Die juristische Presseschau vom 29. März 2012: Staatsanwalt für Soldaten – Fiskalpakt für immer – Luxus für 1 Euro

29.03.2012

Eine für alle: Die Staatsanwaltschaft Kempten soll künftig bei Straftaten von Soldaten im Auslandseinsatz ermitteln und erhält damit den Vorzug vor Potsdam. Außerdem in der Presseschau: der unkündbare Fiskalpakt, falsches Glitzern bei Ebay, Fotos von Polizisten, eine Reihe Beinahe-Grundsatzurteile und vier Schmuckdiebe, die irgendwann am Ende waren.

Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft Kempten: Für Straftaten von Bundeswehrsoldaten im Auslandseinsatz soll künftig schwerpunktmäßig die Staatsanwaltschaft Kempten zuständig sein. Etwas anderes gilt nur, wenn internationales Völkerstrafrecht berührt ist – dann ermittelt weiterhin die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Einen entsprechenden Gesetzentwurf habe die Bundesregierung am Mittwoch auf den Weg gebracht, meldet lto.de.

Die FAZ (Stephan Löwenstein) schildert knapp die Hintergründe der Entscheidung. Reinhard Müller (FAZ) weiß, warum die Wahl auf das bayerische Kempten, statt auf das zunächst diskutierte Potsdam fiel: "Auf absehbare Zeit wird kein Justizminister der Linkspartei einem Staatsanwalt eine Weisung erteilen, der eine Auslandsstraftat eines Bundeswehrsoldaten verfolgt".

Weitere Themen – Rechtspolitik

Fiskalpakt: Die Linkspartei sieht in dem europäischen Fiskalpakt, den der Bundestag demnächst mit einer Zweidrittelmehrheit beschließen soll, einen Verstoß gegen das Grundgesetz, weil eine Kündigung des völkerrechtlichen Vertrages nicht vorgesehen sei. Die SZ (Daniel Brössler) erläutert die Rechtslage. Heribert Prantl (SZ) kommentiert angesichts dessen, das Grundgesetz müsse "neu eingestellt werden – durch Volksabstimmung oder eine Fundamentalentscheidung des Bundesverfassungsgerichts."

Staat und Kirche: Mit dem – von der Politik weitgehend ignorierten – Auftrag des Grundgesetzes, die Staatsleistungen für die Kirchen abzuschaffen, befasst sich der Staatsrechler Heinrich Amadeus Wolff auf lto.de.

Wissenschaftsförderung: Die Koalition will das Grundgesetz ändern, damit Bund und Länder bei der Förderung der Wissenschaft zusammenarbeiten können. Der Geschäftsführer des Deutschen Landkreistages, Hans-Günter Henneke, warnt in der FAZ davor, dies auch auf den Bereich der schulischen Bildung auszudehnen.

Berufskläger im Aktienrecht: Mit einer Änderung des Schuldverschreibungsgesetzes soll es Berufsklägern erschwert werden, gegen die Umschuldung von Anleihen bei der Sanierung von Unternehmen vorzugehen. Das berichtet die FAZ (Joachim Jahn). In einem gesonderten Kommentar begrüßt Joachim Jahn (FAZ) die geplante Änderung.

Videoüberwachung von Mitarbeitern: Der Rechtsanwalt Hendrik Bourguignon befasst sich auf dem Handelsblatt-Rechtsboard mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Beschäftigtendatenschutz, der die heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz untersagt. Bourguignon schildert die bisherige Rechtssprechung und spricht sich dafür aus, die verdeckte Überwachung unter Anwendung der Auflagen des Bundesarbeitsgerichts zu erlauben.

Weitere Themen - Justiz

Keine Justizreform: Rheinland-Pfalz behält zwei Oberlandesgerichte. Die Pläne der Landesregierung, das OLG Koblenz aufzulösen, waren auf heftigen Protest seitens der Richter gestoßen und wurden nun zurückgezogen. Das meldet die SZ (mawi).

Plagiate bei Ebay: Wer bei Ebay vermeintliche Luxusartikel anbietet, kann möglicherweise auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wenn er nicht deutlich macht, dass es sich um ein Plagiat handelt. Das entschied der Bundesgerichtshof am Mittwoch. internet-law.de (Thomas Stadler) fasst das Urteil zusammen. In dem Fall ging es um ein angebliches Vertu-Handy, dessen Marktwert 24.000 Euro betragen soll – das aber mit einem Startpreis von einem Euro zur Versteigerung angeboten wurde.

