Die juristische Presseschau vom 23. September 2016: Teure Böller / Eini­gung zu Erb­schaft­steuer / BVerwG zu Glau­bens­ge­mein­schaft

23.09.2016

Justiz

BVerwG zu Mitgliedschaft in Glaubensgemeinschaft: Wer im Anmeldeformular einer Meldebehörde unter Religion "mosaisch" einträgt, gibt damit zu verstehen, der örtlichen jüdischen Gemeinde beitreten zu wollen – auch wenn letzteres gerade beabsichtigt wurde. Dies ist das Ergebnis eines nun vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen, seit mehr als einem Jahrzehnt währenden Rechtsstreits, dessen Hintergründe lto.de (Constantin van Lijnden) erläutert. Bereits 2010 hatten die Verwaltungsrichter eine gegenteilige Entscheidung getroffen. Sie hätten nun aber "zähneknirschend" wegen der Bindungswirkung eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr anders entscheiden können. Auch Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) widmet sich der Entscheidung, die eine "der sonderbarsten religionsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten seit langem vorläufig beendet". Dem "kaum verholenden Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung des klagenden Ehepaars, als nächstes ihr Glück beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu versuchen", stehe die "bemerkenswerte Beharrungskraft" des BVerfG entgegen, dass sich dem Trend widersetze, Religionsfreiheit nur mehr auf ein individuelles Recht zu reduzieren. Über diesem Verständnis gerate deren Dimension, "gerade als Gemeinschaft autonom existieren zu können", aus dem Blick.

OLG München – NSU: Im NSU-Verfahren am Oberlandesgericht München referierte ein Rechtsmediziner zum möglichen Alkoholisierungsgrad der Hauptangeklagten während der von ihr eingeräumten Brandlegung der Zwickauer Wohnung. Zschäpes Bemühungen, sich mit steigerndem Alkoholkonsum zu verteidigen, sind dabei im Resümee von spiegel.de (Gisela Friedrichsen) "offensichtlich gescheitert". Denn habe der Experte bei ihr "keine relevanten Einschränkungen der psychischen und kognitiven Leistungsfähigkeit" ausmachen können.

LG Krefeld zu Audi-Rücktritt: Auch Audi-Dieselmotoren enthielten manipulierte Software zur Verschleierung des tatsächlichen Schadstoffausstoßes. Dem Hbl (Volker Votsmeier) liegen die Entscheidungsgründe von zwei aktuellen Urteilen des Landgerichts Krefeld vor, nach denen Käufer deshalb wirksam vom Kauf zurücktreten können. Die vom VW-Mutterkonzern angebotene Nachrüstung sei den erfolgreichen Klägern nach den Entscheidungen nicht zuzumuten.

LG Frankfurt/M. - S&K: Dem mittlerweile ein knappes Jahr andauernden Strafprozess gegen Manager der Immobiliengruppe S&K vor dem Landgericht Frankfurt/M. widmet das Hbl (Katharina Schneider) eine große Reportage. Nach 74 Verhandlungstage beginne man erst mit der Beweisaufnahme. Die sechs Angeklagten verfolgten unterschiedliche, von Schweigen zu akribischen Erklärungen reichende Verteidigungsstrategien.

LG Stuttgart zu Kunstfälschung: In seinem Kunstmarkt-Teil berichtet das Hbl (Christiane Fricke) zu einem noch nicht rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Stuttgart. Vor drei Wochen wurde dort entschieden, dass ein Auktionshaus dem Erwerber eines vermeintlichen Cranach-Bildes den Kaufpreis zurückerstatten muss, obwohl die strafrechtliche Verjährungsfrist für Betrug bereits abgelaufen sei. Bereits vor der Versteigerung existierende Hinweise auf eine Fälschung seien unterdrückt worden.

LG München I – Terrorhilfe: Zu dem am heutigen Freitag am Landgericht München I beginnenden Prozess gegen Vlatko V. berichtet die Welt (Florian Flade). Der wegen Verstoß gegen das Waffenkontrollgesetz und Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat angeklagte Montenegriner war im vergangenen November eine Woche vor den Anschlägen vor Paris an einer bayerischen Autobahn angehalten worden. In seinem Auto fanden sind zahlreiche Waffen und Sprengstoff. Ob tatsächlich ein Zusammenhang zu den Anschlägen von Paris bestehe, sei nach der bekannten Beweislage fraglich.

LG Augsburg zu Prinz von Anhalt: Wegen Steuerhinterziehung hat das Landgericht Augsburg Marcus Prinz von Anhalt zu drei Jahren Haft verurteilt. Die Verurteilung fällt damit geringer aus als noch im Januar 2015, berichtet die FAZ (Karin Truscheit). Das Gericht habe anerkannt, dass die geschäftlichen Aktivitäten des Prinzen "angemessene branchentypische Fahrzeuge" erforderten und zwei Porsches daher tatsächlich als Geschäftswagen steuerlich absetzbar seien.

StA Oldenburg – Polizeigewalt: spiegel.de (Ansgar Siemens) berichtet zu einem bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg gestellten Strafantrag gegen Behördenmitarbeiter wegen Strafvereitelung im Amt. Durch den Antrag wolle der Bruder eines durch Polizeischüsse Getöteten bislang unterbliebene Ermittlungen in Gang setzen. Unmittelbar nach der Tat waren diese wegen vermeintlicher Nothilfe eingestellt worden. Erst in einem nachfolgenden Zivilverfahren hätten sich Widersprüche in den Aussagen der beteiligten Polizisten ergeben.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 23. September 2016: Teure Böller / Einigung zu Erbschaftsteuer / BVerwG zu Glaubensgemeinschaft . In: Legal Tribune Online, 23.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20557/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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