Die juristische Presseschau vom 28. November 2013: Rechtspolitik im Koalitionsvertrag – Burka vor dem EGMR – Kokain in Baden-Württemberg

28.11.2013

Heute werden die rechtspolitischen Vereinbarungen im Koalitionsvertrag unter die Lupe genommen. Außerdem in der Presseschau: Deutsche Bahn muss zahlen, Cornelius Gurlitts Sammlung, kein Konto für die NPD, Europäische Ermittlungsanordnung, Zschäpes Mutter, und welche Rolle Wilhelmshaven im Weltfußball spielt.

Thema des Tages

Rechtspolitik im Koalitionsvertrag: Die taz (Daniel Bax) widmet sich dem Thema Doppelte Staatsbürgerschaft und sieht die türkischen Einwanderer, die schon länger in Deutschland leben, als Verlierer, da sie wie bisher im Falle einer Einbürgerung ihre türkische Staatsangehörigkeit aufgeben müssen. Die SZ (Roland Preuss) begrüßt den Wegfall der Optionspflicht für junge Migranten, die sich bis zum 23. Lebensjahr für die deutsche Staatsbürgerschaft zu entscheiden hatten oder ausgebürgert wurden. Sie können jetzt Doppelstaatsbürger werden.

Unter der Überschrift "Sicherheit und Einwanderung" akzentuiert die FAZ (Peter Carstens) das Thema etwas anders. Neben dem "Entgegenkommen" der Union wird die Lockerung der Residenzpflicht und verbesserte Arbeitsmöglichkeiten für Asylbewerber herausgestellt. Zugleich will die Große Koalition die anlassunabhängige Vorratsdatenspeicherung einführen. Die Beschlüsse des Untersuchungsausschusses nach dem Versagen der Ermittler bezüglich des NSU sollen zügig umgesetzt werden, nach dem Versagen der Geheimdienste bezüglich der NSA sollen die technischen Möglichkeiten der Spionageabwehr verbessert werden.

Hinsichtlich Vorratsdatenspeicherung und Ausbau des Verfassungsschutzes spricht die taz (Martin Kaul) von einer "Hardlinerkoalition". Hoffnung liege in dem vom Bundesverfassungsgericht 2008 entwickelten "Grundrecht auf Gewährleistung von Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme", das laut Koalitionsvertrag stärker mit Leben gefüllt und aktiviert werden müsse.

blog.beck.de (Prof. Henning Ernst Müller) befasst sich mit den Absichten im Bereich des Strafrechts. Die präventive Wirkung einer Straferhöhung bei fremdenfeindlichen Gewalttaten sei zweifelhaft. Im Bereich des Unternehmensstrafrechts soll erneut eine Möglichkeit geschaffen werden, illegal erwirtschaftete Gewinne abzuschöpfen, obwohl eine alte Regelung vom Bundesverfassungsgericht kassiert worden war. Bei der "nachträglichen Therapieunterbringung" handele es sich um eine Neuauflage der nachträglichen Sicherungsverwahrung.

Heribert Prantl (SZ) kritisiert die "üppige" Vorratsdatenspeicherung und gibt dem Koalitionsvertrag im Bereich Grundrechte und Asylpolitik die Note "mangelhaft". Sabine am Orde (taz) sieht Deutschland durch die Neuregelung der Doppelstaatsbürgerschaft auf einem "Weg zur Vernunft", die Union gebe ihre ablehnende Haltung wieder ein Stück weit auf.

focus.de (Linda Wurster) sieht bei seiner Gesamtschau die SPD um mehrere Längen als Sieger im Verhandlungspoker, unter anderem bei den gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Auch Die Welt meint, die SPD habe zwar die Wahlen verloren, aber die Große Koalition gewonnen, der Sigmar Gabriel seinen Stempel aufgedrückt habe.

Rechtspolitik

Europäische Ermittlungsanordnung: Wie die FAZ (Nikolas Busse) berichtet, haben sich Ministerrat und das Europaparlament auf die Einführung einer Europäischen Ermittlungsanordnung geeinigt. Damit könne die Justiz Hausdurchsuchungen und Zeugenbefragungen in anderen Ländern veranlassen. Damit solle der Aufwand bei Rechtshilfeersuchen reduziert werden. Die Richtlinie werde in etwa zwei Jahren in Kraft treten.

Reinhard Müller (FAZ) meint, damit werde der zweite Schritt vor dem ersten gemacht. Vor der grenzüberschreitenden Strafverfolgung müssten erst  allgemeinverbindliche Standards zum Beispiel bei den Haftbedingungen gewährleistet sein.

Datenweitergabe EU – USA: netzpolitik.org (Alexander Sander) setzt sich mit der Evaluierung des Fluggastdatenabkommens (PNR) zwischen EU und USA durch die EU-Kommission auseinander. Der Bericht enthalte einen klaren Vertragsbruch, da die USA die Daten in einem Fall an einen Drittstaat weitergegeben hätten, ohne die EU zu informieren. Die Welt (Christoph B. Schultz) berichtet, dass PNR und Swift, das Abkommen über Bankdaten, beim transatlantischen Datentransfer unangetastet blieben. Beim Safe-Harbor-Abkommen, das die Datenerhebung über verschiedene US-Unternehmen ermögliche, seien Nachbesserungen hinsichtlich der Transparenz erforderlich.

Bundestags-Hauptausschuss: In einem Beitrag für lto.de erläutert Sebastian Roßner, Mitarbeiter an einem juristischen Lehrstuhl der Universität Düsseldorf, die Konstruktion und Kompetenzen des geplanten Bundestags-Hauptausschusses. Dieser sei nicht zwingend nötig und könne Abgeordnetenrechte gefährden.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28. November 2013: Rechtspolitik im Koalitionsvertrag – Burka vor dem EGMR – Kokain in Baden-Württemberg . In: Legal Tribune Online, 28.11.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10186/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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