Die religiös motivierte Beschneidung von Jungen in Deutschland wird kontrovers diskutiert, nun zeichnet sich erstmals ein Kompromiss ab. Außerdem in der Presseschau: Das Karlsruher Urteil zu den Versandapotheken sorgt weiter für Wirbel, NRW geht gegen rechtsextremistische Kameradschaften vor und die Sachbeschädigung durch einen Haufen Gülle landet möglicherweise vor Gericht.
Beschneidung: Der Deutsche Ethikrat hält die Beschneidung minderjähriger Jungen aus religiösen Gründen wohl für zulässig. Das Gremium steuere auf eine Empfehlung zu, Beschneidungen in Deutschland per Gesetz und unter Auflagen zuzulassen. Erforderlich sei die Einwilligung beider Elternteile, deren intensive Aufklärung über Risiken, die fachgerechte medizinische Durchführung unter Betäubung, informiert die FR (Markus Decker/Thomas Kröter). Von der öffentlichen Sitzung des Ethikrates berichten auch die taz (E. Gamperl/R. Sartorius) und spiegel.de.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Steuerabkommen: Wie die FAZ (Reiner Burger/Jürgen Dunsch) berichtet, will die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz im Bundesrat zu Fall bringen. Im Gespräch mit dem Handelsblatt erläutert der NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans, wieso er das Steuerabkommen ablehnt und den Kauf von Steuer-CDs für sinnvoll hält.
Offshore-Umlage: Verbraucher-, Wirtschafts- und Umweltministerium haben einen Kompromiss zur Haftung für Verspätungen bei der Netzanbindung von Windparks auf See ausgehandelt. Danach sollen nun auch die Netzbetreiber teilweise in die Haftung genommen werden, berichtet die taz (Hannes Koch). Wie die FAZ (Andreas Mihm/Jan Grossarth) meldet, sollen die Netzbetreiber für Sach- und Vermögensschäden jeweils mit bis zu 100 Millionen Euro haften.
Weitere Themen - Justiz
Apothekenstreit: Der Europäische Verband der Versandapotheken will sich auch nach dem Urteil des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe nicht geschlagen geben und bei der EU-Kommission in Brüssel Beschwerde einreichen, meldet die FTD (Christiane von Hardenberg). Wolfgang Janisch (SZ) kommentiert, der Gemeinsame Senat habe eine "kluge Entscheidung" zum Erhalt eines Systems gefällt, das auf umfassende Versorgung angelegt sei. Die Botschaft der Richter sei im Grunde einfach: "Im Wettbewerb muss gleiches Recht für alle gelten." Skeptischer zeigt sich der FTD-Leitartikel. Die Preisbindung sei eine Besitzstandswahrung für Apotheker und schütze diese. Besser sei eine Preisobergrenze, die "nach unten" für mehr Wettbewerb sorge.
BAG zu AGG-Entschädigung: Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) setzt ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nicht voraus, dass der Arbeitgeber einen anderen neuen Mitarbeiter eingestellt hat. Der Kläger war mutmaßlich wegen seines Alters nicht zu einem Vorstellungsgespräch geladen worden. Das meldet lto.de.
BAG zu Massenentlassungsanzeige: Rechtsanwalt Klaus Heeke stellt auf dem Handelsblatt-Rechtsboard ein kürzlich veröffentlichtes Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Wirksamkeit von Massenentlassungsanzeigen vor. Ein bestandskräftiger Bescheid der Bundesagentur für Arbeit heile nicht die Fehler des Arbeitsgebers bei Erstattung der nach § 17 Kündigungsschutzgesetz erforderlichen Massenentlassungsanzeige.
BGH – Schleichwerbung: Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) hat dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob das Trennungsgebot der deutschen Landespressegesetze unionsrechtlich zulässig ist. Der Anwalt Markus Ruttig berichtet ausführlich auf lto.de.
VG Frankfurt a.M. zu Besoldungsrecht: Das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt am Main sieht in den für Richter und Beamte geltenden Besoldungsregeln einen Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung, das berichtet die FAZ (Corinna Budras). Die Höhe der Besoldung dürfe sich nicht ausschließlich oder auch nur mittelbar am Alter orientieren. In einem solchen Fall erfolge dann eine Anpassung "nach oben", wonach die jeweils höchste Besoldungsstufe zu zahlen sei.
