Die juristische Presseschau vom 22. Januar 2019: DSGVO-Buß­geld gegen Google / EU-Urhe­ber­rechts­re­form ver­tagt / Straf­bare Falsch­an­gaben im Asyl­ver­fahren?

22.01.2019

Google muss in Frankreich 50 Millionen Euro wegen Verstößen gegen die DSGVO zahlen. Außerdem in der Presseschau: Die EU-Urheberrechtsreform ist vorerst gestoppt und zwei Ministerien streiten sich über strafbare Angaben im Asylverfahren.

Thema des Tages

Google/DSGVO: Wegen Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat die französische Datenschutzbehörde CNIL eine Strafzahlung von 50 Millionen Euro gegen Google verhängt. Dies berichten u.a. Hbl (Thomas Hanke/Christof Kerkmann/Dietmar Neuerer), lto.de und netzpolitik.org (Simon Rebiger/Ingo Dachwitz). Einige Informationen seien nur schwer zugänglich und in einigen Punkten unklar. Überdies werde nicht klar, welche Google-Dienste und Websites in die Auswertung der persönlichen Daten zu Zwecken der personalisierten Werbung eingingen. Auch könnten die Einstellungen zur personalisierten Werbung zwar verändert werden, die Option sei jedoch versteckt und das betreffende Kästchen im Formular bereits vorausgefüllt. 

Rechtspolitik

EU-Urheberrecht: Die geplante Reform des EU-Urheberrechts ist vorerst gestoppt. Wie nun auch FAZ (Hendrick Kafsack) und zeit.de berichten, wurden die für Montag angesetzten Kompromissverhandlungen abgesagt. Elf Länder, darunter Deutschland, lehnen die geplanten Änderungen ab. Mit der Reform sollte ein Leistungsschutzrecht eingeführt werden, welches Online-Dienste wie Google News verpflichten würde, für die Verwendung von kleinen Textausschnitten aus Artikeln beim Verlinken zu zahlen. Überdies sollten Online-Portale wie YouTube verstärkt für Urheberrechtsverletzungen haften. Dies könnte sie faktisch zum Einsatz von Upload-Filtern zwingen, die von Kritikern als Zensurinstrumente bezeichnet werden. Die Bundesregierung spricht sich für eine Ausnahme von der Haftungspflicht für Start-Ups mit einem Jahresumsatz von bis zu 20 Millionen Euro aus. Die rumänische EU-Ratspräsidentschaft hat angekündigt, in Kürze neue Vorschläge vorzulegen.    

Home Office: Angesichts eines anstehenden Gesetzentwurfes zum "Recht auf Heimarbeit" analysiert Rechtsanwalt Christian Oberwetter in einem Gastbeitrag für lto.de, welche Grundsätze für ein solches Recht wohl gelten würden. Ähnlich wie im Teilzeitrecht komme es wohl nur in Unternehmen mit einer bestimmten Mindestzahl an Beschäftigten in Betracht, zudem dürften keine betrieblichen Gründe entgegenstehen. Gleichzeitig müssten die Ruhezeiten des Arbeitszeitgesetzes eingehalten werden und der Arbeitgeber die Sicherheit des Arbeitsplatzes auch im "Home Office" gewährleisten können. 

Abschiebehaft: Wolfgang Janisch (SZ) kritisiert die jüngst bekannt gewordenen Pläne von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), Abschiebehäftlinge künftig in normalen Gefängnissen unterzubringen. Dies sei  ein "verheerendes Signal": Flüchtlinge seien keine Straftäter und dürften nicht in deren Nähe gerückt werden, weil man die Kosten für gesonderte Abschiebehaftanstalten scheue.   

Asylverfahren: Bundesinnenministerium und Bundesjustizministerium sind sich uneins über eine mögliche Gesetzesänderung, nach der falsche Angaben über Alter oder Identität im Asylverfahren künftig strafbar sein könnten. Dies meldet Welt (Manuel Bewarder). Bislang ist lediglich der Missbrauch ausländerrechtlicher Dokumente, etwa das Vorlegen eines falschen Passes, strafbar. Das Bundesinnesministerium setze sich für eine Strafbarkeit auch von mündlichen Falschangaben ein, das Bundesjustizministerium lehne sie ab. 

Wolfgang Büscher spricht sich im Leitartikel der Welt für eine Strafbarkeit aus, da das Fehlen von rechtlichen Konsequenzen eine "Einladung zum Fälschen" sei.   

