Die juristische Presseschau vom 26. Juni 2020: BAG zur Ent­gelt­trans­pa­renz / Eck­punkte für Lie­fer­ketten / Ken­neth Fein­berg zum Bayer-Ver­gleich

26.06.2020

Das Entgelttransparenzgesetz gilt auch für arbeitnehmerähnliche freie Mitarbeiter. Das Handelsblatt schildert die Eckpunkte für ein Lieferkettengesetz und US-Anwalt Feinberg lobt den Glyphosat-Vergleich von Bayer. 

Thema des Tages

BAG zu Entgelttransparenz beim ZDF: Das Entgelttransparenzgesetz ist auch auf arbeitnehmerähnliche freie Mitarbeiter anwendbar, entschied das Bundesarbeitsgericht. Das Gesetz sei europarechtskonform auszulegen. Geklagt hatte die ZDF-Redakteurin Birte Meier, die nun zumindest einen Auskunftsanspruch auf die Verfahren der Entgeltfestsetzung beim ZDF hat. Ob sie auch einen Anspruch hat, die Vergütungen ihrer männlichen Kollegen zu erfahren, muss noch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entscheiden. Es berichten SZ (Verena Mayer), taz.de (Christian Rath) und lto.de (Tanja Podolski).

Rechtspolitik

Lieferketten und Menschenrechte: Das Hbl (Frank Specht) berichtet exklusiv über die Eckpunkte für ein Sorgfaltspflichtengesetz, die bereits im März vorgestellt werden sollten, dann aber wegen Corona in der Schublade verschwanden. Demnach müssen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern künftig prüfen, "ob sich ihre Aktivitäten nachteilig auf Menschenrechte auswirken und angemessene Maßnahmen zur Prävention und Abhilfe ergreifen". Das geforderte Risikomanagement solle "verhältnismäßig und zumutbar" ausgestaltet werden.

UrhDaG: Nun stellen auch rsw.beck.de (Joachim Jahn) und netzpolitik.org (Markus Reuter/Leonhard Dobusch) den Diskussionsentwurf von Justizministerin Christine Lambrecht für ein Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz vor, mit dem die EU-Urheberrechtsnovelle umgesetzt wird.

GWB-Digitalisierung – Verbraucherverträge: Die FAZ (Christian Geinitz) schildert ein Junktim zwischen zwei Vorhaben der Bundesregierung. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) blockiere das GWB-Digitalisierungsgesetz, weil Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ihr Gesetz für faire-Verbraucherverträge blockiere. 

Corona-Verordnungen: Die grün-schwarzen Regierungsfraktionen in Baden-Württemberg schlagen vor, den Landtag besser in Corona-Verordnungen einzubeziehen, die die Landesregierung auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes erlässt. Wenn eine Verordnung länger als drei Monate gelten soll, solle der Landtag binnen vier Wochen zustimmen müssen, berichtet die SZ. Sie schildert vergleichsweise auch die Diskussionen in anderen Bundesländern. 

Bundesrichterwahl: Nun berichtet auch lto.de (Hasso Suliak) vertieft über die am 2. Juli anstehenden Bundesrichterwahlen, bei denen nach Informationen des Deutschen Juristinnenbunds zu wenig Frauen zur Wahl stehen. Geschildert wird die Intransparenz des Verfahrens im Richterwahlausschuss und die Haltung der Parteien zur Forderung nach einer Frauenquote. 

Justiz

EuGH zu Kündigung und Urlaub: Einem Arbeitnehmer, dem rechtswidrig gekündigt wurde, steht für die Zeit zwischen Kündigung und Wiederaufnahme der Arbeit der übliche Jahresurlaub zu, entschied der Europäische Gerichtshof laut lto.de in zwei Fällen aus Bulgarien und Italien.

BGH – Zigarettenverpackungen: Reicht es aus, wenn ein Kunde die Schockbilder auf Zigarettenverpackungen im Supermarkt erst kurz vor dem Bezahlen sieht, weil sie im Automaten verdeckt sind? Diese Frage muss der Bundesgerichtshof entscheiden, hat nun aber erst einmal dem EuGH Fragen zur Auslegung der EU-Tabakrichtlinie vorgelegt, so lto.de.

OLG München zu Influencerin Hummels: Das Oberlandesgericht München hat die Klage des Verbandes Sozialer Wettbewerb gegen die Influencerin Cathy Hummels abgelehnt. Hummels habe weder geschäftlich noch unlauter gehandelt, als sie Produkthinweise auf ihrem Instagram-Profil nicht als Werbung kennzeichnete, wenn sie dafür keine Gegenleistung erhielt. Es berichtet lto.de.

LG Wiesbaden – Cum-Ex: Der nächste große Cum-Ex-Prozess wird am Landgericht Wiesbaden stattfinden, angeklagt ist u.a. der Anwalt und Ex-Finanzbeamte Hanno Berger, der die Cum-Ex-Manipulationen maßgeblich entwickelt hatte. Wie bloomberg.com (Karin Matussek) (in englischer Sprache) berichtet, soll der Prozess am 20. Oktober beginnen und mindestens mehrere Monate dauern. 

GenStA Frankfurt/M. – Cum-Ex: Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main hat gegen einen weiteren Anwalt im Zusammenhang mit den Cum-Ex-Manipulationen Anklage erhoben. Es handele sich um einen Mitarbeiter des bereits angeklagten ehemaligen Freshfields-Partners, berichtet lto.de (Anja Hall).

StA München – Wirecard: Mit Blick auf die Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München gegen zwei Vorstandsmitglieder von Wirecard kommentiert Klaus Ott (SZ): "Staatsanwaltschaft und Justiz werden notgedrungen zum Reparaturbetrieb der Politik." Wieder einmal hätten die Aufsichtsbehörden versagt. 

Eigentum: community.beck.de (Fiete Kalscheuer) schildert den dogmatischen Konflikt zwischen Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof bei der Einordnung von Eingriffen in das Eigentum. "Entscheidend ist dabei, dass das BVerfG – auch bei einem massiven Eingriff in die Eigentumsfreiheit – keinen unmittelbaren Entschädigungs- oder Ausgleichsanspruch zuerkennt. Vielmehr ist nach dem BVerfG in diesem Falle der Gesetzgeber gefragt."

Dublin-Fristen: Tausende Flüchtlinge klagen gegen ihre Überstellung in in einen anderen EU-Staat auf Grundlage der Dublin-III-Verordnung und kritisieren dabei den Versuch der Bundesregierung, die Überstellungsfristen wegen Corona auszusetzen, berichtet focus.de. Normalerweise wird Deutschland für ein Asylverfahren zuständig, wenn es nicht binnen sechs Monaten gelingt, den Antragssteller an den eigentlich zuständigen EU-Staat zu überstellen. Die Bundesregierung hat im März jedoch – entgegen einer Empfehlung der EU-Kommisson – entschieden, dass die Frist zunächst nicht weiterläuft. 

AfD-Bundesschiedsgericht zu Kalbitz: Das Bundesschiedsgericht der AfD hat in einer Eilentscheidung den Antrag des Brandenburger AfD-Vorsitzenden Andreas Kalbitz gegen seinen vom Bundesvorstand beschlossenen Parteiausschluss zurückgewiesen. Das Landgericht Berlin hatte Kalbitz vorige Woche in einem Eilbeschluss die Mitgliedsrechte bis zu einer Hauptsache-Entscheidung des AfD-Bundesschiedsgerichts zurückgegeben. Die unklare Lage, ob Kalbitz derzeit AfD-Mitglied ist oder nicht, schildern die SZ (Markus Balser), die Welt (Matthias Kamann) und zeit.de

Recht in der Welt

USA – Bayer-Vergleich: Die FAZ (Jonas Jansen/Roland Lindner) und lto.de stellen ausführlich den Vergleich dar, den der deutsche Bayer-Konzern in den USA mit mutmaßlichen Krebs-Opfern des Pestizids Glyphosat geschlossen hat. 

Im Interview mit der FAZ (Roland Lindner) sagt der Anwalt und Glyphosat-Schlichter Kenneth Feinberg: "Meiner Erfahrung nach bringt diese Einigung dem Unternehmen die Gewissheit, die es braucht." Auch in den verbleibenden Fällen, werde es noch Vergleiche geben. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass die US-Justiz ausländische Unternehmen besonders harsch behandele. 

USA – Supreme Court zu LGBTI: Auf juwiss.de analysiert Claire Lops (in englischer Sprache) die Entscheidung des US-Supreme Courts zum Schutz von Angehörigen der LGBTI-Community vor Diskriminierung.

Kosovo-Tribunal – Hashim Thaci: Die FAZ (Michael Martens) schildert ausführlich die Entwicklung, die zur Anklage wegen Kriegsverbrechen des derzeitigen kosovarischen Präsidenten Hashim Thaci vor dem Kosovo-Sondertribunal in Den Haag führte, nachdem der Westen sehr lange bewusst die Augen zugedrückt habe.

Sonstiges

EZB-Anleihekäufe: Die Europäische Zentralbank hat eine Zusammenstellung älterere Dokumente beschlossen, die belegen sollen, dass man sich durchaus mit der vom Bundesverfassungsgericht Anfang Mai angemahnten Verhältnismäßigkeit des Anleihekaufprogramms PSPP beschäftigt hat. Die Dokumente werden an die Bundesbank übergeben, damit diese sie an Bundestag und Bundesregierung weiterleitet, berichten FAZ (Christian Siedenbiedel) und Hbl (Jan Mallien).

Europäische Rechtsgemeinschaft: Der Doktorand Thorben Klünder stellt auf verfassungsblog.de die These auf, dass sich der Begriff "europäische Rechtsgemeinschaft" erst in den Wochen nach dem EZB-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vollständig etabliert hat. Historisch sei  er ein eher vager Begriff von Praktikern gewesen. Klünder schließt: "Grundlagenoffene Rechtsdogmatik, die sich von europäischer Machtpolitik abgrenzt, verzichtet auf den Ausdruck."

Corona – Beherbergungsverbote: Nachdem mehrere Bundesländer Beherbergungsverbote für Menschen aus Corona-Hotspots (z.B. Gütersloh) erlassen haben, prüft die FAZ (Alexander Haneke) die Rechtmäßigkeit solcher Maßnahmen. Nach der bisherigen Rechtsprechung seien Maßnahmen zulässig, die so zielgerichtet wie möglich wirken und regelmäßig überprüft werden. 

Corona – Arbeitsrecht: Das Hbl (René Bender) schildert sehr ausführlich, welche arbeitsrechtlichen Anforderungen Arbeitgeber derzeit beachten müssen. 

Wirtschaftsstrafrechtler im Interview: Das Hbl (Volker Votsmeier/René Bender) spricht mit den beide Rechtsanwälten Jürgen Wessing und Heiko Ahlbrecht über Corona, Deals und das kommende Unternehmenssanktionenrecht. 


Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen Internet-Angebot des Mediums.

Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/chr

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Sie können die tägliche lto-Presseschau im Volltext auch kostenlos als Newsletter abonnieren.

 

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 26. Juni 2020: BAG zur Entgelttransparenz / Eckpunkte für Lieferketten / Kenneth Feinberg zum Bayer-Vergleich . In: Legal Tribune Online, 26.06.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42013/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen