Die juristische Presseschau vom 23. Mai 2017: Leip­ziger Dialog / Gewalttat von Hameln / Amri-Aus­schuss in Berlin

23.05.2017

In Leipzig sprechen Verwaltungsrichter miteinander über das Prozessrecht. Außerdem in der Presseschau: prominente Kritik am NetzDG, Gewalttat von Hameln wird in Hannover verhandelt, U-Ausschuss Amri auch in Berlin und Hamburger Torjubel.

 

 

Thema des Tages

Leipziger Dialog: 350 Verwaltungsrichter aller Instanzen fanden sich am Sitz des Bundesverwaltungsgerichts zum "Leipziger Dialog" zusammen. Die hierbei behandelten Themen werden in einem von lto.de (Tanja Podolski) geführten ausführlichen Interview mit dem Richter am Bundesverwaltungsgericht Robert Seegmüller vorgestellt. Das Forum solle den Austausch zwischen den Instanzen fördern, so der Vorsitzende des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen. Dies sei nötig, weil zahlreiche Fallgestaltungen ihren Weg nicht mehr im regulären Instanzenzug zum Bundesverwaltungsgericht fänden. Weitere Themen betrafen grundsätzliche prozessrechtliche Probleme wie das gelockerte Erfordernis des subjektiven Rechtsschutzes, den Regelungsgehalt von Entscheidungen über Untätigkeitsklagen. Daneben äußert sich Seegmüller zur Qualität von Bescheiden des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, die Belastung der Verwaltungsgerichte durch Asylverfahren und zur Möglichkeit asylrechtlicher Leitentscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts.

Rechtspolitik

NetzDG: In einem Gastkommentar für das Hbl bezeichnet die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) das geplante Netzwerkdurchsetzungsgesetz als "schlechtes Gesetz". Ähnlich wie bei den weiland geplanten Netzsperren solle kurz vor einem Wahlkampf "Tatendrang demonstriert werden in einem Bereich, der rechtlich komplizierter kaum sein könnte". Die ohnehin schwierige Frage, wie weit Meinungsfreiheit reiche, werde nach dem Entwurf Richtern entzogen und "Callcenter-Agenten" überantwortet. Im Verbund mit fehlender zivilgesellschaftlicher Beteiligung befördere der Entwurf so Politikverdrossenheit. Jan Figel, ehemaliger EU-Kommissar für Jugend, Bildung und Kultur, nennt in einem Gastbeitrag für die FAZ das Vorhaben einen "gefährlichen Rückschritt" und "beispiellosen Eingriff in die Meinungsfreiheit". Geltendes Recht könne "selbstverständlich auch auf Online-Plattformen angewandt werden".

Online-Durchsuchung: Die in der vergangenen Woche bekannt gewordenen Pläne zur Ausweitung sogenannter Online-Durchsuchungen sind nun auch Thema eines vertieften Beitrags von Richter Ulf Buermeyer auf lto.de. Selbst angesichts der 2008 vom Bundesverfassungsgericht vorgenommenen Differenzierung zwischen Online-Durchsuchungen und Quellen-TKÜ seien die Vorschläge verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Es stehe zu vermuten, dass die Regierungskoalition nunmehr "Trojaner zum gängigen Mittel der Strafverfolgung" machen wolle.

BDSG: In einem Gastbeitrag für netzpolitik.org behauptet Thilo Weichert, dass die im neuen Bundesdatenschutzgesetz jüngst beschlossene, ab dem 25. August geltende Einschränkung der Kontrollbefugnis von Datenschutzaufsichtsbehörden bei Berufsgeheimnisträgern europarechts- und verfassungswidrig sei. Die Kontrolleinschränkung sei "ein Resultat der Tätigkeit der Anwaltslobby" und öffne Datenschutzverstößen in diesem Bereich künftig Tür und Tor, so der ehemalige Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 23. Mai 2017: Leipziger Dialog / Gewalttat von Hameln / Amri-Ausschuss in Berlin . In: Legal Tribune Online, 23.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22946/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen