Die juristische Presseschau vom 29. August 2012: Verfassungsschutz im Streit – Sterbehilfe im Kabinett – Dutroux-Komplizin in Freiheit

29.08.2012

Der Streit um die Neugestaltung des Verfassungsschutzes bestimmt die heutige Berichterstattung. Außerdem in der Presseschau: Die SPD will das Betreuungsgeld in Karlsruhe zu Fall bringen, das Bundeskabinett berät über den Gesetzesentwurf zur Sterbehilfe. Die Franzosen obduzieren Arafats Leiche und Junge Liberale wollen Bayerns Tankstellen stürmen.

Verfassungsschutz im Streit: Bundesinnenminister Friedrich habe sich mit seinem Konzept für eine Reform des Verfassungsschutzes nicht durchsetzen können, berichtet die SZ (Susanne Höll). Sein Plan, dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) eine Zentralstellenfunktion zuzuweisen, sei am Widerstand der Bundesländer gescheitert. Auch Friedrichs kurzfristig vorgestelltes Vorhaben, das BfV könne generell die Beobachtung von Extremisten übernehmen, stehe im Moment nicht zur Debatte, so spiegel.de (Philipp Wittrock).

In einem Gastbeitrag vergleicht das Vorstandsmitglied der Bundestagsfraktion Die Linke Wolfgang Neskovic (FAZ) den Verfassungsschutz mit einem vernachlässigten Oldtimer: "Es fehlt ihm das Navigationssystem. Er verfährt sich politisch und rechtlich." Ziel könne trotzdem nicht die Abschaffung, sondern müsse eine zeitgemäße Reform sein, effektive Kontrolle eingeschlossen.

Heribert Prantl (SZ) vergleicht den Verfassungsschutz mit einem Gewerbebetrieb, der wegen schwerer Mängel schon längst hätte geschlossen werden müssen. Der geplante Machtzuwachs sei sinnlos, erforderlich sei eine Totalreform verbunden mit viel mehr Kontrolle. Rüdiger Scheidges (Handelsblatt) sieht in der Verlegung des BfV von Köln nach Berlin verbunden mit einer Verkleinerung und Verjüngung die einzige Rettung.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Sterbehilfe im Kabinett: Der umstrittene Entwurf zum Sterbehilfegesetz aus dem Bundesjustizministerium geht unverändert zur Beratung ins Kabinett, berichtet die FAZ (Reinhard Müller). Strafbar mache sich derjenige, der jemandem beim Suizid helfe und damit Geld verdiene.

Reinhard Müller (FAZ) meint, auch Angehörige, die laut Gesetzesentwurf von einer Bestrafung ausgenommen seien, hätten bisweilen sehr eigennützige Motive bei der Sterbehilfe. Diese pauschal auszuschließen, gehe an der Lebenswirklichkeit vorbei.

Klage gegen Betreuungsgeld: Laut einem Gutachten des Rechtswissenschaftlers Joachim Wieland ist das geplante Betreuungsgeld ("Herdprämie") verfassungswidrig, berichtet die taz (Simone Schmollack). Die SPD-Fraktion plane eine Verfassungsklage, benötige dazu aber noch Unterstützung von anderen Parteien.

Laut spiegel.de (jls) hat die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Wieland das Betreuungsgesetz als "Lex Seehofer" bezeichnet, das der CSU helfen soll, die Landtagswahlen zu gewinnen.

Familiensplitting: Eine Expertenkommission empfiehlt Angela Merkel die Einführung des so genannten Familiensplittings, berichtet die taz (Richard Rother). Dabei solle bei der Berechnung der Einkommensteuer das Familieneinkommen durch die Zahl der Familienangehörigen geteilt werden.

Leistungsschutzrecht: Die SZ (Heribert Prantl) berichtet auf ihrer Titelseite, Blogger sollen bei der Neugestaltung der Leistungsschutzrechte im Internet von Zahlungen an Verlage befreit werden. Lediglich Betreiber von Suchmaschinen und ähnlichen Diensten würden zur Kasse gebeten. Thomas Stadler (internet-law.de) gibt einen Überblick über den neuen, dritten Gesetzesentwurf, der auch wieder durch die Hände vieler Lobbyisten gegangen sei.

Grunderwerbsteuer und Lebenspartnerschaften: Die SZ (Guido Rohsem) berichtet in ihrem Wirtschaftsteil über Wolfgang Schäubles Plan, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften bei der Grunderwerbsteuer auch rückwirkend gleich zu stellen, um damit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu genügen. Beim Ehegattensplitting zögere das Bundesfinanzministerium noch.

Wahlrechtsreform: Um das Problem der Überhangmandate im Einklang mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu lösen, beabsichtigen die Parlamentarier den neuen Bundestag um etwa fünfzig Sitze aufzustocken, berichtet zeit.de (Albert Funk).

Professor Eberhard Lopau und Rechtsanwalt Gerrit Lopau (lto.de) schlagen in einem Gastbeitrag vor, sichere Mandate bei den Erststimmen nur noch bei Erhalt der absoluten Mehrheit zu vergeben. Kandidaten, die in ihrem Wahlkreis lediglich eine relative Mehrheit erhielten, seien nur insoweit zu berücksichtigen, als es dem Gesamtanteil der Partei bei den Sitzen auf Grundlage der Zweitstimmen entspreche. Damit werde eine Aufblähung des Bundestags durch Ausgleichsmandate vermieden.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 29. August 2012: . In: Legal Tribune Online, 29.08.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6947 (abgerufen am: 11.11.2024 )

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