterndorf vorgebrachten Einwänden, schreibt die FAZ (Christian Müßgens) über die Entscheidung. Die Fischer müssten mögliche Nachteile hinnehmen, weil der Elbe vorrangig eine Verkehrsfunktion zukomme, zudem seien Entschädigungen möglich. Am 13. Dezember werde zu Klagen von Privatpersonen und Wasser- und Bodenverbänden verhandelt, spätestens gegen Ende des kommenden Jahres könnten die Arbeiten beginnen. Die taz (Christian Rath) berichtet ebenfalls.

OVG Münster zu Hambacher Tagebau: Das Oberverwaltungsgericht Münster hat die vom Energiekonzern RWE bereits begonnenen Rodungsarbeiten im Hambacher Forst vorläufig gestoppt. Die Anordnung gelte bis zu einer Entscheidung über eine Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln aus der vergangenen Woche, meldet sz.de.

LG Stuttgart zu Schlecker: Im Nachgang des Urteils gegen Anton Schlecker und seine Kinder geht die SZ (Annette Ramelsberger u.a.) vertieft auf mediale Selbstinszenierungen von Angeklagten in Wirtschaftsprozessen ein. Das Victory-Zeichen Josef Ackermanns vor dem Landgericht Düsseldorf steht dabei im Gegensatz zu Georg Funke, der das Strafjustizzentrum München stets zu Fuß aufgesucht habe. Nach Meldung der FAZ (Marcus Jung) haben die zu Gefängnisstrafen verurteilten Lars und Meike Schlecker Revision gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart eingelegt.

LG Hamburg – Cannabis-Samen: Vor dem Landgericht Hamburg muss sich eine Frau wegen gewerbsmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln verantworten. Die Angeklagte hatte Cannabis-Samen verkauft, schreibt die taz-Nord (Marco Carini). Ihre Verteidigung habe nun beantragt, sowohl dem Bundesverfassungsgericht als auch dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorzulegen, ob das angewendete Recht gegen europäische Bestimmungen verstoße. In fast allen EU-Ländern sei der Handel mit den Samen, wenn auch mit Einschränkungen, erlaubt.

LG Detmold zu Volksverhetzung: Das Landgericht Detmold hat die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck wegen Volksverhetzung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Die Strafe gegen die hochbetagte Frau schließt sich an zahlreiche ähnliche Prozesse in den vergangenen Jahren an, schreibt zeit.de.

VG Berlin zu Weihnachtsmarkt: Der gegenüber dem Betreiber eines Weihnachtsmarktes angeordnete "Grundschutz gegen unbefugtes Befahren" des Geländes sei als Maßnahme der Terrorabwehr im Kern eine staatliche Aufgabe. Die Kosten hierfür könnten nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin also nicht dem Betreiber auferlegt werden, schreibt die FAZ (Hendrik Wieduwilt) im Wirtschaftsteil.

VG Hamburg zu G20: Nach einem gegenüber dem Verwaltungsgericht Hamburg erklärten Anerkenntnis der beklagten Polizei war die Festsetzung eines Reisebusses der Jugendorganisation "Die Falken" im Vorfeld der G20-Proteste rechtswidrig. Die obsiegende Klägerin werde aber dennoch mit den Verfahrenskosten belastet, so die taz-Nord. Nach einer Entschuldigung des Hamburger Innensenators für den Vorfall habe keine Veranlassung für die Klage bestanden.

AG Berlin-Tiergarten zu Kindesentziehung: Weil sie ihre Tochter gegen den Willen des allein sorgeberechtigten Vaters nach Thailand verbrachte, hat das Berliner Amtsgericht Tiergarten eine Frau zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt. Fall und Verhandlung werden von spiegel.de (Alexander Sarovic) vorgestellt.

*Text geändert durch die Redaktion am 29.11.2017, 9.30 Uhr.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 29. November 2017: Resozialisierung übers Telefon / BGH zu Badeaufsicht / Freie Fahrt für Elbvertiefung . In: Legal Tribune Online, 29.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25735/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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