Die juristische Presseschau vom 25. bis 27. Januar 2014: Verwaltungsrichter für neues Ausweisungsrecht – Extremismus-Klausel soll weg – Überforderte Polizei

27.01.2014

Zwei Verwaltungsrichter und Jura-Profs legen einen Entwurf für ein klareres Ausweisungsrecht vor - in den letzten zehn Jahren waren ja alle völlig überfordert. Außerdem in der Presseschau: Gerechte Schiedsgerichte, Max Mosley zu seinem Sieg über Google, Beginn des BayernLB-Prozesses, Anwälte, die mit Anzeigen drohen und Sex-Videos im Gerichtssaal.

Tagesthema

Neues Ausweisungsrecht?: Auf einer Tagung zum Ausländerrecht am vergangenen Wochenende legten der Bundesverwaltungsrichter und Jenaer Juraprofessor Harald Dörig und Jan Bergmann, Verwaltungsrichter und Juraprofessor in Stuttgart, einen Gesetzesentwurf für ein neues Ausweisungsrecht vor, passend auf eine DIN-A4-Seite. Die Montags-SZ (Roland Preuss) berichtet: Anwälte, Verwaltungsrichter und Behörden täten sich schwer mit dem deutschen Ausweisungsrecht für Straftäter aus Nicht-EU-Staaten. Oft würde schon auf Ausweisungen verzichtet, weil die Materie, auch durch Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofes, zu komplex geworden sei. Die europäischen Richter hätten die deutschen Ausweisungsgesetze schon vor zehn Jahren "zertrümmert". Die Vorlage der beiden Richter solle die Materie wieder handhabbar machen, beziehe alle relevanten verfassungsrechtlichen Vorgaben und die europäische Rechtsprechung mit ein und sehe weiterhin eine "ergebnisoffene Einzelfallprüfung" vor. Im Koalitionsvertrag sei eine Neufassung der Materie vorgesehen, so die SZ weiter.

Rechtspolitik

Interview Reding: Im Gespräch mit dem Focus (Michael Franke, Zusammenfassung) spricht die EU-Justizkommissarin Viviane Reding über ihr Vorantreiben der Telekom-Regulierung, ein europäisches Datenschutzgesetz, welches noch in diesem Jahr kommen solle, dass Deutschland beim Netzausbau hinterherhinkt, und warum sie bei den Europawahlen wieder antreten möchte.

Extremismusklausel: Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) will laut Samstags-SZ (Constanze von Bullion) das von ihrer Vorgängerin eingeführte, umstrittene Bekenntnis der Mitarbeiter von Demokratie-Projekten zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, die sogenannte Extremismusklausel, wieder abschaffen. Eine Einigung mit dem Bundesinnenministerium zeichne sich bereits ab. Eine Folgeregelung könne etwa ein Begleitschreiben für Projekt-Anträge auf Förderung vorsehen statt der bisher zu leistenden Unterzeichnung eines Bekenntnisses.

Heribert Prantl (Samstags-SZ) kommentiert: Gut, dass die staatliche Misstrauensklausel weg soll.

Interview Schwesig – Frauenquote: Mit der Welt am Sonntag (M. Hollstein und andere) spricht Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) über ihren Alltag zwischen Berlin und Schwerin, ihren Start als Ministerin, Familienarbeitszeit, Elterngeld und Frauenquoten für Chefetagen. Schwesig wolle ein Gesetz zur Förderung von Frauen in Führungspositionen vorlegen, dass eine verpflichtende 30-Prozent-Quote für Aufsichtsräte börsennotierter und voll mitbestimmungspflichtiger Unternehmen vorsehe. Als Sanktion präferiere sie den "leeren Stuhl". Auch für andere Unternehmen soll es Vorgaben geben, so auch für den öffentlichen Dienst. Weiter geht es um die Quoten-Unterstützung durch den Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und die Abschaffung der Extremismusklausel.

