Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, der Bundestag und EU-Justizkommissarin Viviane Reding streiten um das EU-Kaufrecht. Außerdem in der Presseschau Prüfungsrecht und Bestandskraft, Beckstein vor dem Ausschuss, befristete Gutscheine, Berufsfreiheit für Rettungsdienste, markenunfähige Schokohasen, Fatwas – und Satire vs. Urkundenfälschung.
EU-Kaufrecht: Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zeigt sich skeptisch gegenüber dem Vorschlag der EU-Kommission für ein gemeinsames europäisches Kaufrecht. Sie bezweifle den Bedarf für die Regelungen und begrüße die Subsidiaritätsrüge des Bundestages, so die FAZ (Reinhard Müller).
EU-Justizkommissarin Viviane Reding ist laut einem weiteren Artikel der FAZ (Corinna Budras) dagegen fest entschlossen, das gemeinsame Kaufrecht durchzusetzen. Der Artikel fasst auch die deutsche Kritik an dem Vorschlag zusammen. So fehle der EU bereits die Kompetenz zum Erlass der Regelungen und seien die Regelungen zum Verbraucherschutz zu umfangreich.
Weitere Themen – Rechtspolitik
NATO & Parlamentsvorbehalt: Mit der Forderung der NATO, den deutschen Parlamentsvorbehalt für Bundeswehreinsätze zu lockern, setzen sich Manuel Brunner und Robert Frau auf lto.de auseinander. Ihrer Auffassung nach sei dies "mit Bundesverfassungsgericht und Bundestag nicht zu machen".
Weitere Themen – Justiz
Verhinderte Senatvorsitzende (Nachtrag, 14:37): Mit einem Fall missglückter Frauenförderung am Bundesgerichtshof setzt sich heute die SZ (Wolfgang Janisch) auseinander. Dessen Präsident Klaus Tolksdorf wollte gerne die Richtern Karin Milger zur neuen Vorsitzenden des BGH-Familiensenats machen. Verhindert worden sei dies nun seinerseits von drei Frauen, die dem auf der Vorschlagsliste hinter Milger platzierten Hans-Joachim Dose den Vorzug gegeben haben - Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), der vorigen Senatsvorsitzenden und Förderin Doses, Meo-Micaela Hahne, und der Justizstaatssekretärin Birgit Grundmann. Am Bundesgerichtshof gebe es momentan nur eine weibliche Vorsitzende.
Prüfungsrecht: Die Bewertung von Examensklausuren ist nicht der Bestandskraft fähig. Diese seien nur "unselbständige Grundlage" des abschließenden Prüfungsbescheids, hat das Bundesverwaltungsgericht auf die Klage einer Jurastudentin entschieden, die auf ihren Widerspruch hin zunächst nur die Examenshausarbeit wiederholte und nach erneutem Nichtbestehen gegen die gesamte Examensbewertung vor Gericht zog. Überrascht von dem "Paukenschlag aus Leipzig" zeigt sich der auf Prüfungsrecht spezialisierte Rechtsanwalt Wolfgang Zimmerling auf lto.de. Damit sei das Bundesverwaltungsgericht von der bisher einhelligen Rechtsprechung der unteren Instanzen abgewichen, die "dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Prüfungsrecht eine hohe Bedeutung beimessen".
Werbe-Abschöpfung: Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass eine landesmedienrechtliche Regelung zulässig ist, die das Abschöpfen von Werbeeinnahmen vorsieht, die durch eine Sendung mit rechtswidrigen Inhalten erzielt wurden. Marc Liesching berichtet auf blog.beck.de und hegt Zweifel daran, dass einer solchen Norm kein Sanktionscharakter zukommen solle – was sie zu kompetenzwidrig erlassenem Strafrecht machen würde.
NPD-Parteitag: Das sächsische Oberverwaltungsgericht verwehrt der NPD die Nutzung der Sporthalle der Stadt Schwarzenberg für ihren Bundesparteitag. Die Partei habe die Halle zur Durchführung eines Landes-, nicht aber eines Bundesparteitags gemietet. Bundesparteitage hätten in der Halle aber noch nicht stattgefunden. spiegel.de berichtet knapp.
NSU-Untersuchungsausschuss: Mit dem bayerischen Ex-Innenminister Beckstein wurde gestern der erste hochrangige Politiker vom NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages vernommen. Er bemängelte vor allem die schlechte Zusammenarbeit zwischen Polizei und Verfassungsschutz, so die FAZ (Peter Carstens).
Reinhard Müller (FAZ) gibt im Hinblick auf das Trennungsgebot zwischen Geheimdiensten und Polizei zu bedenken, dass die Einräumung neuer Befugnisse wohl überlegt sein müsse – weil diese nicht mehr rückgängig gemacht würden, seien sie erst einmal eingeführt.
Private Rettungsdienste: Der bayerische Verfassungsgerichtshof hat ein Landesgesetz für verfassungswidrig erklärt, das die öffentliche Beauftragung privater Rettungsdienste nur dann zuließ, wenn große Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz den Auftrag nicht übernehmen konnten. Es verstoße gegen die Berufsfreiheit, private Anbieter zu benachteiligen, so die FAZ (Albert Schäffer).
Whistleblowerin: Der langjährige Rechtsstreit zwischen dem Pflegeheimbetreiber Vivantes und einer Altenpflegerin, die auf Missstände aufmerksam gemacht hatte und der daraufhin gekündigt worden war, ist vor dem Landesarbeitsgericht Berlin mit einem Vergleich und einer Abfindung zu Ende gegangen. Das Verfahren hatte zwischenzeitlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beschäftigt. taz.de (Sebastian Erb) berichtet.
