Die juristische Presseschau vom 22. März 2012: Weiter mit dem NPD-Verbot – Bombengeschäft der Deutschen Bank – Brüssel widersprüchlich

22.03.2012

Heute geht es weiter mit der Diskussion der Innenminister über ein NPD-Verbotsverfahren. Die Medien liefern "Checklisten", damit es nicht schiefgeht. Außerdem in der Presseschau: Die Tragikomödie um die Vorratsdatenspeicherung wird mit Hilfe aus Brüssel weiter gespielt, darf die Deutsche Bank Streubomben finanzieren?, Legal Success und für welchen Harry Potter-Star es sich ausgezaubert hat.

NPD-Verbot: Innenminister von Bund und Ländern sprechen heute erneut über einen möglichen NPD-Verbotsantrag. Dies nimmt die taz (Sebastian Erb/Konrad Litschko/Wolf Schmidt/Andreas Speit) zum Anlass, in ihrem Schwerpunkt exemplarisch 15 Straftäter aus der "Verbrecherpartei" vorzustellen. So etwa Thomas Sattelberg, Beisitzer im Landesvorstand der sächsischen NPD, der wegen der Gründung einer kriminellen Vereinigung - der "SSS"- verurteilt worden sei.

Eine "Checkliste für den Gang nach Karlsruhe" liefert die FTD (Friederike von Tiesenhausen): Der geplante Abzug der V-Leute aus den Führungsämtern genüge nicht, gefragt seien Beweise, dass seitens der NPD "aggressiv versucht" werde, "die Gesellschaftsordnung zu ändern". Das Fehlverhalten einzelner Mitglieder jedenfalls genüge nicht.

Hassemer zu NPD: Mit der SZ (Heribert Prantl) spricht der ehemalige Bundesverfassungsrichter Winfried Hassemer über einen möglichen Verbotsantrag, die grundgesetzlichen Hürden, mögliche Verstrickungen von NSU und NPD – es könnten die "zwei Seiten einer braunen Medaille" sein - und die Frage, ob das Verfassungsgericht mit seinem Einstellungsbeschluss zum ersten Verbotsantrag aus dem Jahr 2003 "anderen Verfassungsorganen den Schneid abgekauft" habe.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Vorratsdatenspeicherung: Laut taz (Ruth Reichstein/Wolf Schmidt) droht Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, wenn nicht innerhalb der nächsten vier Wochen eine Umsetzung der EU-Richtlinie zur Kommunikationsdatenspeicherung in nationales Recht erfolge. Dies solle heute seitens der Kommission verkündet werden. Wie die SZ (Heribert Prantl) berichtet, werfe Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) Brüssel "widersprüchliches Verhalten" vor, da die Kommission die angekündigte Überarbeitung der Richtlinie aufgeschoben habe. Die Ministerin favorisiere weiter ihren "Quick-Freeze"- Vorschlag zur Speicherung, bei dem Daten "nur bei konkreten Anhaltspunkten für eine Straftat" gespeichert würden, mit dem sie nun auch das Kabinett befassen wolle.

Heribert Prantl (SZ) glaubt, die Bundeskanzlerin werde in Sachen Vorratsdatenspeicherung auf die FDP zugehen, ansonsten könne der "Schwelbrand" die "ausgetrocknete Koalition vernichten".

Zur "Tragikomödie" meint Reinhard Müller (FAZ), der Vorschlag von Leutheusser-Schnarrenberger sei nur "vermeintlich bürgerrechtsfreundlich", wäre aber "freilich nicht besonders wirkungsvoll".

Europäische Integration: Im Recht und Staat- Teil der FAZ geht Rechtsprofessor und Richter am Europäischen Gerichtshof Thomas von Danwitz der Frage nach, ob nicht eigentlich das "Verhältnis von nationalstaatlicher Selbstbestimmung und  (…) supranationaler Einbindung" bestimmt werden müsse, statt auszuforschen, ob "Souveränität (..) ein realistisches und erstrebenswertes Ziel nationalstaatlicher Verfassungshoheit" sei. Vor dem Hintergrund des Art. 50 EU-Vertrag, der eine "wahrlich souveräne" Austrittsmöglichkeit vorsehe, sehe er nicht die Gefahr eines Verlustes einzelstaatlicher Souveränität.

