Das Bundesverwaltungsgericht hat ein Auskunftsersuchen gegen eine Bundesbehörde abgewiesen und gleichzeitig die Pressefreiheit gestärkt. Außerdem in der Presseschau: Bayern organisiert interne Ermittlungen der Polizei neu, Hamburg klagt gegen Betreuungsgeld, Frankreich plant eine Strafrechtsreform und wen das Züricher Schauspielhaus nicht zum Nachbarn haben möchte.
BVerwG zu Auskunftsanspruch: Über das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Auskunftsanspruch von Journalisten gegenüber Bundesbehörden berichtet die SZ (Wolfgang Janisch) in ihrem Medien-Teil. Nach dem Richterspruch ergebe sich ein solcher auch ohne einfachgesetzliche Regelung aus der grundgesetzlich geschützten Pressefreiheit. Allerdings könnten auch in diesem Fall schutzwürdige Interessen privater oder öffentlicher Stellen einer Auskunftserteilung entgegenstehen.
Udo Vetter (lawblog.de) sieht durch das Urteil eine "jahrzehntelange Rechtspraxis" außer Kraft gesetzt. Bislang habe weitgehend unbestritten gegolten, dass Bundesbehörden den an ihrem jeweiligen Sitz geltenden Landespressegesetzen unterfallen würden. Positiver urteilt Thomas Stadler auf internet-law.de. Die Entscheidung sei "progressiv, aber im Lichte der Presse- und Informationsfreiheit dringend geboten." Der Autor macht darauf aufmerksam, dass die verhandelte Klage abgewiesen wurde; ein Auskunftsanspruch beziehe sich auf vorhandene Informationen und begründe keine Informationsbeschaffungspflicht der Behörde. Ludwig Greven (zeit.de) kommentiert, dass zur vollständigen Transparenz öffentlicher Entscheidungen auch Hintergründe wie die Kenntlichmachung der Beiträge von Lobbyisten gehören würden. Eine entsprechende Regelung sehe das Hamburger Transparenzgesetz aus dem letzten Jahr vor.
Weitere Themen – Rechtspolitik
EU-Verordnung zu Arzneimittelstudien: Anne Kunze (die Zeit) kommentiert den Vorschlag der europäischen Kommission für eine neue EU-Verordnung zu Arzneimittelstudien an Menschen. Zwar sei Forschung, die durch die Verordnung erleichtert werden soll, "richtig und wichtig". Der Entwurf lasse jedoch eine am tatsächlichen Allgemeinwohl orientierte Sicht vermissen, indem er erlaube, dass der erwartete Nutzen gegen das Risiko für die Probanden abgewogen werde.
Ermittlungen gegen Polizisten: Nach der Kritik an der Struktur der internen Ermittler der bayerischen Polizei hat das Landesinnenministerium die beiden zentralen Ermittlungsstellen dem Landeskriminalamt zugeordnet, berichtet die SZ (Bernd Kastner) in ihrem Bayern-Teil. Bislang gehörten die Dienststellen zu den Polizei-Präsidien in München und Nürnberg, durch die Neuordnung solle der "Besorgnis der Befangenheit" vorgebeugt werden.
Schlichtungsstelle im Anflug: Das Handelsblatt (Heike Anger/Daniel Delhaes) berichtet über eine Expertenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestags zur geplanten gesetzlichen Einführung einer Schlichtungsstelle für den Flugverkehr. Nachdem sich die Flugwirtschaft jahrelang gegen eine derartige Stelle gewehrt habe, bestehe nun Einigkeit zwischen ihr und Verbraucherschützern. Details lasse allerdings auch der Gesetzentwurf bislang offen, etwa die Frage, ob sich auch Geschäftsreisende an die Stelle wenden könnten.
Finanztransaktionssteuer im Modell: Die Zeit (Christian Tenbrock) befasst sich in ihrem Wirtschaftsteil mit der geplanten Finanztransaktionssteuer und den erwarteten Belastungen. Nach Modellberechnungen würden sich diese für langfristig orientierte Anleger in Grenzen halten, "Finanzjongleure" hingegen, die ihre Profite mit Hochgeschwindigkeitshandel erwirtschaften, hätten mit Einbußen zu rechnen.
Weitere Themen - Justiz
BVerfG – Klage gegen Betreuungsgeld: Der Hamburger Senat hat beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen die Einführung des Betreuungsgeldes eingelegt. Gerügt würden formell die fehlende Kompetenz des Bundes sowie materiell u.a. ein Verstoß gegen das Gleichberechtigungsgebot, berichtet die taz (Christian Rath).
LG Koblenz - Nürburgring: Vor dem Landgericht Koblenz wird weiterhin gegen den ehemaligen rheinland-pfälzischen Finanzminister Ingolf Deubel wegen des Vorwurfs der Untreue im Zusammenhang mit der gescheiterten Finanzierung des Nürburgring-Ausbaus verhandelt. Die Zeit (Dagmar Rosenfeld) schildert die Zeugenaussage Kurt Becks. Der vormalige Ministerpräsident habe sich an Einzelheiten nicht zu erinnern vermocht und generellen Unwillen gezeigt, zur juristischen Aufklärung beizutragen.
LG Bonn - Teldafax: Die wegen Insolvenzverschleppung beim Stromanbieter Teldafax Beschuldigten brauchen einstweilen kein Hauptverfahren zu fürchten. Einem Bericht des Handelsblatts (Jürgen Flauger/Sönke Iwersen) zufolge ist das zuständige Landgericht Bonn frühestens Anfang 2014 in der Lage, über die Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden. Die mögliche Einrichtung einer Hilfsstrafkammer erwäge das Gericht zur Zeit nicht.
Mollath – Wiederaufnahmegesuch: Der Fall des seit sieben Jahren in der geschlossenen Psychiatrie einsitzenden Gustl Mollath erfährt womöglich eine gerichtliche Neuauflage. Wie die SZ (Olaf Przybilla/Uwe Ritzner) berichtet, hat Gerhard Strate als Rechtsbeistand Mollaths beim Landgericht Regensburg einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt, den er auf zahlreiche Rechtsbeugungen der Nürnberger Justiz anlässlich der Verhaftung und anschließenden Einweisung Mollaths stütze. Es sei zudem nicht ausgeschlossen, dass sich die Staatsanwaltschaft Regensburg dem Antrag anschließe.
EEG-Umlage vor Gericht: Mehrere Textilunternehmen klagen derzeit in verschiedenen Verfahren gegen die Ökostrom-Umlage. Rechtsprofessor Felix Ekardt setzt sich auf lto.de mit den vorgetragenen Argumenten, etwa hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit der Umlage als unzulässige Sonderabgabe auseinander und kommt zu dem Schluss, dass eine einseitige Konzentration auf den Strompreis den Blick auf das eigentliche Ziel – Klimaschutz - verstelle.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Frankreich – Strafrechtsreform: Die französische Justizministerin Christiane Taubira ist weltweit mit ihrem leidenschaftlichen Appell zur Einführung der Homo-Ehe bekannt geworden. Einem Bericht der FAZ (Michaela Wiegel) zufolge soll sie nun die Verantwortung für eine große Strafrechtsreform in Frankreich übernehmen. Ziel sei es, Verschärfungen der Regierung Sarkozy speziell im Jugendstrafrecht zurückzufahren, die zu einer enormen Überbelegung der Gefängnisse geführt hätten.
Russland – Auslandsadoptionen: Seit Beginn des Jahres ist es US-Amerikanern gesetzlich verboten, russische Kinder zu adoptieren. Offizieller Grund für die Neuerung ist der Hitzetod eines einjährigen Jungen, inoffiziell gilt die Regelung als Retourkutsche für amerikanische Sanktionen wegen der ungeklärten Tötung eines russischen Anwalts. Die Zeit (Mareike Aden) berichtet über den Fall eines amerikanischen Ehepaars, dass sich bereits vor dem Verbot um die Adoption eines am Down-Syndrom leidenden Vierjährigen bemühte. Gerade für kranke und behinderte Kinder eröffne die Auslandsadoption neue Lebenschancen. Währenddessen sind die Chancen für eine Einigung nach dem Bekanntwerden eines erneuten Todesfalls eines Pflegekindes in den USA weiter gesunken. Wie die SZ (Frank Nienhuysen) berichtet, ist ein dreijähriger Junge vor seinem Tod mutmaßlich misshandelt worden.
Sonstiges
Düfte und Immissionschutzrecht: Oberregierungsrat Alfred Scheidler analysiert auf lto.de die ungewöhnliche Werbeaktion eines Münchner Modegeschäfts. Um Kunden anzulocken, bläst dieses ein Parfüm durch die Lüftungsanlage des Geschäfts. Der Duft sei noch in einer Entfernung von 70 Metern zu riechen, zum Unwillen von Anwohnern, die sich bereits beim Gesundheitsamt beschwert hätten. Der Autor sieht das Immissionsschutzamt in der Pflicht, weil auch Parfüm eine Belästigung sein könne.
Kirchhof wird 70: Den Steuerrechtler und früheren Verfassungsrichter Paul Kirchhof würdigt die FAZ (Manfred Schäfers) anlässlich seines 70. Geburtstages. Der "Professor aus Heidelberg" habe das deutsche Steuerrecht wie kaum ein anderer geprägt, die Finanzverfassung über die von ihm geprägten Entscheidungen zu Maastricht und der Euro-Einführung beeinflusst sowie als Gutachter den jetzigen Rundfunkbeitrag auf den Weg gebracht.
Das Letzte zum Schluss
Nachbarschaftsstreit in der Schweiz: Über einen Nachbarschaftsstreit aus der Schweiz berichtet das Feuilleton der FAZ (Jörg Altwegg). Das Schauspielhaus in Zürich sei dort über einen neuen Anwohner entsetzt: Die Fast-Food-Kette McDonald's plane die Eröffnung einer neuen Filiale direkt neben dem Haupteingang des international renommierten Hauses. Nachdem Bau- und Betriebsbewilligung erteilt werden dürften, sammele das Theater nun Unterschriften gegen die Eröffnung. Die Burger-Kette verweise derweil auf konfliktfrei funktionierende Filialen in der Nähe des Geburtshauses von Mozart in Salzburg und am Pariser Louvre.
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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/mpi
(Hinweis für Journalisten)
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 21. Februar 2013: Auskunftsansprüche gegen Bundesbehörden – Klage gegen das Betreuungsgeld – Strafrechtsreform in Frankreich . In: Legal Tribune Online, 21.02.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8193/ (abgerufen am: 19.04.2024 )
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