Die juristische Presseschau vom 27. März 2012: Anfall am Steuer – Unfall in der Kantine – Erbfall und Schulden

27.03.2012

Dreimal hatte ein Epileptiker schon Verkehrsunfälle verursacht, beim vierten Mal gab es Tote. Hätte er es wissen müssen? In Hamburg muss sich der Mann nun vor Gericht verantworten. Außerdem in der Presseschau: ein Urteil zu Unfällen in der Werkskantine, Tipps zum Erbrecht in verschuldeten Familien und ein Streit um die Ausweispflicht von nackten Radfahrern.

Tödlicher Anfall am Steuer: Am Landgericht Hamburg hat der Prozess gegen einen Autofahrer begonnen, der an einer Kreuzung mit hoher Geschwindigkeit in eine Personengruppe raste und dabei vier Menschen tötete, u.a. den Sexualwissenschaftler Günter Amendt und den Schauspieler Dietmar Mues. Das Gericht muss klären, ob der Autofahrer in dieser Situation einen epileptischen Anfall hatte und ob er nach früheren Unfällen mit einem derartigen Unfall rechnen musste. Er ist u.a. wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Die SZ (Ralf Wiegand) und die FAZ (Frank Pergande) schildern den Prozessbeginn.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Verfall von OK-Gewinnen: Der Wissenschaftler Dominik Waszczynski erläutert in einem Beitrag für lto.de die Pläne der EU-Kommission für einen Rahmenbeschluss zur Abschöpfung illegaler Profite der organisierten Kriminalität. Die Pläne entsprächen den in Deutschland bereits bestehenden Regeln für Verfall und erweiterten Verfall. 

Neues Insolvenzrecht: Der Anwalt Sven Scheb beschreibt auf dem Handelsblatt-Rechtsboard die Änderungen des bereits beschlossenen Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG), insbesondere für Insolvenzpläne. Die Umwandlung von Schulden in Eigenkapital (debt-equity-swap) werde erleichtert und die Blockade mit Hilfe von Rechtsmitteln werde erschwert. Dennoch bleibe die übertragende Sanierung eine attraktivere Alternative zum Insolvenzplan.

Weitere Themen – Justiz 

BGH zu Fitnessstudios: Langfristige Verträge mit Fitnessstudios können auch dann aus wichtigem Grund  gekündigt werden, wenn AGBs dies ausschließen oder erschweren. Dies hat laut einer Meldung von lto.de der Bundesgerichtshof beschlossen. So dürfe bei einer Kündigung wegen Krankheit kein Attest verlangt werden. 

LG Limburg zu Brautgaben: Eine türkische Ehefrau muss die vom Schwiegervater erhaltene Brautgabe (Schmuck im Wert von 12.000 Euro) nicht zurückgeben, wenn sie sich schon kurz nach Eheschließung von ihrem Mann trennt. Dies entschied laut spiegel.de das Landgericht Limburg, unter Berufung auf die Rechtsprechung türkischer Obergerichte, die nicht den Werten des Grundgesetzes widerspreche. Die Brautgabe diene der Absicherung der Braut im Falle einer Trennung.

LG Stuttgart verurteilt rechte Gewalttäter: Das Landgericht Stuttgart verurteilte zwei Rechtsradikale zu je zwei Jahren und fünf Monaten Freiheitsstrafe. Sie sollen während eines privaten Festes bei Winterbach Migranten gejagt haben, die in der Nähe feierten, berichtet die taz (Wolf Schmidt). Das Anzünden einer Hütte, in der sich Menschen versteckt hatten, konnte ihnen aber nicht nachgewiesen werden. 

SG Heilbronn zu Arbeitsunfall: Der Aufenthalt in der Werkskantine gehört nicht zur Arbeitszeit und sei nicht von der Unfallversicherung erfasst. Das entschied laut lto.de das Sozialgericht Heilbronn. Es gilt daher nicht als Arbeitsunfall, wenn ein Arbeitnehmer in der Kantine auf verspritzter Salatsauce ausrutscht und sich den Arm bricht. 

SG Aachen zu Berufskrankheit: Die bösartige Veränderung der Kopfhaut kann bei einem Dachdecker, der seit Jahrzehnten in der Sonne arbeitet, als Berufskrankheit anerkannt werden, entschied laut lto.de das Sozialgericht Aachen. Auch wenn eine solche Krankheit bisher nicht im Berufskrankheiten-Katalog erfasst sei, könne sie wegen der klaren Kausalität als "Wie-Berufskrankheit" behandelt werden. 

EuGH zu Gesetzgebungs-Transparenz: Das Handelsblatt (Diana Niedernhöfer) stellt ein EuGH-Urteil aus dem Dezember vor. Danach muss die Bundesregierung nach dem Umweltinformationsgesetz die Materialien eines neuen Umweltgesetzes nach dessen Beschluss auf Nachfrage herausgeben. Dies könne den Einfluss von Lobbyisten begrenzen, vermutet das Handelsblatt. 

LAG Kiel zu Vertragsstrafen: Für den Fall, dass ein leitender Angestellter ohne Einhaltung seiner Kündigungsfrist kündigt, kann eine erhöhte Vertragsstrafe vereinbart werden. Eine entsprechende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein aus dem Februar stellen die Anwälte Alexander Insam und Lars Hinrich in der FTD als Urteil der Woche vor. Dabei seien Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts erstmals auf einen konkreten Fall angewandt worden. 

Deals in der Praxis: Die FTD (Elke Spanner) versucht, einen Überblick über die Praxis von Absprachen in Wirtschaftsstrafprozessen zu geben. 

Unterhaltsrecht in der Praxis: Die SZ (Catrin Gesellensetter) gibt einen Überblick über das seit 2008 geltende neue Unterhaltsrecht und seine gerichtliche Anwendung. Schwerpunkte sind der Betreuungsunterhalt von Müttern und der Ausgleich ehelicher Nachteile. 

Erbrecht: Die Anwälte Hans Flick und Frank Hannes geben in der FAZ Tipps für die Testamentsgestaltung, wenn die potenziellen Erben stark verschuldet sind. 

Weitere Themen – Recht in der Welt

Justiz in Ungarn: Der Wissenschaftler Oliver Daum beschreibt auf lto.de die Kritik der Venedig-Kommission des Europarats an der ungarischen Justizreform. Im Mittelpunkt stünde die machtvolle Position der Präsidentin des Nationalen Richteramtes.

Das Letzte zum Schluss

Nackt ausweisen: Auch ein nackter Radfahrer muss sich auf Verlangen der Polizei ausweisen können. Das stellte das Amtsgericht Karlsruhe in einem Strafprozess fest, bei dem es um eine nachfolgende Prügelei zwischen Radfahrer und Polizist ging. Der Anwalt Sascha Böttner schildert den Vorgang recht knapp in seinem Blog.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. 

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/chr

(Hinweis für Journalisten)  

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 27. März 2012: . In: Legal Tribune Online, 27.03.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5871 (abgerufen am: 06.12.2024 )

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