Die juristische Presseschau vom 5. Dezember 2017: Streit um BGH-Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde / StA ver­zichtet auf Sch­le­cker-Revi­sion / Twit­tern im Gericht

05.12.2017

Richter fordern neue Regelung zum Streitwert bei Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH. Außerdem in der Presseschau: Die Staatsanwaltschaft akzeptiert das Schlecker-Urteil und Argumente gegen richterliches Twitterverbot.

Thema des Tages

BGH-Nichtzulassungsbeschwerde: Im Juni 2018 läuft die zivilprozessrechtliche Regelung aus, wonach der Streitwert einer Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof bei mindestens 20.000 Euro liegen muss. Ab diesem Zeitpunkt können Nichtzulassungsbeschwerden mit jedem noch so geringen Streitwert erhoben werden. Wie die FAZ (Hendrik Wieduwilt) berichtet, befürchten Bundesrichter und der Deutsche Richterbund dadurch eine Überlastung des Bundesgerichtshofs durch Revisionsverfahren. Dies hätte fatale Folgen für viele Bürger, die bei Rechtsstreitigkeiten im Banken-, Versicherungs-, Miet- oder Verkehrsunfallrecht erst nach vielen Jahren ein Urteil des Bundesgerichtshofs erhalten. Auch auf die Landes- und Oberlandesgerichte käme mehr Arbeit zu, da sie ausführlichere Urteile schreiben müssten, wenn eine Nichtzulassungsbeschwerde möglich sei. Der Gesetzgeber müsse langfristig eine neue Wertgrenze festsetzen. Angesichts der aktuell schwierigen Regierungsbildung sei von einer geschäftsführenden Bundesregierung jedoch erst einmal nur eine neue Zwischenlösung zu erwarten.

Rechtspolitik

EU-Mehrwertsteuer: Wie die FAZ (Manfred Schäfers) berichtet, wollen die EU-Finanzminister an diesem Dienstag eine Reform der Mehrwertsteuer beschließen, wonach für Unternehmen in jedem Mitgliedstaat eine zentrale Anlaufstelle eingerichtet werden soll, bei der sie gegenüber allen EU-Mitgliedstaaten ihrer Mehrwertsteuerpflicht nachkommen können. Des Weiteren soll die Bagatellgrenze von 22 Euro im Zollrecht entfallen. Die Reform soll es Unternehmen erleichtern, ihre steuerlichen Pflichten zu erfüllen, sowie Steuerbetrug verhindern.

In einem Kommentar stellt Manfred Schäfers (FAZ) die Frage, ob sich die Steuerreform praktisch gut umsetzen lasse und die zentralen Anlaufstellen in allen EU-Mitgliedstaaten erfolgreich Steuern eintreiben könnten. So seien zum Beispiel die griechischen Behörden schon damit überfordert, die eigenen Steuern nach nationalem Recht einzutreiben.

Lauschangriff: Laut einem Antrag für die am Donnerstag beginnende Innenministerkonferenz will Bundesinnenminister Thomas de Maizière eine Hilfspflicht für Hersteller von Alarmanlagen und Fahrzeugen einführen, um der Polizei Lauschangriffe in Wohnungen und Autos zu erleichtern. In manchen Fahrzeugen würde die digitiale Sicherheitstechnik den Verdächtigen vor dem Lauschangriff bisher noch warnen. Wie die taz (Christian Rath) beschreibt, sei die konkrete Ausgestaltung der Hilfspflicht noch offen, der Innenminister habe jedoch ein Abhören in Wohnungen und Autos durch eigene Elektrogeräte ausgeschlossen.

Bürgerversicherung: Die SZ (Nikolaus Piper) erörtert die Vor- und Nachteile des gesetzlichen Reformvorhabens um die Einführung einer Bürgerversicherung. Für die Einführung spreche, dass Unterschiede zwischen gesetzlich und privat Versicherten eingeebnet werden könnten. Hingegen könnten Übergangsprobleme auftreten, da der Staat in laufende private Versicherungsverträge nicht eingreifen dürfe und diese somit bestehen blieben. Außerdem lenke das Reformvorhaben von dem eigentlichen Problem der zukünftigen Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems ab.

In einem Gastbeitrag für die Welt stellt der emeritierte Rechtsprofessor Rupert Scholz die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Bürgerversicherung fest. Aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 und Nr. 12 GG ergebe sich ein Nebeneinander zwischen dem "privatrechtlichen Versicherungswesen" und der "Sozialversicherung". Zudem stelle die Einführung der Bürgerversicherung nicht zu rechtfertigende Eingriffe in die Eigentumsgarantie sowie die Berufsfreiheit der Unternehmen der privaten Krankenversicherung dar.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 5. Dezember 2017: Streit um BGH-Nichtzulassungsbeschwerde / StA verzichtet auf Schlecker-Revision / Twittern im Gericht . In: Legal Tribune Online, 05.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25847/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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