Die juristische Presseschau vom 26. September 2017: Erin­ne­rungen eines NS-Ermitt­lers / Männ­liche Mutter / Jus­tiz­re­form in Polen

26.09.2017

Recht in der Welt

Polen – Justizreform: Der polnische Präsident Andrzej Duda hat nun eigene Gesetzentwürfe für eine Justizreform im Nachbarland vorgelegt. Die Vorschläge umfassen eine neue Altersgrenze für Richter am Obersten Gericht sowie auch weiterhin eine parlamentarische Ernennung neuer Richter und Landesjustizratsmitglieder, allerdings mit einer verschärften Mehrheitsanforderung. Sollte diese Mehrheit nicht zustande kommen, entscheide der Präsident. Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, habe zugesagt, die Entwürfe sorgfältig prüfen zu lassen, berichten SZ (Florian Hassel) und FAZ (Konrad Schuller/Michael Stabenow). Reinhard Veser (FAZ) kommentiert, dass die Vorschläge "die Gefahr für den Rechtsstaat in Polen" noch nicht gebannt hätten. Auch ohne das vor einigen Monaten eingelegte Veto Dudas hätten juristische Institutionen im Land einen bleibenden Schaden erlitten.

Schweiz – Raser: Wegen "Gefährdung des Lebens" hat ein Schweizer Gericht im Februar einen deutschen Autofahrer in Abwesenheit zu einer Haftstrafe verurteilt. Dem in Stuttgart lebenden Mann wurde vorgeworfen, im Gotthard-Tunnel mit weit überhöhter Geschwindigkeit und waghalsigen Überholmanövern unterwegs gewesen zu sein. Das zuständige Schweizer Bundesamt für Justiz habe nun ein Vollstreckungsersuchen an die Staatsanwaltschaft Stuttgart gerichtet. Über dieses müsse zunächst das Landgericht und schließlich der baden-württembergische Justizminister entscheiden, erläutert der Spiegel (Jan Friedmann/Dietmar Hipp) in seinem Bericht zum Fall.

Türkei – Cumhuriyet: Ein türkisches Gericht hat die Freilassung eines der im Cumhuriyet-Prozess angeklagten Journalisten beschlossen. Bis zu einem Urteil unterliegt der Journalist Kadri Gürsel Auflagen, das Verfahren ist bis zum 31.Oktober vertagt worden. zeit.de berichtet.

USA – Einreiseverbot: Nach dem zeitlichem Ablauf der ursprünglichen Einreiseverbote hat US-Präsident Donald Trump neue Verbote verfügt und die Liste der betroffenen Länder unter anderem um Nordkorea erweitert. Nach Bericht der FAZ (Andreas Ross) wurde die Maßnahme damit begründet, dass die betreffenden Länder Mindestanforderungen an eine Informationsweitergabe nicht erfüllten. Die taz (Bernd Pickert) schreibt, dass unklar sei, wie sich die neuen Regelungen auf das beim Obersten Gericht der USA anhängige Verfahren über die Verfassungsmäßigkeit der Verbote auswirke.

Sonstiges

Paul Kirchhof: Der als "Vater des Rundfunkbeitrags" geltende frühere Verfassungsrichter Paul Kirchhof hat in einem jüngst erstellten Rechtsgutachten zu Transparenzpflichten öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten Stellung genommen. Im Gespräch mit dem Medien-Teil der SZ (Claudia Tieschky) erläutert er die von ihm ermittelten Pflichten, etwa bei der Offenlegung von Gehältern, nicht aber bei den für Sportübertragungen ausgegebenen Beträgen.

Heide Pfarr: In einem ausführlichen Interview mit dem Spiegel (Isabell Hülsen/Ann-Katrin Müller) äußert sich die Rechtsprofessorin und frühere Landesministerin Heide Pfarr (SPD) über die "dürre" frauenpolitische Bilanz der Kanzlerschaft Angela Merkels, mangelndes Interesse von Männern an Gleichstellungspolitik sowie ihre frauenpolitischen Forderungen an die kommende Regierung.

Strafen: In ihrem Literatur und Sachbuch-Teil bespricht die FAZ (Michael Pawlik) "Verurteilen. Der strafende Staat und die Soziologie" aus der Feder des französischen Philosophen Geoffroy de Lagasniere. Der philosophische Gehalt des Traktats sei "recht bescheiden", im Ganzen mache es sich de Lagasniere "bequem", indem er das "strafrechtliche Schuldverständnis wegen seines abstrahierenden Vorgehens von vornherein als illegitim" brandmarke.

Das Letzte zum Schluss

Bürgerpflicht: Die allgegenwärtigen Aufrufe, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen, auf jeden Fall ernst genommen hat ein Mann aus dem brandenburgischen Guben. Nach Meldung der SZ erschien er am vergangenen Sonntag kurz vor Schließung in angeheitertem Zustand in einem Wahllokal, durfte aber nicht abstimmen, weil er keine Dokumente dabeihatte. Aus Ärger darüber, der Räumlichkeit verwiesen worden zu sein, alarmierte er die Polizei. Die traf auch ein und nahm den Störer, der wegen einer Freiheitsstrafe per Haftbefehl gesucht worden war, fest.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/mpi

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 26. September 2017: Erinnerungen eines NS-Ermittlers / Männliche Mutter / Justizreform in Polen . In: Legal Tribune Online, 26.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24703/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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