Die juristische Presseschau vom 3. August 2018: Trumps Tweets / Gefälschtes AfDler-Chat­pro­to­koll? / Streit um beA-Zeit­plan

03.08.2018

Ermittler untersuchen die Tweets von Donald Trump. Außerdem in der Presseschau: Ein Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten will nicht an rassistischem Chat beteiligt gewesen sein und der DAV fordert, den beA-Start zu verschieben.

Thema des Tages

USA – Ermittlungen gegen Trump: Der Konflikt zwischen dem Sonderermittler Robert Mueller und US-Präsident Donald Trump spitzt sich zu. Während Trumps Anwälte versuchen, eine Vernehmung zu den Umständen der Entlassung von FBI-Direktor James Comey zu verhindern, sorgt Trump für neuen Gesprächsstoff, indem er Justizminister Jeff Sessions via Twitter aufforderte, "diese konstruierte Hexenjagd sofort zu beenden, ehe sie unser Land noch weiter beschmutzt". Mueller untersucht inzwischen auch die zahlreichen Tweets des US-Präsidenten, wobei sich die Frage stellt, ob es sich um justiziable Anweisungen handelt. Die SZ (Stefan Kornelius) und die FAZ (Majid Sattar) berichten.

Rechtspolitik

EU-Strafrecht nach Brexit: Der Staatsanwalt Eike Fesefeldt erläutert auf lto.de, warum er in dem Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union eine Chance für das europäische Strafrecht sieht. Der Staat habe sich als "ewiger Bremser" bei der Harmonisierung im Strafrecht erwiesen. Dies liege auch daran, dass das Strafrecht im Vereinigten Königreich noch immer die Erfolgshaftung kennt, die mit dem Schuldprinzip nicht vereinbar ist, das in den kontinentaleuropäischen Staaten gilt und vom Bundesverfassungsgericht auch für das europäische Strafrecht gefordert wird. Die strafrechtliche Zusammenarbeit mit der britischen Justiz habe sich zudem schon immer schwierig gestaltet.

EU-Migrationspolitik: Im Interview mit dem Hbl (Till Hoppe) spricht sich der EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos gegen rein nationale Lösungen in der Migrationspolitik aus. Er werde versuchen, alle Mitgliedstaaten von einer fairen Lastenteilung zu überzeugen. Um die offenen Binnengrenzen zu erhalten, sollen Anreize für Asylsuchende beseitigt werden, das Ersteinreiseland zu verlassen.

Zugehörigkeit zu Deutschland: Reinhard Müller (FAZ) nimmt die Kontroverse um Mesut Özil zum Anlass, sich Gedanken zur Zugehörigkeit von Migranten zu machen. Die Werte des Grundgesetzes habe gewiss nicht jeder verinnerlicht, jedoch sei Rassismus seltener geworden. Wer dazugehören wolle, von dem könne etwas verlangt werden. Von Seiten des Staats wiederum dürfe "keine Selbstverleugnung verlangt werden, sondern das Signal: Ihr seid Deutschland!"

Justiz

EuGH – Anleihekäufe durch EZB: Die wissenschaftlichen Mitarbeiter Ammar Bustami und Julia Wagner beleuchten auf verfassungsblog.de die rechtlichen Fragen, die am 10. Juli vor dem Europäischen Gerichtshof in der Rechtssache Weiss u.a. verhandelt wurden. Dabei ging es vor allem um die Frage, ob die Europäische Zentralbank durch den Ankauf von Anleihen im Rahmen des Public Sector Purchase Programme (PSPP) das währungspolitische Mandat überschreitet und Wirtschaftspolitik betreibt. Zudem muss der Gerichtshof die Vorlagefrage des Bundesverfassungsgerichts beantworten, ob die im PSPP-Beschluss möglicherweise angelegte unbegrenzte Risikoteilung den Verlust der Budgethoheit des Deutschen Bundestags zur Folge haben könnte.

