Trump obsiegt: Der US-Supreme-Court bestätigt Teile seines Einreiseverbots. Außerdem in der Presseschau: In Berlin beginnt das Verfahren gegen den sogenannten U-Bahn-Treter und eine Herkunftserforschung am Verwaltungsgericht Münster.
Thema des Tages
USA – Einreiseverbot: Das von US-Präsident Donald Trump verfügte vorläufige Einreiseverbot für Angehörige aus sechs vorwiegend muslimischen Staaten kann nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs des Landes wieder durchgesetzt werden. Die von unteren Instanzen gegen das Dekret verhängten einstweiligen Verfügungen seien zu weitgehend, schreibt die FAZ (Andreas Ross) über die Entscheidung. Eine Verfassungsverletzung komme nicht in Frage, wenn Ausländern ohne konkrete Verbindung zu den Vereinigten Staaten die Einreise verweigert werde. Ausnahmen müssten allerdings getroffen werden für Betroffene, die glaubhaft machten, bereits mit Personen oder Einrichtungen im Lande in einer Beziehung zu stehen. Weitere Berichte zur Entscheidung, der eine mündliche Anhörung im Oktober folgen wird, bringen taz (Sebastian Schaaf) und SZ (Sacha Batthyany).
Stefan Kornelius (SZ) prophezeit in einem Kommentar einen "heißen Herbst" in den USA. Wie im Parlament und "im Kampf des Präsidenten gegen die Behörden" stehe nun auch am Obersten Gerichtshof eine Entscheidung darüber an, ob diese "Säule des demokratischen Gebäudes USA" dem Weltbild des Präsidenten folgt.
Die über Twitter verbreitete Reaktion Donald Trumps gibt bild.de (Heike Roloff) wieder. Im Weiteren erläutert der Beitrag auch die personelle Zusammensetzung des Gerichts und demnächst wohl anstehende Neubesetzungen.
Rechtspolitik
Transparenzregister: Am gestrigen Montag trat das Umsetzungsgesetz zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie in Kraft. Die hiermit verbundenen Bestimmungen zur Einrichtung eines sogenannten Transparenzregisters, das Gesellschaftsbeteiligungen offenlegen soll, stellt Rechtsprofessor Ulrich Noack (Handelslatt-Rechtsboard) vor.
Prostitution: Vor dem am 1. Juli in Kraft tretenden Prostituiertenschutzgesetz bemängeln mehrere Ländervertreter das Fehlen von Zeit bei der Umsetzung der bundesrechtlichen Vorgaben. Dies schreibt die Welt (Thomas Schmoll).
Justiz
BGH zu Brustimplantaten: Zu dem klageabweisenden Urteil des Bundesgerichtshofs wegen mangelhafter Brustimplantate kommentiert Jost Müller-Neuhof (Tsp), dass "Wut" über derartige Skandale bei der Justiz "regelmäßig an der falschen Adresse" sei. Schuld an klagewürdigen Umständen trügen zunächst "die Kriminellen", hier also die mittlerweile insolvente französische Firma PIP. Den Umfang der Prüfpflichten für Medizinprodukte bestimme dagegen die Politik, auch sie werde "oft erst aus Schaden klug".
BAG zu Mindestlohn: Eine für den morgigen Mittwoch am Bundesarbeitsgericht angesetzte Verhandlung über die Zulässigkeit von Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn für Zeitungszusteller ist nach einem außergerichtlichen Vergleich abgesagt worden. Hierauf weist community.beck.de (Christian Rolfs) hin.
OVG Hamburg zu G-20-Protestcamp: Den in der vergangenen Woche ergangenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Hamburg zum fehlenden Grundrechtsschutz eines G-20-Protestcamps unterzieht Privatdozent Eike Michael Frenzel auf lto.de einer kritischen Würdigung. Zwar habe sich das Gericht bemüht, das Rechtsschutzbegehren des unterlegenen Veranstalters "zu bedienen", gleichzeitig aber auf eine in Art. 8 Grundgesetz überhaupt nicht vorgesehene Schutzbereichsbeschränkung abgestellt. Die rechtlichen Grundlagen der Einsatzbefugnisse von Personenschützern beim anstehenden Gipfel werden u.a. von der taz (Tobias Schulze) behandelt.
