Gefährden betrunkene Radfahrer vor allem sich selbst oder auch andere Verkehrsteilnehmer? An diesem Freitag sind sie Thema der Innenministerkonferenz. Außerdem in der heutigen Presseschau: Das BSG zu Kinderbetten, das OLG Düsseldorf zu Leihmutterschaft, das Grundgesetz als open data-Projekt und warum Spülmittelwerbung bei der Physik nicht flunkern darf.
Betrunkene Radfahrer: An diesem Freitag beraten die Innenminister von Bund und Ländern, ob sie die Einführung gesetzlicher Alkohol-Grenzwerte für Radfahrer vorschlagen. Rechtsprofessor Dieter Müller stellt auf lto.de die bisher geltenden gesetzlichen und gerichtlichen Alkohol-Grenzwerte für Auto- und Radfahrer dar. Er fordert eine Angleichung der Radfahrer-Werte an die der Autofahrer. Außerdem solle es verboten werden, bekifft Rad zu fahren.
Richard Rother (taz) diskutiert das Problem der Alkoholgrenzwerte für Radfahrer sukzessive aus der Sicht von Autofahrern, Radfahrern und Fußgängern. Er kommt zum Schluss, dass letztlich ein Alkoholgrenzwert für alle Verkehrsteilnehmer konsequent wäre. Da dann aber jeder für sich allein zu Hause trinken müsste, warnt er: "Wehret den Anfängen".
Weitere Themen – Rechtspolitik
Reform der Sicherheitsbehörden: Am Rande der Innenministerkonferenz hat die Bund-Länder-Kommission "Rechtsterrorismus" ihren Abschlussbericht vorgelegt. Gefordert wird eine verbesserte Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden, eine verwaltungsinterne Kontrolle des Verfassungsschutzes, erleichterte Einstellungen von Strafermittlungen gegen V-Leute und eine Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft bei Taten ohne Staatsschutz-Hintergrund. Die Badische Zeitung (Christian Rath) stellt die Vorschläge dar. Auch spiegel.de berichtet.
Verbot von DDR-Symbolen: Richard Herzinger (Die Welt) unterstützt in einem ausführlichen Essay die Forderung, Symbole der DDR zu verbieten. Die DDR werde sonst immer mehr als skurriles Kuriosum gesehen statt als "bösartige totalitäre Diktatur"
NPD-Verbot: zeit.de (Tilman Steffen) stellt einen vertraulichen Sachstandsbericht der Länderarbeitsgruppe zur Vorbereitungen eines NPD-Verbotsantrags vor. Danach könne ein Antrag wohl erst Ende des Jahres gestellt werden. Auch müssten weitere Belege für die Gefährlichkeit der NPD beschafft werden.
Weitere Themen - Justiz
BSG zu Kinderbetten und Hartz IV: Ein Kinderbett muss nicht aus dem Hartz IV-Regelsatz bezahlt werden. Das entschied jetzt das Bundessozialgericht. Wenn ein Kind aus einem Gitterbett herausgewachsen sei, hätten die Eltern Anspruch auf ein größeres Bett als neue Erstausstattung. Das Sozialamt hatte argumentiert: "Bett ist Bett". Es berichten die FAZ (Helene Bubrowski) und spiegel.de.
OLG Düsseldorf zu Leihmutterschaft: Das deutsche Verbot der Leihmutterschaft verhindert nicht, dass ein deutscher Mann in Deutschland die Vaterschaft für das in Indien von einer Leihmutter ausgetragene Kind übernimmt. Das entschied laut spiegel.de das Oberlandesgericht Düsseldorf. Es vertraute auf Urkunden, wonach die Leihmutter ledig war, sonst wäre der Ehemann rechtlicher Vater des Kindes geworden. Daniel Deckers (FAZ) kommentiert: dies sei das "deutsche juristische Gütesiegel" für eine "florierende Leihmutterindustrie".
LAG Frankfurt zur Beschäftigten-Haftung: Wenn ein scheinselbständiger Handwerker grob fahrlässig einen Schaden in seinem Betrieb verursacht, muss er nur soviel Schadensersatz bezahlen, wie es seiner Leistungsfähigkeit entspricht. Das entschied laut blog.beck.de (Markus Stoffels) das hessische Landesarbeitsgericht. Es übertrug dabei die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung auf den Handwerker, der praktisch wie ein Arbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert war. Konkret ging es um einen Schlosser, der bei Schweißarbeiten das Gebäude eines Milchwerks in Flammen setzte.
