Die SZ berichtet über das "Klagegewitter", mit dem BGH-Richter Thomas Fischer weiterhin BGH-Präsident Tolksdorf überzieht. Außerdem in der Presseschau: die Gesetzentwürfe zum Sorgerecht und zur Bestandsdatenabfrage, das BAG-Urteil zum telefonierenden Chefarzt und warum die Huldigung von Krieg den Menschenrechten dient.
Thomas Fischer und der BGH: Die Montags-SZ (Wolfgang Janisch) gibt einen Überblick über die aktuellen Klagen von BGH-Richter Thomas Fischer. Am Verwaltungsgericht Karlsruhe hat er zweimal gegen schlechte dienstliche Bewertungen des BGH-Präsidenten Klaus Tolksdorf geklagt. Fischer bewirbt sich schon länger um die Vorsitzendenstelle am 2. und nun auch am 4. BGH-Strafsenat. Außerdem hat er Tolksdorf am Richterdienstgericht verklagt, weil jener sich interne Unterlagen des 2. Strafsenats angesehen habe. Jüngst sei das Bundesjustizministerium mit dem Versuch einer gütlichen Einigung gescheitert, so die SZ.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Glücksspiel-Staatsvertrag: Die Anwälte Wulf Hambach und Maximilian Riege beleuchten auf lto.de die Diskussionen um den seit Juli geltenden neuen Staatsvertrag. Sie vertreten dabei die Interessen privater Sportwetten- und Online-Poker-Anbieter.
Bundeswehr im Ausland: Der Bundestag hat beschlossen, dass für Auslandstaten von Bundeswehr-Soldaten grundsätzlich die Staatsanwaltschaft in Kempten zuständig sein soll. Joachim Käppner (Samstags-SZ) begrüßt zwar die Spezialisierung, hat aber Vorbehalte gegenüber der bayerischen Justiz, die gegenüber prügelnden Polizisten oft zu nachsichtig sei.
Bundeswehr im Inland: Das Plenum des Bundesverfassungsgerichts erklärte vor einigen Wochen den Einsatz von militärischer Gewalt bei drohenden Unglücksfällen für grundgesetzkonform. Die Bundesregierung will die neue Rechtsprechung nun aber nicht für entsprechende Gesetze nutzen, berichtet die Montags-taz (Christian Rath).
Bestandsdaten-Abfrage: Ein Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums sieht eine Neuregelung der Abfrage von Vertragsdaten bei Telefon- und Internet-Firmen vor. Die bisherige Regelung war vom Bundesverfassungsgericht vor einigen Monaten als nicht ausreichend eingestuft worden. Internet-Law (Thomas Stadler) stellt den Gesetzentwurf vor. Entgegen manchen Falschmeldungen sei keine automatisierte Schnittstelle vorgesehen.
Sorgerecht nicht-ehelicher Väter: Die Samstags-taz (Heide Oestreich) referiert die Diskussion um einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Kindschaftsrecht. Nicht-eheliche Väter, die ein gemeinsames Sorgerecht für ihre Kinder beantragen, sollen es bekommen, wenn das Kindeswohl nicht dagegen spricht (negative Kindeswohlprüfung). Kritiker fordern, dass nicht-eheliche Väter das Sorgerecht nur erhalten sollen, wenn es dem Kindeswohl diene (positive Kindeswohlprüfung).
Regulierung von Maklern: Charlotte Frank (Samstags-SZ) begrüßt den Gesetzentwurf einiger SPD-Länder, nach dem künftig der Vermieter die Maklerkosten zu tragen hätte."Es gibt wohl keinen anderen Markt in Deutschland, auf dem die Macht zwischen den Vertragspartnern so ungleich verteilt ist wie beim Maklergeschäft mit Mietwohnungen." Das Machtgefälle müsse korrigiert werden.
EU-Datenschutz: Der Anwalt und Wissenschaftler Niko Härting stellt im Interview mit lto.de (Claudia Kornmeier) einen Alternativvorschlag zur Regelung des Datenschutzes auf EU-Ebene vor. Die Nutzung privater Daten sollte künftig in der Regel nicht mehr vom Betroffenen ausdrücklich erlaubt werden müssen. Stattdessen sollte der Datennutzer zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Betroffenen verpflichtet sein.
Weitere Themen – Justiz
BAG zu telefonierendem Chirurg: Ein Chefarzt, der während seiner Operationen mit dem Handy telefonierte, durfte nicht gekündigt werden, entschied das Bundesarbeitsgericht. Er hätte zunächst abgemahnt werden müssen, so die Darstellung von spiegel.de (Jochen Leffers).
OVG Münster zu Mauthöhe: Das Oberverwaltungsgericht Münster beanstandet die zu undifferenzierte Festsetzung der Mauthöhen für LKW in der Maut-Verordnung. Dabei werde zu wenig auf die möglichen Straßenschäden abgestellt, die unterschiedliche LKW-Typen verursachen können. Eine alte Fassung der Verordnung wurde für nichtig erklärt, die Nachfolge-Regelung leide aber am gleichen Fehler. Den Rechtstreit, den ein Kieler Spediteur führte, beschreibt die Samstags-SZ (Michael Bauchmüller).