Weitere Themen – Justiz

Beeinflussung von Prüfern: Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts von gestern, wonach eine "telefonische Kontaktaufnahme eines Prüflings zum Prüfer" während eines  Widerspruchsverfahrens bezüglicher einer Klausurbenotung im zweiten juristischen Staatsexamen nicht grundsätzlich die Herabsetzung der Note auf ein "ungenügend" rechtfertige, kommentiert für lto.de RA Wolfgang Zimmerling.

Becker-Prozess: Holger Schmidt berichtet auf dem SWR-Terrorismusblog vor der für heute geplanten Zeugenaussage des ehemaligen Bundesanwalts Leo Kouril im Prozess gegen Verena Becker. Laut Schmidt plane die Verteidigung, Monika Haas als Zeugin aufzurufen, um so die Glaubwürdigkeit von Peter-Jürgen Boock "weiter zu erschüttern".

Krailing-Mord: Den Hintergründen zum Krailinger Doppelmord-Prozess widmet Die Zeit (Anita Blasberg) ein dreiseitiges Dossier. Dabei werden Tathergang, mögliche Motive und der Ermittlungsverlauf nachgezeichnet sowie die familiären Hintergründe des vor dem Landgericht München angeklagten Onkels der getöteten Mädchen geschildert.

Beweisverwertung: Udo Vetter (lawblog.de) zweifelt am Willen der Gerichte, die "rechtsstaatliche Qualität von Ermittlungen zu verbessern". Anlass gibt ihm ein Beschluss des Bundesgerichtshofs zur (Un)Verwertbarkeit einer so genannten Lichtbildvorlage bei Regelverstoß.

"Bombengeschäfte": Die Zeit (Philip Faigle/Wolfgang Uchatius) berichtet über die mutmaßliche Finanzierung von Streubombenherstellern durch die Deutsche Bank. Bank-Fonds hielten Beteiligungen am amerikanischen Rüstungskonzern L3-Communications. Dieser sowie die Deutsche Bank würden jedoch behaupten, L3-Communications produziere keine Streubomben mehr.  "Unabhängige Experten" würden dies jedoch bestreiten. Juristisch problematisch sei eine mögliche finanzielle Beteiligung, da Deutschland im Jahr 2008 die internationale Streubombenkonvention ratifiziert habe. Diese verbiete solche Geschäfte möglicherweise.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Menschenrecht auf Wasser: Anlässlich des heutigen Weltwassertages erinnert in einem Gastbeitrag in der FR Tom Koenigs, Mitglied des Bundestages, an das seit dem Jahr 2010 durch die Vereinten Nationen anerkannte Menschenrecht auf Wasser- und Sanitärversorgung.

Sonstiges

Legal Success: Im regelmäßig erscheinenden Special des Handelsblattes "Legal Success" finden sich unter anderem Beiträge zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Abgeltung von Überstunden etwa bei Anwälten (Marcus Creutz), zu "Law Shops" und anderen Kanzleikonstellationen in Großbritannien in Abgrenzung zum deutschen Beteiligungsverbot für Branchenfremde an Anwaltskanzleien (Marcus Creutz), aber auch zu Haftungsrisiken für Unternehmensvorstände und Geschäftsführer in und außerhalb einer Insolvenz (Roderich C. Thümmel).

Das Letzte zum Schluss

Ausgezaubert: Jamie Waylett, der "Vincent Crabbe" aus den Harry Potter- Filmen ist, wie bild.de meldet, zu zwei Jahren "Knast" verurteilt worden, nachdem er bei den Londoner Krawallen im vergangenen Jahr mit einem Brandsatz in der Hand aufgetaucht sei. Bereits vorbestraft sei der Star wegen Cannabis-Besitzes.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/dc

(Hinweis für Journalisten) 

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 22. März 2012: Weiter mit dem NPD-Verbot – Bombengeschäft der Deutschen Bank – Brüssel widersprüchlich . In: Legal Tribune Online, 22.03.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5838/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen