Die juristische Presseschau vom 26. März 2013: Finanzausgleich vor Gericht - Schadensersatz wegen Streik - Sitzverteilung beim NSU-Prozess

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BGH zur Sittenwidrigkeit der Körperverletzung: Auch die Verabredung zu einer gemeinschaftlichen Prügelei steht einer Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung nicht im Wege. Dies entschied der Bundesgerichtshof in einem jetzt bekanntgegebenen Beschluss vom Februar, über den lto.de berichtet. Die Gefährlichkeit gruppendynamischer Prozesse und die Möglichkeit einer jederzeitigen Eskalation des Geschehens beseitige die Einwilligungsfähigkeit, so die Bundesrichter.
BGH-RichterInnen: Lto.de meldet die Wahl von acht neuen Richtern zum Bundesgerichtshof und stellt die vom Richterwahlausschuss Gewählten kurz vor. Während die Vizepräsidentin des Deutschen Juristinnenbundes noch vor kurzem die geringe Frauenquote beim BGH kritisiert hatte, sind nun sechs der neuen Richterinnen Frauen.
LG Koblenz zu Kindesentführung: Wegen der Entführung eines Säuglings in einer tschechischen Stadt ist ein deutsches Paar vom Landgericht Koblenz zu jeweils viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Die Angeklagten müssen der Mutter des Kindes zudem 5.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Über das Urteil und die teils abenteuerlichen Einlassungen vor Gericht berichtet die FAZ (Lena von Schipper).
ArbG Frankfurt zu Streikhaftung: Das Arbeitsgericht Frankfurt hat eine gegen die Gewerkschaft der Flugsicherung gerichtete Schadensersatzklage zweier Fluggesellschaften und eines Flughafenbetreibers abgewiesen. Es ging um die wirtschaftlichen Folgen eines Ausstands zu Beginn des letzten Jahres, berichtet das Handelsblatt (Jens Koenen) und verweist auf vergleichbare Entscheidungen anderer Arbeitsgerichte. Das Blatt zitiert den mit der Sache befassten Richter, nach dem der Streik weder unverhältnismäßig war noch die Arbeitskampfparität verletzt habe. Die Kläger kündigten derweil an, die Sache notfalls bis zum Bundesarbeitsgericht weiterverfolgen zu wollen. In einem separaten Kommentar verweist Jens Koenen (Handelsblatt) auf die "Sprengkraft" des Falls. Die beklagte Gewerkschaft sei eine "sehr kleine" Arbeitnehmervertretung, eine Schadensersatz gewährende Entscheidung würde sie sehr schnell in eine wirtschaftlich prekäre Situation bringen.
SS-Massaker: Bundespräsident Gauck nahm am Wochenende in Italien an einer Gedenkfeier für die mehr als 500 Opfer eines von Mitgliedern der Waffen-SS 1944 verübten Massakers teil. Über den Kampf eines Überlebenden um dessen strafrechtliche Sühne berichtet die SZ (Roman Deininger). Während in Italien 2005 zehn Angeklagte wegen ihrer Beteiligung in Abwesenheit zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden seien, habe die in Deutschland ermittelnde Staatsanwaltschaft Stuttgart im vergangenen Herbst das Verfahren gegen acht noch lebende Beschuldigte eingestellt, weil der notwendige Nachweis über eine konkrete Beteiligung nicht zu führen sei. Der Überlebende habe gegen die Entscheidung Beschwerde eingelegt und erwäge ein Klageerzwingungsverfahren.
Vier-Augen-Prinzip im Straßenverkehr: Udo Vetter kritisiert im lawblog eine oberlandesgerichtliche Rechtsprechung, nach der bei polizeilichen Lasermessungen im Straßenverkehr das sogenannte Vier-Augen-Prinzip nicht erforderlich sei. Sie bewirke, dass Betroffene, gegen die unter Umständen ein Fahrverbot verhängt werden könne, "fest daran glauben" müssten, dass Messbeamte immer fehlerfrei arbeiten. Gleichzeitig sehe eine Richtlinie in Baden-Württemberg das genannte Prinzip ausdrücklich vor.
Medienvertreter im NSU-Prozess: Nach einem Bericht der taz (Wolf Schmidt) hat das Oberlandesgericht München die Verteilung der auf 50 beschränkten Plätze für Medienvertreter für den am 17. April beginnenden Prozess gegen Beate Zschäpe bekanntgegeben. Das Gericht sei nach eigenen Angaben nach der Reihenfolge eingegangener Antworten auf eine Aufforderungsmail verfahren. Dies habe dazu geführt, dass nun kein einziges türkisches Medium einen sicheren Platz besitze. Hans Holzhaider (SZ) bezeichnet dieses Ergebnis in seinem Kommentar als "Armutszeugnis für die Justiz." Dem Gericht sei es weiterhin möglich, eine Simultan-Übertragung in einen zweiten Saal zu organisieren.
Europäisches Patentgericht: Das Handelsblatt (Catrin Gesellensetter) stellt das Europäische Patentgericht vor, das im kommenden Jahr mit der Einführung des einheitlichen EU-Patents seine Arbeit aufnehmen wird. Hauptsitz der zentralen Kammer werde Paris sein. Das Gericht sei der erste multinationale Spruchkörper, der verbindlich über zivilrechtliche Ansprüche von Privatpersonen entscheiden wird. Während einer Übergangszeit von sieben Jahren könnten Inhaber von Patenten, die nach dem alten Recht beantragt wurden, einen Opt-out und damit die Unterstellung unter die nationale Gerichtsbarkeit erklären.
Die juristische Presseschau vom 26. März 2013: . In: Legal Tribune Online, 26.03.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8409 (abgerufen am: 17.02.2025 )
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