Die juristische Presseschau vom 2. April 2019: Neuer Gesetz­ent­wurf zur Organ­spende / Ver­le­ger­be­tei­li­gung bei VG Wort / Zweite juris­ti­sche Staats­prü­fung am Laptop

02.04.2019

Der Gesetzesentwurf zur Widerspruchslösung bei der Organspende wurde vorgestellt. Außerdem in der Presseschau: Verleger können wieder an Einnahmen der VG Wort beteiligt werden und in Sachsen-Anhalt darf das Examen am PC geschrieben werden.

Thema des Tages

Organspende: Wie u.a. die taz (Barabara Dribbusch) und die FAZ (Heike Schmoll) berichten, haben Abgeordnete von Union (u.a. Gesundheitsminister Jens Spahn), SPD und Linken ihren gemeinsamen Entwurf zu einer Neuregelung der Organspende im Bundestag vorgestellt. Die sogenannte doppelte Widerspruchslösung sieht vor, dass Erwachsene in Deutschland künftig grundsätzlich als Organspender herangezogen werden können, sofern sie nicht zu Lebzeiten einen gegenteiligen Wunsch per Spenderausweis bzw. in einem Register dokumentiert haben. Angehörige von Hirntoten sollen der Organentnahme noch widersprechen dürfen, wenn dies dem glaubhaft gemachten Wunsch des Sterbenden entspricht. Bisher besteht keine solche Pflicht. Vielmehr hat nach der bisherigen sogenannten Entscheidungslösung jeder die Möglichkeit, sich zu Lebzeiten für die Organspende zu entscheiden und dies zu dokumentieren. 

Eine solche neue Widerspruchslösung sei kaum mit der Verfassung vereinbar, meint Daniel Deckers (FAZ). Barbara Dribbusch (taz) sieht auch die negative Entscheidungsfreiheit, sich nicht mit dieser Thematik auseinanderzusetzen zu müssen, gefährdet und plädiert für eine Lösung innerhalb der bestehenden Gesetze. 

Hintergrund der Neuregelung ist die hohe Anzahl der auf ein Organ wartenden Patienten und die geringe Anzahl von Spendern. Den Vertrauensverlust in die Medizin und die damit einhergehende geringe Spendenbereitschaft führten Politiker auf einige Organwartelisten-Skandale der letzten Jahre zurück, wie die SZ (Kristina Ludwig) erläutert. 

Rechtspolitik

Facebook: Wie die FAZ (Michael Hanfeld) und das Hbl (Heike Anger/Dana Heide) schreiben, äußerte sich Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) nach einem Treffen mit dem Facebook-Chef Mark Zuckerberg kritisch über das Unternehmen. Weil Facebook immer wieder den Datenschutz seiner User missachtet habe, kündigte die Ministerin an, das europäische Datenschutz- und Wettbewerbsrecht streng durchzusetzen. Zudem sei die geplante Zusammenführung der Messengerdienste von Facebook, Whatsapp und Instagram aus kartell- und datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten fraglich.

Menschenrechte und Unternehmen: Das Hbl (Moritz Koch/Klaus Stratmann) berichtet, dass es Unstimmigkeiten bezüglich der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschrechte zwischen den beteiligten Ministerien gibt. Der Plan soll deutsche Unternehmen anhalten, Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten in ihren Lieferketten und durch ihre Geschäftspartner im Ausland zu übernehmen. Strittig ist, ob einer Selbstverpflichtung der Unternehmen eventuell mit einer gesetzlichen Regelung nachgeholfen werden muss. Auf Basis einer Firmenbefragung soll dies im nächsten Jahr entschieden werden.

E-Auto-Ladeinfrastruktur: Um eine flächendeckende Versorgung mit Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge zu schaffen, will das Justizministerium prüfen, wie es Eigentümern und Mietern den Einbau von Ladestationen rechtlich erleichtern kann, teilte Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) mit. Bisher stehen einem solchen Einbau häufig miet- und eigentumsrechtliche Probleme entgegen, meldet sz.de ferner.

