Die juristische Presseschau vom 6. Dezember 2017: Pegida-Galgen straflos / Kappe im Gericht zulässig / "Elek­tro­ni­sche Per­sön­lich­keit" kri­ti­siert

06.12.2017

Justiz

EGMR zu Kappe im Gericht: Ein Moslem, der im Gericht aus religiösen Gründen seine Kappe aufbehält, ohne sich über das Gericht und die Gesetze lustig zu machen, darf deshalb nicht bestraft werden. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Fall aus Bosnien entschieden, wie tagesschau.de (Gigi Deppe) berichtet.

EuG zu Marke "Mi Pad": Das chinesische Unternehmen Xiaomi hat kein Recht, den Namen "Mi Pad" als Marke für elektronische Geräte beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eintragen zu lassen. Dies entschied laut lto.de das Europäische Gericht auf Klage des Unternehmens Apple, das Tabletcomputer unter dem Markennamen iPad herstellt. Das EuG sah eine zu große Ähnlichkeit der Namen, die nur durch den zusätzlichen Buchstaben "M" verschieden seien.

BVerwG zu Jagdsteuer: Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Jagdbezirke innehat, muss keine Jagdsteuer zahlen, wenn sie nur wirtschaftliche Zwecke verfolgt. Das hat nach einer Meldung der FAZ (Hendrik Wieduwilt) jüngst das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden, weil es bei einer derartigen Gesellschaft nicht um "besonderen persönlichen Lebensbedarf" gehe.

LG Paderborn  Höxter: Das Landgericht Paderborn muss einen neuen Gutachter für den Hauptangeklagten Wilfried Wagner suchen. Die Verteidigung hatte dem bisherigen Gutachter schwerwiegende Widersprüche zwischen seinen mündlichen Äußerungen und seinem schriftlichen Gutachten vorgeworfen. Inzwischen hat sich der Gutachter "auf nicht absehbare Zeit" krank gemeldet. Damit der Prozess nicht platzt, überlegt das Gericht, die Gutachterin von Wagners mitangeklagter Ehefrau nun auch mit der Begutachtung von Wagner selbst zu betrauen. Laut SZ (Hans Holzhaider) gibt es für diesen Vorschlag unter erfahrenen Gutachtern Kritik, aber auch Lob.

OLG München  NSU: Die Nebenklage-Anwältin Antonia von der Behrens kritisierte, dass die Polizei beim Verfassungsschutz nicht nach rassistischen Motiven der Mordserie nachfragte und es der Behörde daher einfach gemacht habe, ihr Wissen zurückzuhalten. Der Nebenklage-Anwalt Alexander Hoffmann macht die gewaltbefürwortende, rassistische Haltung des Mitangeklagten Ralf Wohlleben für die NSU-Morde mitverantwortlich, berichtet spiegel.de (Julia Jüttner).

LG Duisburg  Loveparade: FAZ-Einspruch (Alexander Haneke/Corinna Budras) geben einen Überblick über das am Freitag am Landgericht Duisburg beginnende Verfahren zur strafrechtlichen Aufarbeitung der Loveparade 2010, bei der 21 Menschen starben. Ausführlich werden Rahmenbedingung und Vorgeschichte des Prozesses beschrieben. Für die Verteidigung biete es sich an, auf die absolute Verjährung zu spekulieren, die am 23. 7. 2020 eintrete, wenn die Kammer bis dahin zu keinem Urteil komme. In einem ähnlich ausführlichen Vorbericht stellt die FAZ (Reiner Burger) die Abläufe in der Duisburger Verwaltung im Vorfeld der damaligen Loveparade in den Mittelpunkt.

StA Braunschweig  VW-Betriebsrat: Der wissenschaftliche Mitarbeiter Christian Brand erläutert in der FAZ, unter welchen Bedingungen VW-Manager sich durch die Gewährung einer überhöhten Vergütung des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Bernd Osterloh wegen Untreue strafbar gemacht haben. Voraussetzung sei, dass in der VW-Satzung oder in den Anstellungsverträgen der Manager ein ausdrückliches Verbot solcher überhöhter Vergütungen für Betriebsräte enthalten war.

Klagen gegen das DFB-Leistungszentrum: FAZ-Einspruch (Helmut Schwan) schildert ausführlich die juristischen Auseinandersetzungen um das in Frankfurt geplante neue Leistungszentrum des Deutschen Fußballbunds, über das an diesem Freitag der DFB-Bundestag abstimmen wird. Das Leistungszentrum soll auf dem Gelände einer verfallenen Pferderennbahn entstehen. Das Gelände hatte die Stadt dem DFB in Erbpacht überlassen. Doch die Pferdefreunde gingen mit zeitweise neun parallelen Prozessen gegen die Kündigung ihres Vertrags und das Räumungsverlangen der Stadt vor.

EuGH-Schlussanträge: Nach einer Auswertung aller 135 Schlussanträgen der EuGH-Generalanwälte aus der zweiten Jahreshälfte 2016 kommt FAZ-Einspruch (Constantin van Lijnden) zu dem Ergebnis, dass der Europäische Gerichtshof in 86 Prozent der Fälle den Empfehlungen im Ergebnis gefolgt und in 14 Prozent der Fälle davon abgewichen ist.

BVerwG-Urteile: lto.de (Tanja Podolski) stellt neun wichtige Urteile des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2017 vor. Dabei geht es um folgende Themen: "Licht aus"-Appell eines OB, Abschiebungsanordnung gegen Gefährder, Medikament für schmerzlose Selbsttötung, Karenzzeit für pensionierten Richter, Tornado-Flug über G8-Camp, verkaufsoffener Sonntag, Entlassung eines rechtsextremen Polizisten, Einbürgerung trotz Identitätstäuschung, MPU für Fahrt unter 1,6 Promille.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 6. Dezember 2017: Pegida-Galgen straflos / Kappe im Gericht zulässig / "Elektronische Persönlichkeit" kritisiert . In: Legal Tribune Online, 06.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25867/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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