BVerfG – EZB: Die FAZ (Stefan Ruhkamp) gibt vor der mündlichen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts über das Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank am 11. Juni einen Überblick über die Rechtsfragen. Der Autor rechnet nicht damit, dass Karlsruhe das Verfahren dem Europäischen Gerichtshof vorlegt,
BVerfG – Bestandsdatenauskunft: internet-law.de (Hanna Sammüller-Gradl) prüft, ob die geplante Sammelverfassungsbeschwerde gegen die Neuregelung der Bestandsdatenauskunft zulässig ist oder ob erst der Rechtsweg gegen Vollzugsakte erschöpft werden müsste. Die Autorin vermutet, dass wegen der Heimlichkeit der Datenauskunft das Beschreiten des Rechtswegs als unzumutbar eingestuft wird.
BVerfG – Funkzellenabfrage: Zwei sächsische Landtagsabgeordnete der Linkspartei haben gegen die großflächige Funkzellenabfrage bei einer Dresdner Demonstration im Jahr 2011 Verfassungsbeschwerde eingelegt, berichtet die taz (Michael Bartsch). Die Überwachung von zehntausenden Handy-Besitzern sei völlig unverhältnismäßig gewesen.
Anwalt Georg F. Thoma: Die FAZ (Joachim Jahn) berichtet, dass der Anwalt Georg F. Thoma von der internationalen Sozietät Sherman & Sterling in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank nachrücken soll. Allerdings implodiere gerade seine Anwaltsfabrik. Außerdem sähen die Anwälte der Leo Kirch-Erben Interessenskollisionen mit verschiedenen von Thomas bisherigen Mandaten.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Frankreich –Christine Lagarde: Am gestrigen Donnerstag musste IWF-Chefin Christine Lagarde in Paris vor dem Gerichtshof der Republik aussagen. Der Gerichtshof muss entscheiden, ob gegen Lagarde ein Ermittlungsverfahren wegen Unterschlagung öffentlicher Gelder eingeleitet wird. Sie hatte in einem Schiedsgerichtsverfahren dafür gesorgt, dass der Unternehmer Bernhard Tapie 400 Millionen Euro aus der Staatskasse erhielt. Die Hintergründe werden ausführlich dargestellt bei spiegel.de (Stefan Simons). Die Vernehmung wird an diesem Freitag fortgesetzt.
Sonstiges
Entwicklung des Grundgesetzes: Der Chaos Computer Club hat zum 64. Geburtstag der deutschen Verfassung ein open data-Projekt vorgestellt. Darin werden alle Änderungen des Grundgesetzes in Grafiken, Texten und Zeitleisten dargestellt. netzpolitik.org (Nicolas Fennen) berichtet.
Der Sinn von Verfassungen: Max Steinbeis (Verfassungsblog) stellt anlässlich einer Veranstaltung in Berlin die Verfassungstheorie des Soziologen Chris Thornhill vor. Danach würden Staaten durch Verfassungen, die Rechte gewähren, von politisch Konflikten entlastet. Steinbeis glaubt, dass auch transnationale Verfassungen so den Nationalstaat stabilisieren können, was bei der Veranstaltung aber umstritten blieb.
Facebook und Hartz IV: Jobcenter dürfen ihren Kunden nicht in sozialen Netzwerken hinterher spionieren, zum Beispiel indem sie sich unter falscher Identität als "Freunde" registrieren lassen. Darauf wies der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar auf bild.de (Dirk Hoeren) hin. Nur bei einem konkreten Betrugsverdacht dürften Jobcenter Daten in sozialen Netzwerken erheben.
Quizshow mit falscher Frage: Der Anwalt Wolfgang Kuntz beschäftigt sich auf lto.de mit der Quizshow "Wer wird Millionär". Bei der Ausgabe Anfang Mai war eine rechtshistorische Frage gestellt worden, bei der keine der vier angebotenen Antworten richtig war. Der Kandidat habe daher einen Anspruch, weiterraten zu dürfen. Haftungsfreistellungen in den zugrundeliegenden Verträgen könnten hier nicht greifen.
Das Letzte zum Schluss
OLG Köln zu Spülmittel-Werbung: Das Oberlandesgericht Köln hat Mitte April die Werbung für ein Spülmittel als irreführend verboten, wie der Kanzlei-Blog lhr-law.de (Janina Ruland) berichtet. In einem Fernsehspot wurde angeblich eine besonders hohe "Fettlösekraft" des beworbenen Spülmittels demonstriert. Tatsächlich zeigte der Fernsehspot aber nur, wie im Spülwasser eine Strömung entsteht, wenn es im Spülbecken Bereiche mit unterschiedlich hoher Oberflächenspannung gibt.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 24. Mai 2013: Betrunkene Radfahrer – Kinderbetten und Hartz IV – Gütesiegel für Leihmutterschaft . In: Legal Tribune Online, 24.05.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8795/ (abgerufen am: 29.03.2024 )
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