Verlegerbeteiligung: Infolge der EU-Urheberrechtsreform können Verleger bald wieder fest an den Einnahmen der Verwertungsgesellschaft (VG) Wort beteiligt werden. Nachdem der Bundesgerichtshof 2016 geurteilt hatte, dass die Einnahmen der VG Wort allein den Autoren als Urhebern zustehen, war die Beteiligung der Verleger auf eine freiwillige Teilung der Einnahmen durch die Autoren reduziert worden. Eine Öffnungsklausel im Rahmen der geplanten EU-Richtlinie ermöglicht den Mitgliedstaaten, die Rückkehr zur früheren Praxis. Von dieser Möglichkeit dürfte die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag alsbald Gebrauch machen, wie die taz (Christian Rath) weiter berichtet. 

Internetverträge: Robert Roßmann (SZ) begrüßt den Plan von Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD), die Laufzeiten von im Internet durch Verbraucher geschlossenen Verträgen auf maximal ein Jahr zu begrenzen. Er gibt aber zu bedenken, dass kürzere Laufzeiten Verträge zwar gerechter, aber eher teurer machten.

Justiz

BGH zu Wohnungseigentümergemeinschaft: Ein Mitglied einer Eigentümergemeinschaft darf auf seiner in der Teilungserklärung mit "Laden" titulierten Fläche Obdachlose beherbergen. Die Bezeichnung als "Laden" stehe dem nicht entgegen, urteilte der Bundesgerichtshof in einer jetzt veröffentlichten Entscheidung. Die Nutzung des Eigentums dürfe nur beschränkt werden, wenn dies deutlich aus der Vereinbarung hervorgehe. Bei einer so offenen Zweckbestimmung wie "Laden" in der Teilungserklärung dürfe entgegen vorheriger obergerichtlicher Entscheidungen keine die Eigentumsnutzung einschränkende Auslegung vorgenommen werden. Es berichtet lto.de (Maximilian Amos).  

OLG Koblenz zu Sorgfaltspflicht: Geht nach dem äußeren Erscheinungsbild eines Geschenks von diesem keine Gefahr aus, muss der Beschenkte das Geschenk vor dem Öffnen nicht auf Warnhinweise untersuchen. Vielmehr darf er grundsätzlich davon ausgehen, dass es kein Gefahrenpotenzial birgt. Dies entschied das Oberlandesgericht Koblenz, wie lto.de und lawblog.de (Udo Vetter) melden. Im vorliegenden Fall hatte ein Geschenkkarton unter anderem vier verpackte Knallkörper enthalten, bei deren Öffnung ein Teil eines Knallkörpers in das Auge eines anwesenden Gastes flog, sodass dieser erblindete und vom Beschenkten Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangte.

LG München I – Mehrfacher Patientenmord: Weil er sechs Menschen durch die nicht indizierte Gabe von Insulin ermordet und drei weitere zu ermorden versucht haben soll, hat die Staatsanwaltschaft München I Anklage gegen einen Hilfspfleger erhoben. Ihm wird zudem zur Last gelegt, die Wohnungen der Opfer nach den Taten nach Wertgegenständen durchsucht zu haben, wie die SZ (Thomas Schmidt) und spiegel.de schreiben.

LG Frankfurt/M. – Insolvenzprozess gegen Neckermann: Wie die FAZ (Marcus Jung) berichtet, beginnt heute vor dem Landgericht Frankfurt/M. der Insolvenzprozess gegen 16 Geschäftsführer und Aufsichtsräte des Handels- und Reisekonzerns Neckermann. Es geht um die Frage, ob die 16 Beklagten noch nachdem das Unternehmen 2012 schon zahlungsunfähig geworden war, hochvolumige Transaktionen vorgenommen haben. Daher verlangt der Insolvenzverwalter von den einstigen Managern und Kontrolleuren rund 19,8 Millionen Euro.

