Donald Trump darf an den Vorwahlen in Colorado teilnehmen. Am LG Frankfurt/M. hat der Steuerhinterziehungs-Prozess gegen Ex-DFB-Spitzenfunktionäre angefangen. Apple muss wegen Wettbewerbsverstößen 1,8 Milliarden Euro zahlen.
Thema des Tages
USA – Trump/Wahlausschluss: Ex-US-Präsident Donald Trump darf nun doch an den republikanischen Vorwahlen zur Präsidentschaftswahl im US-Bundesstaat Colorado teilnehmen. Dies entschied der US-Supreme Court und verwarf damit eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von Colorado aus dem Dezember 2023, der Trump gemäß des 14. Zusatzartikels der US-Verfassung wegen seiner Rolle beim Sturm auf das Kapitol 2021 von der Vorwahl ausgeschlossen hatte. Laut US-Supreme Court haben die Bundesstaaten nach der Verfassung der Vereinigten Staaten nicht das Recht, Kandidaten von Ämtern auf Bundessebene auszuschließen. Diese Befugnis habe nur der Kongress. Es berichten spiegel.de, welt.de (Stefanie Bolzen) und LTO.
Für Andreas Ross (FAZ) ist die Entscheidung "ein gutes Zeichen für Amerika", was die Einigkeit der konservativen und liberalen Richter:innen zeige. Der Supreme Court habe sich jedoch nicht zu der Frage geäußert, ob Trump sich wirklich an einer Rebellion beteiligt habe. Roland Nelles (spiegel.de) hielt die Entscheidung für unvermeidbar. "Wenn heute ein von den Demokraten regierter Bundesstaat wie Colorado die Möglichkeit hätte, Donald Trump vom Wahlzettel zu streichen, könnte morgen ein von den Republikanern regierter Staat wie etwa Texas dasselbe aus Rache mit Joe Biden tun." Der Versuch in Colorado habe nur Donald Trump genutzt.
Rechtspolitik
Resilienz des BVerfG: In der Debatte um eine Verfassungsänderung zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts zeigt sich CDU-Chef Friedrich Merz bereit für eine "unaufgeregte und vertrauliche" Diskussion in einem geschützten Raum, wenn die Ampel Vorschläge unterbreite, die auch wirklich in der Lage sind, das BVerfG besser zu schützen. Momentan sehe die Union solche Vorschläge nicht. Merz warf der Ampel-Koalition, insbesondere der SPD, Vertrauensbrüche in vergangenen Verhandlungen vor. FAZ und LTO berichten.
Bürokratieabbau:/BEG IV Die Anwältinnen Carina Barth und Antje Münch besprechen im Expertenforum Arbeitsrecht den Referentenentwurf zum vierten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) im Hinblick auf arbeitsrechtliche Fragen. Es gebe Formerleichterungen von schriftlicher auf die elektronische Form und die Möglichkeit digitaler Alternativen für Auslagen und Aushänge. Jedoch habe die Bundesregierung viele datenschutzrechtliche Themen nicht umgesetzt.
EU-Behindertenausweis: Die SZ (Florian Kappelsberger) berichtet über den Plan der EU, einen EU-weit gültigen Behindertenausweis einzuführen. Die Details wurden in den letzten Monaten im Trilog geklärt. Bisher gelten in jedem Mitgliedsstaat eigene Regeln. Mit dem geplanten Ausweis sollen Behinderte auch im EU-Ausland alle dort angebotenen Vergünstigungen in Verkehr, Tourismus und Kultur genießen. Sozialverbände begrüßen das Vorhaben, kritisieren jedoch, dass der Ausweis in Deutschland erst ab einem Behinderungsgrad von 50 Prozent ausgestellt werden und im Ausland nur für Aufenthalte von bis zu drei Monaten gelten soll.
Strafverteidigertag: LTO (Hasso Suliak) berichtet über den Strafverteidigertag in Hamburg. Unter Abwesenheit von Vertreter:innen der Justiz diskutierten die Teilnehmer:innen über das Gesetz zur audiovisuellen Dokumentation der Hauptverhandlung, das V-Leute-Gesetz sowie über das Cannabisgesetz (CanG). Kritisch wurde insbesondere gesehen, dass die Justiz ihren Einfluss bei den Landesregierungen nutze, um Gesetzesvorhaben wie das Dokumentationsgesetz durch Einsetzung des Vermittlungsausschusses zu verzögern und dies auch nun beim CanG drohe.
Justiz
LG Frankfurt/M. – "Sommermärchen" und Steuerhinterziehung: Vor dem Landgericht Frankfurt/M. hat der Prozess gegen drei ehemalige Funktionäre des Deutschen Fußballbundes (DFB) wegen Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall begonnen. Die Angeklagten, die Ex-DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach sowie der Ex-DFB-Generalsekretär Horst Schmidt, sollen für das Jahr 2006 unrichtige Steuererklärungen eingereicht haben. Eine Zahlung von 6,7 Millionen Euro an den Weltverband FiFA sei zu Unrecht als Betriebsausgabe deklariert worden, obwohl es sich um die mittelbare Rückzahlung eines privaten Darlehens handelte, das WM-Organisationschef Franz Beckenbauer 2002 zu bisher ungeklärten Zwecken aufgenommen hat. Laut Anklage ist dadurch ein Schaden in Höhe von 13,7 Millionen Euro entstanden. Die Verteidigung macht einen Verstoß gegen das ne bis in idem-Prinzip geltend, weil es zu dem Sachverhalt bereits in der Schweiz eine (dann verjährte) Anklage gab. Außerdem betrage der unmittelbare Steuerschaden allenfalls 2,5 Mio. Euro. Niersbach und Schmidt sind mit einer Einstellung gem. § 153a StPO einverstanden, Zwanziger hat dies bisher abgelehnt, weil er einen Freispruch verlangt. FAZ (Christoph Becker), SZ (Johannes Aumüller) und LTO berichten.
BGH zu versäumtem Gerichtstermin: Nun berichtet auch LTO über einen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Januar. Der BGH hat die Rechtsbeschwerde einer Frau als unzulässig zurückgewiesen, deren Anwältin zu einem Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht nicht rechtzeitig erschienen war, da sie auf der Autofahrt schubweise schwere krampfhafte Zustände verbunden mit Brechreiz und Durchfall bekommen und nach eigenen Angaben erfolglos versucht hatte, das Gericht hierüber zu unterrichten. Der BGH sah hierin jedoch keine unverschuldete Säumnis, da nicht schlüssig, vollständig und widerspruchsfrei vorgetragen worden sei, inwieweit die Anwältin versucht hat, das Amtsgericht über ihre Verhinderung zu informieren.
BGH zu Handelsregisterpublizität: beck-aktuell berichtet über eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die Vertretungsmacht eines abberufenen GmbH-Geschäftsführers. Zwei Tage nach seiner Abberufung, an deren Wirksamkeit jedoch Zweifel bestanden, hatte ein Geschäftsführer im Namen einer GmbH das einzige Grundstück der Gesellschaft an einen Dritten verkauft. Der BGH entschied, dass der Käufer des Grundstücks mangels Eintragung im Handelsregister und wegen der Zweifel an der wirksamen Abberufung auf die Vertretungsmacht des Geschäftsführers habe vertrauen dürfen. Jedoch sei ein Missbrauch der Vertretungsmacht nicht auszuschließen, sodass der Fall an das KG Berlin zurückverwiesen wurde.
BAG zu Anwaltskosten beim Betriebsrat: Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein Arbeitgeber, der freiwillig die Anwaltskosten für die Rechtsberatung eines Betriebsratsmitglieds übernahm, diesem die Anwaltskosten später nicht vom Lohn abziehen konnte. Laut BAG hatte das Betriebsratsmitglied aber nicht Erfolg, weil er einen Anspruch auf die Übernahme der Kosten hatte, denn es fehlte an einem entsprechenden Betriebsratsbeschluss. Vielmehr habe der Arbeitgeber die Frage der Kostentragung unzulässigerweise vom Beschlussverfahren nach dem Betriebsverfassungsgesetz in ein Urteilsverfahren vor Gericht verlagert. So habe er dem Betriebsrat den vom Gesetz bezweckten Schutz genommen. beck-aktuell (Michael Dollmann)
OVG Berlin-BB zu Klimaschutzprogrammen: Die Bundesregierung hat Revision zum Bundesverwaltungsgericht gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg eingelegt, das die Regierung im November dazu verpflichtete, Sofortprogramme für die CO2-Reduzierung in den Sektoren Verkehr und Bau vorzulegen. Wie welt.de berichtet. möchte die Bundesregierung die Frage nun höchstrichterlich klären lassen. Umweltverbände kritisierten die Einlegung des Rechtsmittels.
LG Berlin I – Tötung durch Kardiologen: Im Prozess um die Tötung von zwei schwerkranken Patient:innen mit dem Medikament Propofol hat erstmals der angeklagte Kardiologe ausgesagt. Der Tod der beiden Patient:innen sei unvermeidbar gewesen, er habe ihn nicht beschleunigt, sondern nur gemildert. Die Anklage gehe von zu hohen Dosen des Medikaments aus. Dass eine Krankenschwester die Todesfälle bei einer internen Compliance-Stelle gemeldet habe, führt der Kardiologe auf die Liason der Krankenschwester mit einem Arzt zurück, der mit ihm einen Konflkt hatte. spiegel.de (Wiebke Ramm) berichtet.
VG München zu KI-Essay: beck-aktuell (Maximilian Amos) berichtet über ein Urteil des Verwaltungsgerichts München, das den Ausschluss eines Masterstudiengang-Bewerbers durch die TU-München bestätigte, da nicht auszuschließen sei, dass er einen Bewerbungs-Essay mithilfe von KI angefertigt habe. Der Anscheinsbeweis für ein wissenschaftliches Fehlverhalten sei hier zulässig und auch erbracht. Der Essay unterscheide sich "über seinen gesamten Umfang auffällig von denen der anderen Bachelorabsolventen", so das Gericht.
VG Köln zu Glasfaserausbau: Das Verwaltungsgericht Köln hat entschieden, dass die Telekom anderen Wettbewerbern vorläufig Zugang zu ihren Kabelkanalanlagen, Masten und Trägersystemen gewähren muss. Die Bundesnetzagentur hatte die Telekom hierzu verpflichtet, um den Glasfaserausbau in Deutschland zu beschleunigen, was die Telekom jedoch als zu weitreichend ansah und dagegen klagte. Das Gericht argumentierte, dass eine Verzögerung des Netzausbaus schwerwiegender wäre als potenzielle Nachteile für die Telekom. beck-aktuell berichtet.
AG Hanau zu Tierheim-Rückholaktion: Das Amtsgericht Hanau hat entschieden, dass ein Tierheim eine Katze nicht eigenmächtig von ihrer Besitzer:in zurückholen darf, auch wenn man davon ausgehe, dass die Besitzer:in gegen Vereinbarungen aus dem Überlassungsvertrag verstoße. Das Gericht nahm verbotene Eigenmacht an und gab der klagenden Frau Recht. beck-aktuell berichtet.
ArbG Berlin – Ex-RBB-Programmdirektorin: Der Rundfunk Berlin-Brandenburg verklagt seine ehemalige Programmdirektorin Claudia Nothelle und verlangt ein an sie gezahltes Ruhegeld heraus. Wie die FAZ berichtet, dürfte es um einen Betrag von 400.000 Euro gehen.
Recht in der Welt
Frankreich – Schwangerschaftsabbruch: Frankreich führt als erstes Land ein verfassungsrechtlich garantiertes Recht auf Abtreibung ein. Die Abgeordneten der Nationalversammlung und des Senats stimmten mit 780 zu 72 Stimmen für die erste Verfassungsänderung seit 16 Jahren. Da der Schwangerschaftsabbruch in Frankreich bisher bis zur 14. Woche gesetzlich gewährleistet ist, hat die Verfassungsänderung in erster Linie symbolischen Charakter. spiegel.de berichtet.
Für Daniel Deckers (FAZ) ist die Verfassungsänderung "ein fatales Signal in einem Kulturkampf, der im eigentlichen wie im übertragenen Sinn nur als unwürdig zu bezeichnen" sei. Der Autor befürchtet eine Verschiebung in der Debatte zwischen Selbstbestimmung und Lebensschutz.
Portugal – Drogen: Die FAZ (Hans-Christian Rößler) berichtet über die Entkriminalisierung des Konsums und Besitzes aller Arten von Drogen und beleuchtet, ob dies auch ein Modell für Deutschland sein könnte. Nach Inkrafttreten des Gesetzes 30/2000 verzeichnete das Land einen Rückgang der Rauschgifttoten. Neben der Entkriminalisierung richtete das Land verstärkte Suchthilfe und Kommissionen zur Verhinderung von Drogenmissbrauch ein, denen jeweils eine Jurist:in, eine medizinische Fachkraft und eine Sozialarbeiter:in angehören.