VGH Baden-Württemberg zur Kampfhundesteuer: Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hält die erhöhte Besteuerung von Kampfhunden für zulässig, berichtet lto.de. Die Kampfhundesteuer sei kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz und schlage auch nicht in ein Verbot der Kampfhundehaltung um, so die Richter.
StA Hannover - Bizarrer Nachbarschaftsstreit: lawblog. de (Udo Vetter) schildert einen Fall, der kürzlich die Staatsanwaltschaft (StA) in Hannover beschäftigte. Eine Nachbarschaftsinitiative wollte gegen Alkoholexzesse und Drogengeschäfte vorgehen und drehte ein mit Hilfe der öffentlichen Hand finanziertes Video. Empörte Anwohner und der Bezirksbürgermeister mutmaßten strafbare Gewaltverherrlichung gemäß § 131 Strafgesetzbuch - der zuständige Staatsanwalt sah das anders: Eine strafrechtliche Relevanz des dargestellten Geschehens sei "unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt erkennbar".
Verfassungsbeschwerde gegen Schulfinanzierung: Zehn Privatschulen in Brandenburg haben am Donnerstag Verfassungsbeschwerde gegen die Schulfinanzierung des Landes eingereicht. Die Kürzungen bei den Privatschulen verstießen nach Ansicht der Kläger gegen den Gleichheitsgrundsatz, heißt es in einer knappen Meldung der FAZ (Mechthild Küpper).
NRW – Rechtsextremismus: Am Donnerstag hat das nordrhein-westfälische Innenministerium drei Neonazi-Kameradschaften verboten und die bisher umfangreichste Razzia gegen Rechtsextreme durchgeführt, berichtet die taz (Pascal Beucker). Andreas Wyputta (taz) begrüßt die Verbote und kommentiert, die "harte Linie" des NRW-Innenministers Jäger sei längst überfällig gewesen: "Wegschauen bestärkt die Neonazis". Jasper von Altenbockum (FAZ) ist skeptisch, ob die Aktion für ein neuerliches NPD-Verbotsverfahren von Wert sein könne. Zumindest habe sie gezeigt, dass sich "der Giftpilz des organisierten Rechtsextremismus nicht nur in Ostdeutschland, sondern auch in Westdeutschland" ausgebreitet habe.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Norwegen - Breivik: Heute wird in Norwegen das Urteil gegen den Attentäter Anders Breivik verkündet, berichtet spiegel.de (Gerald Traufetter). Entscheidend sei die Frage, ob Breivik als schuldfähig gelte oder für unzurechnungsfähig erklärt und in die Psychiatrie eingewiesen werde. In einer ausführlichen Reportage bilanziert die taz (Per Anders Hoel) den Prozessverlauf. Rechtsprofessor Arthur Kreuzer beschäftigt sich auf zeit.de mit der Frage, wie man in Deutschland mit Breivik umgehen würde. Das Handelsblatt (Helmut Steuer) bringt anlässlich der Urteilsverkündung ein kurzes Portrait der Richterin.
USA – unschuldig in Todeszelle: Die FR (Hinnerk Berlekamp) schildert ausführlich den Fall des US-Amerikaners Harold Wilson, der nach fast 16 Jahren in der Todeszelle freigesprochen wurde. Ein DNA-Test habe zweifelsfrei seine Unschuld bewiesen.
Das Letzte zum Schluss
Sachbeschädigung durch Gülle: Wie die SZ knapp meldet, hat ein aufgebrachter Landwirt etwa 30 jugendliche Partygäste mit einer ordentlichen Ladung Gülle von seinem Acker vertrieben. Autos, Zelte und persönliche Gegenstände seien mit dem Öko-Dünger bespritzt worden - einige Feiernde stellten daraufhin Anzeige wegen Sachbeschädigung.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/lp
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 24. August 2012: . In: Legal Tribune Online, 24.08.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6918 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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