Die juristische Presseschau vom 27. Juni 2017: Tri­umph für Trump? / Soge­nannter Treter vor Gericht / Her­kunft­st­reit im Asyl­ver­fahren

27.06.2017

Justiz

BGH zu Brustimplantaten: Zu dem klageabweisenden Urteil des Bundesgerichtshofs wegen mangelhafter Brustimplantate kommentiert Jost Müller-Neuhof (Tsp), dass "Wut" über derartige Skandale bei der Justiz "regelmäßig an der falschen Adresse" sei. Schuld an klagewürdigen Umständen trügen zunächst "die Kriminellen", hier also die mittlerweile insolvente französische Firma PIP. Den Umfang der Prüfpflichten für Medizinprodukte bestimme dagegen die Politik, auch sie werde "oft erst aus Schaden klug".

BAG zu Mindestlohn: Eine für den morgigen Mittwoch am Bundesarbeitsgericht angesetzte Verhandlung über die Zulässigkeit von Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn für Zeitungszusteller ist nach einem außergerichtlichen Vergleich abgesagt worden. Hierauf weist community.beck.de (Christian Rolfs) hin.

OVG Hamburg zu G-20-Protestcamp: Den in der vergangenen Woche ergangenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Hamburg zum fehlenden Grundrechtsschutz eines G-20-Protestcamps unterzieht Privatdozent Eike Michael Frenzel auf lto.de einer kritischen Würdigung. Zwar habe sich das Gericht bemüht, das Rechtsschutzbegehren des unterlegenen Veranstalters "zu bedienen", gleichzeitig aber auf eine in Art. 8 Grundgesetz überhaupt nicht vorgesehene Schutzbereichsbeschränkung abgestellt. Die rechtlichen Grundlagen der Einsatzbefugnisse von Personenschützern beim anstehenden Gipfel werden u.a. von der taz (Tobias Schulze) behandelt.

OLG Celle zu Managerhaftpflicht-Versicherung: In einer bislang unveröffentlichten Kostenentscheidung hat das Oberlandesgericht Celle festgestellt, dass nach tatsächlicher Insolvenzreife eines Unternehmens getätigte Zahlungen nicht von einer Managerhaftpflicht-Versicherung gedeckt sein dürften. Unter Hinweis auf diese Entscheidung würden Versicherungen nun vermehrt Versicherungsschutz für derartige Fälle verweigern, schreibt das Hbl (Heike Anger).

LG Berlin – "U-Bahn-Treter": Vor dem Landgericht Berlin hat das Verfahren gegen einen als "U-Bahn-Treter" bekanntgewordenen Mann begonnen. Dem Angeklagten wird gefährliche Körperverletzung vorgeworfen, ein Video der Tat hatte im vergangenen Herbst für überregionales Aufsehen gesorgt. Die Anklage am Landgericht liefert nach Darstellung der Welt (Christine Kensche) einen Hinweis darauf, dass auch eine Einweisung des Angeklagten in die Psychiatrie im Raum stehe. Berichte zum Prozessauftakt, bei dem der Angeklagte die Tat weitgehend einräumte, aber angab, sich an Einzelheiten wegen Drogen- und Alkoholkonsums nicht erinnern zu können, bringen u.a. spiegel.de (Uta Eisenhardt) und SZ (Verena Mayer).

LG Braunschweig – VW: Unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung zu ihrer Klage gegen VW haben die Klägervertreter in einem der FAZ (Carsten Germis/Marcus Jung) vorliegenden Schreiben beim Landgericht Braunschweig beantragt, das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof zur Klärung europarechtlicher Fragen vorzulegen. Sollte dem Antrag entsprochen werden, wäre dies "ein strategischer Erfolg" für die Kläger. Von Landgerichten ausgehende Vorlagen an den EuGH seien selten.

LG Neubrandenburg – Auschwitz-Prozess: lto.de und FAZ (Alexander Haneke) zeichnen die Stationen des nach dem erfolgreichen Befangenheitsantrag gegen das Gericht nun wohl endgültig gescheiterten Verfahrens gegen den früheren SS-Mann Hubert Z. vor dem Landgericht Neubrandenburg nach.

LG Stuttgart – Schlecker: bild.de (Philipp-Marc Schmid) zieht eine "Prozess-Bilanz" zum Verfahren gegen Anton Schlecker und Familienangehörige am Landgericht Stuttgart. Nach der Hälfte der angesetzten 25 Verhandlungstage sei noch keine Entscheidungsrichtung absehbar.

VG Münster – Flüchtling: Vor dem Verwaltungsgericht Münster klagt ein Mann gegen die Aufhebung seiner Flüchtlingsanerkennung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Diese Rücknahme wurde mit dem Verdacht begründet, dass er statt aus Syrien tatsächlich aus der Ukraine stamme, schreibt die Welt (Kristian Frigelj) über die mündliche Verhandlung. Seine fehlenden Arabischkenntnisse habe der Kläger damit begründet, Jeside zu sein, was nun durch ein Sprachgutachten geprüft werden solle.

ArbG Berlin zu Kopftuch: In Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht Berlin über wegen Kopftuchtragens verweigerter Aufnahme in den Schuldienst hat sich eine Klägerin mit dem Land Berlin verglichen. Ein Verhandlungstermin im zweiten Fall stehe noch aus, schreibt die taz-Berlin.

Bausparverträge: Die FAZ (Markus Frühauf) berichtet zu mehreren anhängigen Verfahren über die Zulässigkeit der einseitigen Kündigung von Bausparverträgen. Nachdem ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs im Februar solche Kündigungen bei Verträgen mit einer Zuteilungsreife von zehn Jahren als zulässig bezeichnet hatte, würde nun vor den Landgerichten Karlsruhe, Berlin und Stuttgart über Kündigungen aufgrund vertraglicher Klauseln nach 15 Jahre währender Nichtinanspruchnahme der Darlehen gestritten.

Justiz-Statistik: Die FAZ (Marcus Jung) schreibt über die vom Journalisten Joachim Wagner in der Neuen Juristischen Wochenschrift dargelegte Statistik der Justizverwaltung. Hiernach würden Straf- und Zivilverfahren in Bayern und Baden-Württemberg besonders schnell und damit effizient bearbeitet. Hiergegen fielen die Erledigungsquoten ostdeutscher Gerichte ab.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 27. Juni 2017: Triumph für Trump? / Sogenannter Treter vor Gericht / Herkunftstreit im Asylverfahren . In: Legal Tribune Online, 27.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23262/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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