Böllerverbot in Berlin: Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) plant, ein Böllerverbot für zwei Brennpunkte in der Stadt zu erlassen. Dies berichten FAZ (Markus Wehner), Tsp (Robert Kiesel/Alexander Fröhlich) und taz (Gareth Joswig). Hierfür sollen für die Bereiche am Hermannplatz in Neukölln sowie in der Pallasstraße in Schöneberg Verordnungen nach § 55 Berliner Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz erlassen werden. Hintergrund seien regelrechte "Straßenschlachten", die sich an diesen Orten zum Jahreswechsel 2018/2019 ereignet hätten.  

Anna Klöpper (taz) begrüßt den Vorstoß, sieht hierin jedoch nur einen ersten Schritt auf dem Weg zu einem generellen Verkaufsverbot.  

Wahlrechtsreform: Der Professor für Mathematische Statistik Christian Hesse macht in einem Gastbeitrag für spiegel.de einen Vorschlag zur Wahlrechtsreform. Demnach könnte eine Reduzierung der Anzahl der Wahlkreise von derzeit 299 auf 200 dafür sorgen, dass der Bundestag nicht mehr durch Überhangmandate über die Sollgröße von 598 Sitzen hinaus vergrößert werden müsse. 

Justiz

BGH zu Pflichtverteidiger-Honorar: Pflichtverteidiger müssen ihre Mandanten bei Gehaltsvereinbarungen darauf hinweisen, dass sie auch für eine Mindestvergütung aus der Staatskasse tätig werden müssen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden, wie lto.de (Maximilian Amos) berichtet. Im konkreten Fall hatten Anwalt und Mandant für eine Strafverteidigung ein Honorar von 12.500 Euro beschlossen. Allerdings hätte der bereits bestellte Verteidiger diese gem. § 49 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) auch ohne Bonuszahlung übernehmen müssen, worauf er den Mandanten nicht hinwies. Der BGH sah hierin eine Pflichtverletzung.

LG München I zu Apple vs. Qualcomm: Apple darf nicht mehr behaupten, dass die von einem Verkaufsverbot betroffenen älteren iPhone-Modelle weiterhin im Handel erhältlich sind. Dies hat das Landgericht München I entschieden, wie u.a. FAZ (Marcus Jung) und lto.de melden. Qualcomm hatte im Dezember ein Verkaufsverbot für die iPhone-Modelle 7, 8 und X erstritten, weil Apple nach Ansicht des Gerichts ein Qualcomm-Patent zur Stromversorgung der iPhones verletzt hatte. Apple hatte daraufhin die Smartphones aus seinen eigenen Läden entfernt, aber auf die weitere Verfügbarkeit bei anderen Händlern verwiesen. 

LG Hamburg zu G20: Im Berufungsverfahren hat das Landgericht Hamburg einen 23-jährigen Niederländer wegen Flaschenwürfen während des G20-Gipfels in Hamburg zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Dies berichtet die taz. Indem er bei seiner Festnahme die Embryonalstellung annahm und sich schwer machte, habe er überdies Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geleistet. In einem aufsehenerregenden erstinstanzlichen Urteil war der nicht vorbestrafte Mann noch zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Er saß bereits ein Jahr in Untersuchungshaft, war aus dieser jedoch im Juli 2018 entlassen worden.  

LG Aachen zu "Brummen-Andi": Der als "Brummen-Andi" bekannt gewordene Serienstraftäter Andreas B. ist vom Landgericht Aachen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Dies berichten spiegel.de und Welt (Kristian Frigelj). Dabei wurde er wegen versuchter schwerer Brandstiftung, Geldfälschung und Körperverletzung verurteilt, aber von insgesamt 52 der 72 angeklagten Straftaten freigesprochen. Der heute 33-Jährige hatte bereits im Alter von 14 Jahren einen Polizisten getötet, als er mit einem gestohlenen Lastzug eine Straßensperre durchbrach. Hierfür war er 2001 vom Landgericht Düsseldorf zu vier Jahren Jugendstrafe verurteilt worden.    