LG Frankfurt/M. zu Autoraser: Wegen Totschlags und Straßenverkehrsgefährdung hat das Landgericht Frankfurt/M. einen Autofahrer zu fünf Jahren Haft verurteilt. Dieser fuhr mit 142 statt vorgegebener 70 Stundenkilometer auf der Mainuferstraße über zwei rote Ampeln und stieß dann mit einem anderen Fahrzeug zusammen, dessen Insasse sofort verstarb. Statt als illegales Wettrennen wertete das Gericht den Vorfall als "spontanes Imponiergehabe", bei dem der Fahrer den Tod anderer aber billigend in Kauf genommen habe. Es berichtet u.a. welt.de.

LG Flensburg zu "Frei.Wild"-Konzert: Wie sz.de und die taz berichten, wird das Konzert der umstrittenen Südtiroler Band "Frei.Wild" nicht in der Flens-Arena in Flensburg stattfinden. Dies entschied das Landgericht Flensburg, da zwischen dem Hallenbetreiber und dem Konzertveranstalter kein Mietvertrag zustande gekommen sei. Weil die Band dem rechten Spektrum nahesteht, hatte sich in der Stadt breiter Widerstand gegen das Konzert organisiert. 

Recht in der Welt 

Malaysia – Kim Jong-nam-Attentäterin: Im Februar 2017 war Kim Jong-nam, der Halbbruder von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, am Flughafen von Kuala Lumpur, Malaysia, mit einem Nervengift getötet worden. Nun wurde die zweite der beiden Attentäterinnen, die Vietnamesin Doan Thi Huong, von einem malaysischen Gericht wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu drei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Sie behauptete, keine Ahnung gehabt zu haben, was sie tat, als sie dem Opfer eine vergiftete Creme ins Gesicht strich. Wie die taz und die FAZ weiter berichten, wird der nordkoreanische Geheimdienst als Drahtzieher hinter dem Anschlag vermutet.

Japan – "Geiseljustiz": Wie die taz (Martin Fritz) erörtert, ist es in Japan Strategie der Strafverfolger, Verdächtige übermäßig lange in Untersuchungshaft zu halten, um so ein Geständnis zu erpressen. Dies habe nicht zuletzt gesellschaftliche Gründe. So gelte es für Staatsanwälte als Gesichtsverlust, wenn eine Anklage nicht in einer Verurteilung ende. Die Entlassung auf Kaution des Automanagers Carlos Ghosn könnte dieses System der "Geiseljustiz" nun aber beenden, da die Verletzungen der Menschenrechte im Ausland bekannt wurden.

Juristische Ausbildung

E-Examen: Als erstes deutsches Bundesland bietet Sachsen-Anhalt nun das sogenannte E-Examen für die Zweite juristische Staatsprüfung an. So haben die Examenskandidaten die Wahl, die schriftlichen Prüfungen per Hand oder mit dem Laptop zu schreiben, wobei sich der Großteil der Kandidaten für die neue Möglichkeit entschied. Weiter wird auf lto.de (Marcel Schneider) ausgeführt, worin die Vorzüge des E-Examens liegen und warum es sich dennoch in Deutschland nur schleppend durchsetzt.

Sonstiges

Honorarstreitigkeiten: lto.de (Sabine Olschner) befasst sich mit der Problematik von säumigen Mandanten und der Frage, wie sich Honorarstreitigkeiten vermeiden lassen. So wird unter anderem empfohlen, frühzeitig mit dem Mandanten das Honorar zu vereinbaren oder auch einen Vorschuss zu verlangen.

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lto/ali

(Hinweis für Journalisten)   

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 2. April 2019: Neuer Gesetzentwurf zur Organspende / Verlegerbeteiligung bei VG Wort / Zweite juristische Staatsprüfung am Laptop . In: Legal Tribune Online, 02.04.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34691/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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