Staatsbürgerschaftsrecht: Zwischen SPD und Union gibt es Unstimmigkeiten in Fragen der (doppelten) Staatsbürgerschaft. Wie die Welt am Sonntag (Manuel Bewarder/Karsten Kammholz) auf dem Titel erläutert, wolle die SPD abrücken vom noch in den Koalitionsvertrag aufgenommenen Kriterium des "Aufwachsens" – neben dem der "Geburt" – in Deutschland für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft. Schleswig-Holstein plane eine entsprechende Bundesratsinitiative. Auch wolle die SPD den bestehenden Optionszwang abschaffen. Die CDU wolle weiter am Kriterium "aufwachsen" festhalten und dies möglicherweise auch in einem Gesetzentwurf aus dem Bundesinnenministerium aufnehmen.

Polizei gegen Fußballrowdys: NRW-Vertreter der "Gewerkschaft der Polizei" sowie der "Deutschen Polizeigewerkschaft" forderten eine Verfahrensbeschleunigung bei Hooligans, spezielle Staatsanwälte für Spieltage sowie einen verstärkten Einsatz von Wasserwerfen und Tränengas bei Eskalationen, so der Focus. Anlass seien Krawalle vor einem Testspiel des 1. FC Köln und Schalke 04.

Laut einer Meldung des Spiegel sehe die Gewerkschaft der Polizei den Rechtsstaat in Gefahr und verlange mehr Unterstützung: In einigen deutschen Städten sei es einfach nicht mehr sicher. Die Gewerkschaft und der Deutsche Städte- und Gemeindebund plädierten daher für "verstärkte Videoüberwachung, Alkoholverbote in der Öffentlichkeit und einen besseren Schutz von Sicherheits- und Rettungskräften".

Freihandelsabkommen – "Schiedsgerichte sind gerechter": Im geplanten EU/USA-Freihandelsabkommen ist unter anderem die Einrichtung von Schiedsgerichten für etwaige Unternehmensklagen gegen den jeweiligen Gaststaat vorgesehen. Nach heftiger Kritik liegen entsprechende Gespräche zwischen Brüssel und Washington aber auf Eis. "Heuchlerisch" findet Helene Bubrowski (Samstags-FAZ, Titelseite) die Vorwürfe, die Einrichtung von Schiedsgerichten sei undemokratisch, rechtsstaatsfeindlich und intransparent. Im Gegenteil sei es das einzig neutrale Forum und diene auch der Harmonisierung der Rechtslage in Europa. Deutsche Unternehmen seien auf der Grundlage von bisher immerhin 131 Investitionsabkommen Deutschlands immer wieder vor Schiedsgerichte gezogen, um sich gegen Beeinträchtigungen durch den Gaststaat zu wehren: "Niemand störte sich daran." Dazu auch der Spiegel.

Arbeitsrecht - Leiharbeit: Im Wirtschafts-Teil der FAZ (Corinna Budras) findet sich anlässlich des 1. Deutschen Arbeitsgerichtstages in der vergangenen Woche ein Bericht zu den Koalitionsplänen zur Neuregelung der Leiharbeit. Die zeitliche Höchstgrenze solle auf 18 Monate festgelegt werden. Einige Experten kritisierten die Pläne als unzureichende Regelungen - so sei unklar, ob die Grenze für einzelne Leiharbeiter oder den Arbeitsplatz gelte - sowie fehlende Sanktionsmöglichkeiten.

Arbeitsrecht – Stress am Arbeitsplatz: Nicht jeder Arbeitnehmer kann in den Vorstand der Deutschen Bahn wechseln, wenn der Stress am Arbeitsplatz zu groß wird. Mit möglichen Lösungsansätzen befasst sich Corinna Budras (Samstags-FAZ, Beruf und Chancen-Teil). Die IG-Metall habe der alten Bundesregierung dafür vergangenes Jahr eine Anti-Stress-Verordnung vorgelegt, unter anderem mit klaren Vorgaben zu Arbeitszeiten und -umgebung. Der aktuelle Koalitionsvertrag bleibe dazu aber vage, auch liege der Koalitions-Fokus eher auf der Doppelbelastung "Familie und Beruf". Die sogenannte "Teilzeitfalle" solle aber gesetzlich entschärft werden. Arbeitsrechtler beklagten ein lückenhaftes Arbeitsrecht, etwa mit Blick auf den verstärkten Einsatz von Dienst-Smartphones.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 25. bis 27. Januar 2014: Verwaltungsrichter für neues Ausweisungsrecht – Extremismus-Klausel soll weg – Überforderte Polizei . In: Legal Tribune Online, 27.01.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10782/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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