LG Mannheim – Chatprotokoll von AfD-Mitarbeiter? Der Mitarbeiter von zwei AfD-Abgeordneten des baden-württembergischen Landtags wehrt sich vor dem Landgericht Mannheim gegen einen Artikel der Wochenzeitung Kontext, in dem behauptet wird, dass er sich antisemitisch und rassistisch in einem Chat der rechten Szene geäußert habe. Der Mann bestreitet, dass die Äußerungen von ihm stammen. Die Belege im Chatprotokoll seien gefälscht worden. Der Richter ließ keinen Zweifel am rassistischen Charakter der Äußerungen und kündigte an, dass im Hauptsacheverfahren möglicherweise ein IT-Gutachten eingeholt werden müsse. Die SZ (Wolfgang Janisch) berichtet.

LG Augsburg zu Tod von Ursula Herrmann: Das Landgericht Augsburg hat Werner M. zur Zahlung von Schmerzensgeld an den Bruder der der 1981 entführten und getöteten Ursula Herrmann verurteilt. M. war bereits 2010 wegen erpresserischen Menschenraubes mit Todesfolge verurteilt worden und bestreitet bis heute die Tat. Der Bruder des Opfers hatte den Zivilprozess angestrengt, um die Tat aufzuklären. Er zweifelt daran, dass M. der alleinige Täter ist. Das Landgericht sprach ihm ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.000 Euro zu. Über den Fall berichten die taz (Dominik Baur) und spiegel.de (Tobias Lill).

LG Limburg – Kinderporno-Plattform: Vor dem Landgericht Limburg hat der Prozess gegen vier Männer begonnen, denen vorgeworfen wird, im Darknet die Kinderporno-Plattform "Elysium" betrieben zu haben. Sie sind wegen bandenmäßiger und fortgesetzter Beschaffung sowie Verbreitung kinderpornografischer Schriften angeklagt. Einem Angeklagten wird darüber hinaus vorgeworfen, die vier und sechs Jahre alten Kinder eines "Elysium"-Kunden missbraucht zu haben. Alle Angeklagten haben angekündigt, im Laufe des Prozesses auszusagen. Es berichten die SZ (Jan Willmroth), die Welt (Per Hinrichs) und spiegel.de (Arno Frank).

LG Stralsund zu Kletteraktivistin: Die Kletteraktivistin Cécile Lecomte hat vor dem Landgericht Stralsund einen Sieg errungen. Sie hatte 2010 bei Greifswald einen Castor-Transport gestoppt und war anschließend für acht Stunden in Gewahrsam genommen worden. Ihre Klage gegen die Ingewahrsamnahme war zunächst nicht erfolgreich. Das Bundesverfassungsgericht sah in den abweisenden Urteilen jedoch eine Verletzung des Gebotes effektiven Rechtsschutzes. Jetzt hat das Landgericht die Rechtswidrigkeit der Maßnahme festgestellt. Die taz (Reimar Paul) stellt den Fall und die Aktivistin vor.

Handys im Justizvollzug: Trotz des strikten Verbots schaffen es Gefangene immer wieder, Mobiltelefone in Justizvollzugsanstalten zu schmuggeln und dort zu verstecken. In Berlin wurden im vergangenen Jahr 1.303 Stück beschlagnahmt. Manche Länder gehen mit sogenannten Handyfindern oder mit Störsendern gegen die illegale Telefonie vor. Die Grünen in Sachsen wollen Telefone in der Haftzelle und auch Internet hingegen unter bestimmten Auflagen erlauben. Das schreibt die SZ (Ronen Steinke).

Recht in der Welt

USA – Welfenschatz: Im Feuilleton der Welt befasst sich Hannes Hartung, der als Rechtsanwalt den Kunstsammler Cornelius Gurlitt vertreten hat, mit der Klage vor einem US-Gericht auf Herausgabe des Welfenschatzes. Das Appellationsgericht hatte am 10. Juli die Klage zugelassen, weil es eine für die Zuständigkeit amerikanischer Gerichte notwendige "Violation of International Law" annahm. Hartung meint, Deutschland habe jetzt die "Chance zu zeigen, dass es ihm mit fairen und gerechten Lösungen auch in seinen öffentlichen Sammlungen wirklich ernst ist".