Terrorhelfer: Der Autobauer Daimler muss einen als Al-Qaida-Unterstützer verurteilten ehemaligen Mitarbeiter nicht wieder einstellen, obwohl das Unternehmen dem Mann vor Bekanntwerden seiner Kontakte eine Wiedereinstellung in Aussicht gestellt hatte. Über den vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg geschlossenen Vergleich berichtet die FAZ (Susanne Preuß).
Chefarzt-Kündigung: Die Kündigung des Chefarztes der Bremer Kinderklinik wegen Hygienemängeln auf der Frühchen-Station ist unwirksam. Dem Arbeitgeber hätten mildere Mittel als eine Beendigungskündigung zur Verfügung gestanden, so das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven laut blog.beck.de (Markus Stoffels).
Gutscheine: Über ein Urteil des Amtsgerichts Köln zur Befristung von Gutscheinen berichtet lawblog.de (Udo Vetter). Danach sei eine Befristung auf ein Jahr jedenfalls zu kurz und verstoße gegen die Regelungen für Allgemeine Geschäftsbedingungen.
Insolvenzverschleppung: Eine mangelhafte Buchführung kann einen wegen Insolvenzverschleppung in Anspruch genommenen Geschäftsführer nicht entlasten, auch wenn die Beweislast für den Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit eigentlich den Gläubiger trifft. Eine entsprechende Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Januar bespricht nun der Rechtsanwalt Horst Grätz auf dem Handelsblatt-Rechtsboard.
VG Wort-Prozess: Die SZ (Willi Winkler) veröffentlicht heute im Feuilleton ein Interview mit dem Patentrichter Martin Vogel über dessen Prozess gegen die Verwertungsgesellschaft Wort, die in seinen Augen Tantiemen, die eigentlich den Autoren zustünden, zu Unrecht an Verlage ausschüttet.
EnBW-Kauf: Nach einem Bericht des Handelsblatts (iw) verlangt das Land Baden-Württemberg im Schiedsprozess um den Kauf von EnBW-Anteilen nun zwei Milliarden Euro vom französischen Energiekonzern EdF. Dies sei ein Vielfaches dessen, was bislang erwartet worden war. Der zu niedrige Aktien-Kaufpreis habe eine europarechtswidrige Beihilfe zugunsten der EdF dargestellt.
Mastercard: Das Kreditkartenunternehmen Mastercard hat vor dem Gericht der Europäischen Union einen Prozess wegen überhöhter Kreditkartengebühren verloren. Das Gericht habe damit eine Entscheidung der EU-Kommission bestätigt, das Unternehmen wolle in Berufung gehen, so die FAZ (Caroline Freisfeld). Auch spiegel.de berichtet.
Schokohasen: Die Schokoladenhasen des schweizer Herstellers Lindt genießen keinen Markenschutz – auch wenn sie eine rote Schleife tragen. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden, berichtet die FAZ (Corinna Budras).
Weitere Themen – Recht in der Welt
Bankmanager verurteilt: Wolfgang Kulterer, Ex-Chef der österreichischen Bank Hypo Alpe Adria, ist vom Landgericht Klagenfurt wegen Veruntreuung von Bankvermögen zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, berichtet die SZ (Klaus Ott). Auch seine drei Mitangeklagten müssen ins Gefängnis. Das Urteil sei auch für die bayerische Landesbank BayernLB interessant – diese habe beim Kauf der Hypo 3,7 Milliarden Euro verloren.
Unflätiger Industrieminister: In seiner ersten Amtswoche ist der französische Energieminister Arnaud Montebourg wegen Beleidigung verurteilt worden. 2011 hatte er die Pleite-Chefs des Fährunternehmens Seafrance als "Betrüger" beschimpft. Die FTD (Leo Klimm) bringt ein Porträt des Ministers.
Facebook-Börsenstart: Die FTD (Christian Kirchner) erläutert die Rechtsvorschrift des US-Wertpapiergesetzes, auf die sich nun die Klagen rund um den Facebook-Börsengang stützen. Danach dürften Unternehmen vor dem ersten Handelstag "keinerlei werbliche Aussagen über das Unternehmen machen, die über die Inhalte des Börsenprospekts hinausgehen".
Ungarisches Medienrecht: Ungarn entschärft sein wegen massiver Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit umstrittenes Mediengesetz. zeit.de berichtet.
Sonstiges
Fatwas: Mit dem Zustandekommen und der Verbindlichkeit von Fatwas, islamischen Rechtsgutachten, setzt sich angesichts der gegen den in Deutschland lebenden Rap-Musiker Shahin Najafi ergangenen Fatwa die SZ (Rudolph Chimelli) auseinander.
Identität des Öffentlichen Rechts: Den Vortrag Dieter Grimms zur Identität des Öffentlichen Rechts gibt es jetzt auch zum Anhören. Den Link bietet verfassungsblog.de (Alexandra Kemmerer).
Das Letzte zum Schluss
Satire-Urkunde: Ob die Verteilung einer satirischen Gewinnspiel-Postkarte eine Urkundenfälschung darstellen kann, hat das Landgericht Regensburg jüngst nicht entschieden – sondern das Verfahren gegen die Zahlung einer Auflage eingestellt. Mit dem Zusammenhang von Satire und Urkundenfälschung setzt sich dennoch auseinander Henning Ernst Müller auf blog.beck.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/thd
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 25. Mai 2012: . In: Legal Tribune Online, 25.05.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6270 (abgerufen am: 30.11.2024 )
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