Fotos von Polizisten: Das Bundesverwaltungsgericht hat ein Grundsatzurteil zur Pressefreiheit gefällt. Journalisten dürfen demnach Polizisten bei Einsätzen fotografieren. Dazu die SZ auf der Medien-Seite und lawblog.de (Udo Vetter).

Haftung von Sharehostern: Das Hamburger Oberlandesgerichtes hat ein Urteil zur Haftung des Sharehosters "Rapidshare" veröffentlicht. Demnach hafte der Internetdienstleister für Urheberrechtsverletzungen seiner Nutzer, weil er sie mit seinem Geschäftsmodell begünstige. Thomas Stadler (internet-law.de) hält die Argumentation des Gerichts für "äußerst interessant", aber letztlich nicht überzeugend.

Kontrolle wegen Hautfarbe: Wie die taz (Christian Rath) berichtet, kritisiert auch das Deutsche Institut für Menschenrechte das umstrittene Urteil des VG Koblenz, wonach die Polizei gezielt Schwarze kontrollieren darf. In einem gesonderten Kommentar plädiert Christian Rath (taz) dafür, die entsprechende Regelung des Bundespolizeigesetzes abzuschaffen, die verdachsunabhängige Kontrollen erlaubt, und damit "zwingend diskriminierende Situationen" schaffe.

Nachtflugverbot: Kerstin Bund befasst sich im Leitartikel der Zeit mit der am 4. April anstehenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen. Damit entscheide sich "ein Stück politischer Kultur", bei der Planung von Großvorhaben sei künftig mehr Transparenz nötig.

Insiderinformationen: Der Europäische Gerichtshof muss eintscheiden, ob die Daimler AG die Anleger frühzeitig über den Vorstandswechsel im Vorstand hätte informieren müssen. Der Rechtswissenschaftler Rüdiger Veil fasst auf lto.de die Vorschläge des Generalanwalts zusammen, der sich für die frühe Mitteilung der Insiderinformationen ausgesprochen hat.

E-Zigarette: Ein Hersteller von E-Zigaretten will vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen erreichen, dass die E-Zigarette als Genussmittel eingestuft wird. Wie lto.de berichtet, teilte der Hersteller mit, das Gericht habe in einem Hinweis zu erkennen gegeben, dass es dieser Auffassung möglicherweise folge. Die FR (Daniel Baumann) greift das Thema auf und kritisiert das "beispiellose rechtliche Chaos", das durch die von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Bewertung der E-Zigarette entstehe.

Prozess gegen Türsteher: Die Welt berichtet von dem Prozessauftakt gegen drei Türsteher vor dem Landgericht Frankfurt, die vor einem Jahr einen Besucher zu Tode geprügelt haben sollen.

Grundsatzurteile vermeiden: Die Zeit (Daniel Schönwitz) befasst sich mit der Taktik von Banken und Versicherungen in Fällen mit grundlegender Bedeutung kurzfristig die Revision zurück zu ziehen. So habe etwa die Sparkasse im Streit um die Lehman-Zertifikate ein Grundsatzurteil vermieden.

Starkes BVerfG: Die starke Stellung des Bundesverfassungsgerichts sei "typisch deutsch" und "für Franzosen und Briten freilich unbegreiflich", stellt Reinhard Müller (FAZ) fest. Er analysiert das deutsche Rechtsverständnis und die Sichtweise europäischer Rechtswissenschaftler.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Obamas Gesundheitsreform: Das Verfahren vor dem Supreme Court um die Gesundheitsreform in den USA findet weiterhin großes Medieninteresse. Ausführliche Berichte aus Washington finden sich in der FAZ (Matthias Rüb) und in der SZ (Reymer Klüver). Nora Markard zeichnet für verfassungsblog.de detailliert den zweiten Verhandlungstag nach.

Das Letzte zum Schluss

Schmuckdiebe am Ende: Vier Schmuckdiebe haben in Sizilien einen rund einen Kilometer langen Tunnel gebuddelt, um in ein Juweliergeschäft einzubrechen -doch dort wurden sie schon von der Polizei erwartet. spiegel.de schildert den Fall.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/ak

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 29. März 2012: . In: Legal Tribune Online, 29.03.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5891 (abgerufen am: 04.12.2024 )

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