OLG Celle zu Managerhaftpflicht-Versicherung: In einer bislang unveröffentlichten Kostenentscheidung hat das Oberlandesgericht Celle festgestellt, dass nach tatsächlicher Insolvenzreife eines Unternehmens getätigte Zahlungen nicht von einer Managerhaftpflicht-Versicherung gedeckt sein dürften. Unter Hinweis auf diese Entscheidung würden Versicherungen nun vermehrt Versicherungsschutz für derartige Fälle verweigern, schreibt das Hbl (Heike Anger).
LG Berlin – "U-Bahn-Treter": Vor dem Landgericht Berlin hat das Verfahren gegen einen als "U-Bahn-Treter" bekanntgewordenen Mann begonnen. Dem Angeklagten wird gefährliche Körperverletzung vorgeworfen, ein Video der Tat hatte im vergangenen Herbst für überregionales Aufsehen gesorgt. Die Anklage am Landgericht liefert nach Darstellung der Welt (Christine Kensche) einen Hinweis darauf, dass auch eine Einweisung des Angeklagten in die Psychiatrie im Raum stehe. Berichte zum Prozessauftakt, bei dem der Angeklagte die Tat weitgehend einräumte, aber angab, sich an Einzelheiten wegen Drogen- und Alkoholkonsums nicht erinnern zu können, bringen u.a. spiegel.de (Uta Eisenhardt) und SZ (Verena Mayer).
LG Braunschweig – VW: Unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung zu ihrer Klage gegen VW haben die Klägervertreter in einem der FAZ (Carsten Germis/Marcus Jung) vorliegenden Schreiben beim Landgericht Braunschweig beantragt, das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof zur Klärung europarechtlicher Fragen vorzulegen. Sollte dem Antrag entsprochen werden, wäre dies "ein strategischer Erfolg" für die Kläger. Von Landgerichten ausgehende Vorlagen an den EuGH seien selten.
LG Neubrandenburg – Auschwitz-Prozess: lto.de und FAZ (Alexander Haneke) zeichnen die Stationen des nach dem erfolgreichen Befangenheitsantrag gegen das Gericht nun wohl endgültig gescheiterten Verfahrens gegen den früheren SS-Mann Hubert Z. vor dem Landgericht Neubrandenburg nach.
LG Stuttgart – Schlecker: bild.de (Philipp-Marc Schmid) zieht eine "Prozess-Bilanz" zum Verfahren gegen Anton Schlecker und Familienangehörige am Landgericht Stuttgart. Nach der Hälfte der angesetzten 25 Verhandlungstage sei noch keine Entscheidungsrichtung absehbar.
VG Münster – Flüchtling: Vor dem Verwaltungsgericht Münster klagt ein Mann gegen die Aufhebung seiner Flüchtlingsanerkennung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Diese Rücknahme wurde mit dem Verdacht begründet, dass er statt aus Syrien tatsächlich aus der Ukraine stamme, schreibt die Welt (Kristian Frigelj) über die mündliche Verhandlung. Seine fehlenden Arabischkenntnisse habe der Kläger damit begründet, Jeside zu sein, was nun durch ein Sprachgutachten geprüft werden solle.
ArbG Berlin zu Kopftuch: In Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht Berlin über wegen Kopftuchtragens verweigerter Aufnahme in den Schuldienst hat sich eine Klägerin mit dem Land Berlin verglichen. Ein Verhandlungstermin im zweiten Fall stehe noch aus, schreibt die taz-Berlin.
Bausparverträge: Die FAZ (Markus Frühauf) berichtet zu mehreren anhängigen Verfahren über die Zulässigkeit der einseitigen Kündigung von Bausparverträgen. Nachdem ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs im Februar solche Kündigungen bei Verträgen mit einer Zuteilungsreife von zehn Jahren als zulässig bezeichnet hatte, würde nun vor den Landgerichten Karlsruhe, Berlin und Stuttgart über Kündigungen aufgrund vertraglicher Klauseln nach 15 Jahre währender Nichtinanspruchnahme der Darlehen gestritten.
Justiz-Statistik: Die FAZ (Marcus Jung) schreibt über die vom Journalisten Joachim Wagner in der Neuen Juristischen Wochenschrift dargelegte Statistik der Justizverwaltung. Hiernach würden Straf- und Zivilverfahren in Bayern und Baden-Württemberg besonders schnell und damit effizient bearbeitet. Hiergegen fielen die Erledigungsquoten ostdeutscher Gerichte ab.