LG Mannheim zu Kachelmann: Der vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochene Ex-Wettermoderator Jörg Kachelmann darf in einem Buch doch seine Ex-Freundin, die ihn angezeigt hatte, mit vollem Namen nennen. Das entschied nun das Landgericht Mannheim und änderte die anders lautende einstweilige Verfügung, so spiegel.de. Der Artikel verweist auch auf eine Schadensersatzklage Kachelmanns gegen Claudia D., über die am 31. Oktober das Landgericht Frankfurt/M. verhandelt.
BVerfG und ZDF: Anlässlich der aktuellen Diskussion um die Einflussnahme von CSU-Kreisen auf öffentlich-rechtliche Rundfunksender erinnert die Montags-taz (Christian Rath) an ein Verfahren, das beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist. Das Land Rheinland-Pfalz hat eine Normenkontrolle gegen den ZDF-Staatsvertrag erhoben, weil in ZDF-Gremien der Einfluss von Staats- und Parteivertretern zu groß sei.
Beate Zschäpe: Die Montags-SZ (Hans Leyendecker/Tanjev Schulz) schildert das Leben des mutmaßlichen NSU-Mitglieds Beate Zschäpe in der Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf, den mutmaßlichen Inhalt der Anklageschrift, die in dieser oder der nächsten Woche zugestellt werden solle, sowie zahlreiche Details aus den Ermittlungsakten. Möglicherweise war Zschäpe "Herz und Kopf" der Nazi-Terrorgruppe.
LG Hamburg - Stasi-Spionage: Die FAS (Markus Wehner) berichtet ausführlich über eine Klage gegen den Forscher Helmut Müller-Enbergs, über die am Freitag vor dem Landgericht Hamburg verhandelt wird. Kläger ist ein Ehepaar, über das Müller-Enbergs schrieb, dass es wohl im Auftrag der Stasi wissentlich die SPD ausgehorcht habe – was das Ehepaar aber bestreitet.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Italien – Berlusconi verurteilt: Der ehemalige Regierungschef Silvio Berlusconi wurde von einem Gericht in Mailand wegen Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe verurteilt, die aber noch nicht rechtskräftig ist. Über die Hintergründe des Verfahrens berichtet u.a. die Montags-FR (Julius Müller-Meiningen).
Brasilien – Abgeordnetenbestechung: Der oberste Gerichtshof Brasiliens hat im so genannten Jahrhundertprozess einen wichtigen Angeklagten zu 40 Jahren Haft verurteilt. Er hatte im Auftrag der linken Regierungspartei PT monatlich Bargeld an Abgeordnete verteilt, damit diese im Sinne der Regierung abstimmen. Schon 25 Angeklagte seien verurteilt worden, erläutert die FAS (Josef Oehrlein) in einem ausführlichen Artikel.
Sonstiges
Gerhart Baum: Anlässlich des 80.Geburtstags von Ex-Innenminister Gerhart Baum (FDP) gratuliert Heribert Prantl (Samstags-SZ): "Baum kann streiten, bis seine Gegner vom Stuhl fallen." Prantl stellt dabei auch das neue Buch von Baum vor: "Meine Wut ist jung".
Spiegel-Affäre: Heribert Prantl (Samstags-SZ) bezeichnet in einem Leitartikel die Spiegelaffäre und die damaligen Proteste der Bürger als Beginn der "aufgeklärten Demokratie" in Deutschland.
Abhören mit Besatzungsrecht: Die Montags-FAZ (Rainer Blasius) stellt ein Buch des Historikers Josef Foschepoth vor. Er schildert, wie im kalten Krieg der 50er- und 60er-Jahren Geheimdienste unter Berufung auf Besatzungsrecht, aber ohne deutsche gesetzliche Grundlage, millionenfach Telefonate abhörten und Postsendungen abfingen.
Grundgesetz und Amerika: Der Verfassungsblog (Max Steinbeis) schildert eine Tagung zum"curious life of the Grundgesetz in America". Dabei ging es um die Bewunderung amerikanischer Juristen für den deutschen Verfassungsstaat, die Krise des US-Supreme Courts und die Vorteile der kontextbezogenen US-Methode, Fälle zu lösen.
Das Letzte zum Schluss
Bundesjuristenorchester: Die Montags-FAZ berichtet über ein Konzert des so genannten Bundesjuristenorchesters, das wohl nicht ganz so professionell ist, wie der Name vermuten lässt. Unter anderem wurde der Huldigungsmarsch von Edvard Krieg gespielt. Immerhin ging der Erlös an einen guten Zweck – die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 27. - 29. Oktober 2012: BGH-Richter Fischer gibt nicht auf – BAG rettet telefonierenden Chirurgen – Bundesjuristenorchester spielt Krieg . In: Legal Tribune Online, 29.10.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7411/ (abgerufen am: 20.04.2024 )
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