OVG RP zu unzuverlässigem Taxifahrer: Ein Taxifahrer, der mehrere schwerwiegende Straftaten begangen hat, hat keinen Anspruch auf eine neue Taxi-Genehmigung. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz entschieden, wie lto.de meldet. In einem solchen Fall werde die Unzuverlässigkeit grundsätzlich vermutet. Entscheidend sei dabei indes nicht bloß die Strafhöhe, sondern die konkreten Umstände der Tat, insbesondere die Nähe der Straftat zum Taxigewerbe. Eine solche sei im vorliegenden Fall zu bejahen: Der Mann hatte in der Vergangenheit einen Fahrgast verprügelt und bei verschiedenen Wohnungseinbruchsdiebstählen das Fluchtfahrzeug gefahren.

BVerfG zu Pflichtteilsergänzungsrecht: community.beck (Claus-Hendrik Horn) stellt eine bereits im letzten Jahr ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Pflichtteilsergänzungsrecht vor. Dabei ging es um die Frage, wann Zuwendungen unter Ehegatten einen Pflichtteilsergänzungsanspruch auslösen. Grundsätzlich ist dies bei Schenkungen nur der Fall, wenn sie maximal 10 Jahre vor dem Erbfall gemacht wurden. Bei Zuwendungen unter Ehegatten gilt diese Frist jedoch gem. § 2325 Abs. 3 S. 3 BGB nicht. Das BVerfG sah in der Ausnahmeregelung für Ehegatten zwar eine Ungleichbehandlung mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG, hielt diese aber für sachlich gerechtfertigt. Der schenkende Ehegatte könne den Gegenstand schließlich weiter nutzen.

Recht in der Welt

Türkei – Ex-Verfassungsrichter verurteilt: Der ehemalige türkische Verfassungsrichter Murat Arslan ist von einem Gericht in Ankara wegen angeblicher Verbindung zu terroristischen Straftaten zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Dies berichtet lto.de. Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes (DRB), Jens Gnisa, wies auf Verstöße gegen rechtsstaatliche Grundsätze in dem Verfahren hin und solidarisierte sich mit Arslan. Dieser war Vorsitzender der inzwischen verbotenen Union der türkischen Richter und Staatsanwälte (Yarsav) gewesen, die der türkische Staatspräsident Erdogan nach dem gescheiterten Putsch 2016 wegen angeblicher Gülen-Verbindungen verbieten ließ. 

Schweiz – Verkaufte Bankdaten: Ein ehemaliger UBS-Manager ist in der Schweiz wegen der Weitergabe von Kundendaten zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt worden. Dies berichtet Hbl (Michael Brächer). Für die Datenlieferung soll er 1,3 Millionen Franken vom deutschen Staat erhalten haben. Dieser war anschließend gegen eine Vielzahl der UBS-Kunden vorgegangen, die Geld vor dem deutschen Fiskus versteckt hatten. 

Sonstiges 

Brexit im Bankenwesen: In einem Gastbeitrag für lto.de befasst sich Rechtsanwalt Hans-Peter Löw mit den arbeitsrechtlichen Konsequenzen eines "Hard Brexits" für deutsche Banken. Mehr als 45 bisher in London angesiedelte Finanzinstitute hätten demnach die Absicht, sich künftig in Frankfurt niederzulassen. Für Einpendler aus London stellte sich etwa die Frage nach der Notwendigkeit einer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis.  

AfD/Verfassungsschutz: Das interne Gutachten des Bundesverfassungsschutzes zur Einstufung der AfD als "Prüffall" ist nun auch Thema in der taz (Konrad Litschko). Es belaste die AfD schwer und sei nach Einschätzung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) plausibel. In einer Vielzahl von Zitaten hochrangiger AfD-Politiker zeigten sich gängige rechtsextremistische Narrative wie das der Zuwanderung als "Zersetzung" Deutschlands, ein ethnisch-biologisches Volksverständnis und eine Verächtlichmachung der politischen Verhältnisse     

Das Letzte zum Schluss

Höflicher Einbrecher: Im nordrhein-westfälischen Beckum hat ein Bewohner eines Einfamilienhauses einen Einbrecher angetroffen – der sich kurzer Hand entschuldigte und durch die Eingangstür wieder verschwand. Es berichtet spiegel.de

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. 

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau. 

lto/mps

(Hinweis für Journalisten)  

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage. 

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 22. Januar 2019: DSGVO-Bußgeld gegen Google / EU-Urheberrechtsreform vertagt / Strafbare Falschangaben im Asylverfahren? . In: Legal Tribune Online, 22.01.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33355/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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