Bulgarien – Istanbul-Konvention: Die Rechtswissenschaftlerin Radosveta Vassileva kritisiert auf verfassungsblog.de (in englischer Sprache) eine Entscheidung des bulgarischen Verfassungsgerichts, nach der das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (sogenannte Istanbul-Konvention) in sich widersprüchlich ist und daher die Rechtsstaatlichkeit gefährdet sowie in Teilen gegen die Verfassung verstößt. In dem Urteil zeige sich eine Intoleranz gegenüber nicht heterosexuellen Personengruppen und ein stereotypes Frauenbild.

Sonstiges

"Feindeslisten" von Rechtsextremen: Nach einem Bericht von lto.de (Hasso Suliak) ist noch unklar, wie die Ermittlungsbehörden mit den ihnen bekannt gewordenen "Feindeslisten" umgehen, auf denen Rechtsextreme die Namen von mehr als 35.000 politischen Gegnern gesammelt haben. Das Bundeskriminalamt verweise auf die Zuständigkeit der Länder. Diese haben noch nicht entschieden, ob sie die auf den Listen genannten Personen proaktiv informieren, wie es etwa der Deutsche Journalistenverband für betroffene Journalisten fordert. Eine Sprecherin des Landeskriminalamts Mecklenburg-Vorpommern weist darauf hin, dass dass jeder Bürger auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes Auskunft verlangen könnte.

beA: Die Bundesrechtsanwaltskammer will trotz Sicherheitsbedenken am 3. September das besondere elektronische Anwaltspostfach in Betrieb nehmen. Ein Verschlüsselungsverfahren könne noch nicht umgesetzt werden, weil die Umstellung des Systems der Gerichte für den Elektronischen Rechtsverkehr noch Zeit benötige. Das sichere Verfahren soll daher im laufenden Betrieb eingeführt werden. Der Deutsche Anwaltverein und der Bund der Unternehmensjuristen plädieren angesichts der Sicherheitsbedenken dafür, den Start erneut zu verschieben. Entscheiden müssen darüber nun die Präsidenten der regionalen Kammern, die bis zum 7. August im schriftlichen Verfahren abstimmen oder eine erneute außerordentliche Präsidentenkonferenz erzwingen können, so lto.de (Pia Lorenz).

Datenleaks beim BND: Nach einem Bericht des Tsp (Jost Müller-Neuhof) sind die Verstöße gegen den Schutz von geheimen Dokumenten beim Bundesnachrichtendienst seit dem Bekanntwerden des NSA-Skandals gestiegen. In den Jahren 2016 und 2017 seien durchschnittlich drei Verstöße pro Woche festgestellt worden. Erst Ende vergangenen Jahres seien die Zahlen gesunken, was möglicherweise auch auf die von der Bundesregierung ausgerufene Geheimschutz-"Optimierung" zurückzuführen sei.

Co-Living und Serviced Apartments: Im Immobilien-Teil der FAZ beschäftigen sich die Rechtsanwälte Martin Hamer und Johann-Frederik Schuldt mit den rechtlichen Rahmenbedingungen für neue Wohnkonzepte wie Co-Living und Serviced Apartments, bei denen neben dem Wohnen auch andere Leistungen angeboten werden. Je nachdem, ob es sich um eine klassische Wohnung oder eine gewerbliche Beherbergung handele, seien unterschiedliche bau-, zweckentfremdungs- und milieuschutzrechtliche Anforderungen zu beachten. Für die Abgrenzung komme es unter anderem auf die Mietdauer und den Umfang der zusätzlichen Leistungen an.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/dw

(Hinweis für Journalisten)

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 3. August 2018: Trumps Tweets / Gefälschtes AfDler-Chatprotokoll? / Streit um beA-Zeitplan . In: Legal Tribune Online, 03.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30149/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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