Recht in der Welt
Vereinigtes Königreich – Brexit: Die FAZ (Marcus Theurer) berichtet zu dem von der britischen Regierung vorgestellten Positionspapier für die anstehenden Austrittsverhandlungen mit der EU. Zum Bleiberecht von EU-Ausländern seien auf Gegenseitigkeit beruhende Vorschläge unterbreitet worden, etwaige juristische Auseinandersetzungen über Aufenthaltsrechte im Land würden jedoch zwingend durch britische Gerichte entschieden werden. In einem Gastbeitrag für die Welt legt David Davis, britischer Minister für den Austritt aus der EU, die Position seiner Regierung zu Aufenthaltsrechten für EU-Bürger dar.
Spanien – Salvador Dalí: Die Leiche von Salvador Dalí wird nach Anordnung eines Madrider Gerichts exhumiert. Durch einen Vaterschaftstest solle Gewissheit über die Behauptung einer Katalanin, der Künstler sei ihr leiblicher Vater, erzielt werden, schreibt die SZ (Catrin Lorch).
USA – Polizeigewalt: Nach Meldung von spiegel.de haben sich die Nachkommen des im vergangenen Jahr von einem Polizisten getöteten Philando Castile und der Dienstherr des Schützen zur Vermeidung eines Zivilrechtsstreits auf eine Entschädigung von knapp drei Millionen Dollar verständigt. In einem Strafverfahren wurde der fragliche Polizist vor kurzem freigesprochen.
Sonstiges
NSU-U-Ausschuss: In einer Anhörung vor dem Untersuchungsausschuss des Landtages bestand der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) erneut darauf, in seiner Eigenschaft als Innenminister die Ermittlungen zum Mord an Halil Yozgat nicht behindert zu haben. Die seinerzeit verweigerte Aussagegenehmigung für V-Leute im islamistischen Bereich sei wegen der Sicherheitslage kurz vor der Fußball-Weltmeisterschaft notwendig gewesen, die Vernehmung von V-Leuten in der rechtsextremen Szene habe dagegen nicht zur Debatte gestanden. Es berichten die SZ (Susanne Höll), FAZ (Timo Frasch) und taz (Christioph Schmidt-Lunau).
Korruption: In einem Gastbeitrag für das Hbl reibt sich die frühere Verfassungsrichterin Gertrude Lübbe-Wolff "die Augen" über die EU-Kommission und deren Umgang mit der Korruptionsbekämpfung in den Mitgliedstaaten und der EU selbst. Im Widerspruch zu einer 2011 "mit großem Aplomb" verkündeten regelmäßigen Berichterstattung würde eben jenes Monitoring sang- und klanglos eingestellt, dabei böte der jährliche Bericht von Transparency International zum Level wahrgenommener Korruption reichlich Anlass, das Thema engagiert zu verfolgen.
Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik: Die EU-Kommission hat ein Strategiepapier zur Zukunft der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik veröffentlicht. In ihm werden mögliche Szenarien zur zukünftigen Zusammenarbeit durchgespielt. Das Papier stellt der wissenschaftliche Mitarbeiter Stephan Koloßa auf lto.de vor und geht dabei auch auf die Frage ein, in welchem Verhältnis eine mögliche europäische Verteidigungsunion zur Nato stünde.
Kartellstrafen: Mehreren Unternehmen aus der fleischverarbeitenden Branche ist es nach Bericht der FAZ (Helmut Bünder) gelungen, Bußgeldern des Bundeskartellamts in dreistelliger Millionenhöhe zu entgehen. Grund seien Umstrukturierungen der jeweiligen Unternehmen gewesen. Dieses mögliche Schlupfloch sei durch eine zwischenzeitliche Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen geschlossen.
Das Letzte zum Schluss
Kurzer Prozess: Keinen guten Eindruck beim ersten Arbeitstag machte eine saarländische Arbeitnehmerin, die ihre Aufregung mit der ein oder anderen Zigarette zuviel zu bekämpfen suchte: zwei Stunden nach Tätigkeitsbeginn wurde ihr gekündigt, weil andere Mitarbeiter ihren Geruch monierten. Mehr Verständnis fand die Raucherin dagegen beim Arbeitsgericht Saarlouis, nach dem eine Kündigung ohne die Chance, das beanstandete Verhalten zu ändern jedenfalls treuwidrig ist. Über die Entscheidung aus dem Jahr 2013 schreibt Rechtsprofessor Arnd Diringer (justillon.de).
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/mpi
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 27. Juni 2017: Triumph für Trump? / Sogenannter Treter vor Gericht / Herkunftstreit im Asylverfahren . In: Legal Tribune Online, 27.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23262/ (abgerufen am: 25.04.2024 )
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