Sonstiges
Apple/Wettbewerbsrecht: Die EU-Kommission hat eine Geldstrafe in Höhe von 1,84 Milliarden Euro gegen den Technologie-Konzern Apple wegen Ausnutzens einer marktbeherrschenden Stellung verhängt. So habe Apple anderen Musikstreaming-Anbietern Beschränkungen auferlegt und diese daran gehindert, auf iPhones und iPads Abonnements zu verkaufen. Apple habe sich so einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Die Entscheidung der EU-Wettbewerbsbehörde geht auf eine Beschwerde des schwedischen Streamingdienstes Spotify aus dem Jahr 2019 zurück. FAZ (Werner Mussler/Benjamin Fischer), SZ (Jan Diesteldorf) und LTO berichten.
Taurus-Leak: Rechtsanwalt Patrick Heinemann diskutiert auf LTO rechtliche Fragen bezüglich des Leaks einer Besprechung von vier Luftwaffenoffizieren, insbesondere die Strafbarkeit der Verbreitung des Leaks, mögliche Konsequenzen für die Teilnehmer der Besprechung, sowie die mögliche Strafbarkeit von Reaktionen auf den Leak.
DMA/Google: Der Gründer und Geschäftsführer der Suchmaschine "Ecosia", Christian Kroll, spricht im Interview mit der FAZ (Michael Hanfeld) über die Umsetzung des EU-Digital Markets Act (DMA), der unter anderem große Suchmaschinen wie Google dazu verpflichtet, ihren Nutzer:innen alternative Suchmaschinen in einem sogenannten "Choice Screen" anzuzeigen. Obwohl er den DMA befürworte, sei problematisch, dass seine Umsetzung den betroffenen Unternehmen selbst überlassen werde und Nutzer:innen oft zu wenig über die Alternativen informiert seien, um eine Auswahl zu treffen.
KI/Urheberrecht: Die FAZ (Tillmann Neuscheler) interviewt die Schriftstellerin Nina George über das Trainieren von generativer KI mit Büchern ohne das Wissen oder ein Mitspracherecht der Autor:innen. Die meisten Werke seien urheberrechtlich geschützt. Trotzdem würden viele Bücher zum Trainieren von KI ohne die Zustimmung der Autor:innen genutzt. Die KI-Verordnung der EU überzeugt die Schriftstellerin nicht, da es zu viele Ausnahmen gebe.
"Remigration"/Volksverhetzung: Gegen die Rechercheplattform "Correctiv" ist Strafanzeige wegen Volksverhetzung erstattet worden. So soll der Beitrag über ein rechtsextremistisches "Remigrations"-Treffen die Verbrechen der Nazis im Zweiten Weltkrieg und im Holocaust verharmlost haben. Der Tsp (Jost Müller-Neuhof) vermutet, dass sich diese Vorwürfe auf die Annahme von "historischen Parallelen" zwischen dem Geheimtreffen der Rechtsextremist:innen und Nazi-Plänen über die Deportation von Juden nach Madagaskar bzw. zur Wannseekonferenz beziehen. Solche Strafanzeigen seien Teil einer "Gegenerzählung", die statt der Konferenzteilnehmer:innen die Rechercheplattform unter Verdacht stellt.
Das Letzte zum Schluss
Bienen-Geschäfte: In einem ungewöhnlichen Gerichtsprozess vor dem Landgericht Chemnitz fordert ein Rentner-Paar Schadenersatz in Höhe von 10.000 Euro, weil Bienen einer benachbarten Imkerin auf ihrem Grundstück ihr Geschäft verrichten. Bei den Reinigungsflügen der Bienen werde die weiße Wäsche, die weiße Fassade und der weiße Mercedes des sächsischen Ehepaares verunreinigt. Wie bild.de (Thomas Fischer) berichtet, empfahl der Richter den Klägern ganz unkonventionell einen "Lappen zu nehmen" und die Hinterlassenschaften einfach "wegzuwischen".
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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
LTO/lkh/chr
(Hinweis für Journalist:innen)
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Die juristische Presseschau vom 5. März 2024: . In: Legal Tribune Online, 05.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54028 (abgerufen am: 09.11.2024 )
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