Die juristische Presseschau vom 27. Oktober 2017: Strafe für fahr­lässig han­delnden Vater / Tor­nados sind ein­schüch­t­ernd / Erfolgs­aus­sichten für VW-Klagen

27.10.2017

Justiz

BAG zu Kündigungsfrist für Arbeitnehmer: Eine Kündigungsfrist von drei Jahren für Arbeitgeber und Arbeitnehmer stellt eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar. Das hat das Bundesarbeitsgericht unter Berufung auf die Berufsfreiheit entschieden. Die Entscheidung wird von Rechtsprofessor Michael Fuhlrott auf lto.de und von community.beck.de (Christian Rolfs) erläutert.

BVerwG zu Tornados über G-8-Protestcamp: Während des G-8-Gipfels in Heiligendamm sind im Jahr 2007 Kampfflugzeuge der Bundeswehr in 114 Meter Höhe über ein Protestcamp geflogen. Das Bundesverwaltunsgericht hat jetzt festgestellt, dass damit in die Versammlungsfreiheit eingegriffen wurde. Die Tornados hätten durch ihren angsteinflößenden Anblick und die Überraschungswirkung im Kontext der Vorbereitung der Demonstrationen gegen den G-8-Gipfel eine einschüchternde Wirkung gehabt. Daher handele es sich um einen faktischen Grundrechtseingriff. Ob dieser nach dem Landespolizeigesetz gerechtfertigt war, muss jetzt das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern entscheiden. Das meldet die taz (Pascal Beucker).

OLG Düsseldorf zu Klagen gegen VW: Schadensersatzklagen gegen den VW-Konzern haben Aussicht auf Erfolg. Das hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Hinweisbeschluss festgestellt. In dem Rechtsstreit ging es um die Frage, ob die Rechtsschutzversicherung eines VW-Kunden eine Deckungszusage für eine Klage gegen den Autohersteller abgeben muss. Die FAZ (Hendrik Wieduwilt) und lto.de berichten.

AG Celle zu Fleischklau in JVA: Vor dem Amtsgericht Celle hat der Prozess gegen vier Häftlinge begonnen, denen vorgeworfen wird, Fleisch im Wert von 300 Euro aus der JVA-Küche unterschlagen zu haben. Der Küchenchef der Justizvollzugsanstalt ist wegen Beihilfe angeklagt. Während die Verteidiger sich für eine zügige Einstellung des Verfahrens aussprachen, will die Staatsanwaltschaft den Fall aufklären, wie SZ (Peterf Burghardt) und lto.de berichten.

FG Berlin-Brandenburg zu digital bearbeiteter Fotokunst: Digital bearbeitete Fotokunst fällt unter den ermäßigten Umsatzsteuersatz. Das hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschieden. Der Begriff der Collage umfasse auch Kunstwerke, die nicht mit der Hand sondern am Computer bearbeitet worden seien. Das Hbl (Christiane Fricke) stellt das Urteil und den zugrunde liegenden Fall vor.

EuGH – Facebook-Fanpages: Der wissenschaftliche Mitarbeiter Johannes Marosi analysiert auf lto.de die Schlussanträge des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof Yves Bot zur datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit von Betreibern von Facebook-Fanpages. In seinem Schlussantrag nimmt der Generalanwalt eine gemeinsame Verantwortlichkeit der Facebook Ireland, Facebook Inc. und des Betreibers der Fanpage, im konkreten Fall einer privaten Wirtschaftsakademie, an. Der Betreiber sei verantwortlich, weil er es in der Hand habe, durch die Löschung der Seite die Datenverarbeitung zu beenden. Der Generalanwalt nimmt schließlich auch eine Zuständigkeit der deutschen Aufsichtsbehörden an, weil die Daten hauptsächlich für die nationalen Werbegeschäfte genutzt würden, um die sich Facebook Germany kümmere.

OLG Frankfurt/M. – Schweizer Spion: Der Schweizer Spion Daniel M. Hatg vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main ein Geständnis abgelegt. Damit kommt er der Forderung des Gerichts nach, das im Gegenzug im Rahmen einer Verständigung eine Bewährungsstrafe von anderthalb bis zwei Jahren zugesichert hat. Der Privatagent gab zu, Geld vom Schweizerischen Geheimdienst erhalten zu haben, um eine Art Frühwarnsystem gegen den Ankauf von Steuer-CDs durch die deutschen Finanzbehörden zu entwickeln. Zum Einschleusen eines Maulwurfs sei es jedoch nicht gekommen. Vom Prozess berichten die FAZ (Helene Bubrowski) und die SZ (Annette Ramelsberger).

LG Freiburg – Mord an Studentin: Angesichts des Prozesses gegen den Flüchtling Hussein K., der vor dem Landgericht Freiburg wegen Mordes und Vergewaltigung einer Studentin angeklagt ist, fragt die Welt (Gisela Friedrichsen), "ob nicht das ganze System der Jugendhilfe, vor allem wenn es um Flüchtlinge geht, dringend einer Neuausrichtung bedarf". Es habe sich herausgestellt, dass Hussein K. ohne Genehmigung des Jugendamtes in einer Pflegefamilie untergebracht worden war, in der sich, anders als vereinbart, keine pädagogische Fachkraft um den Flüchtling kümmerte.

AG Gießen – Werbung für Schwangerschaftsabbruch: Die taz (Dinah Riese) stellt die Gießener Ärztin Kristina Hänel vor, die sich ab dem 24. November vor dem Amtsgericht Gießen wegen des Vorwurfs der "Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft" nach § 219a Strafgesetzbuch (StGB) behaupten muss. Die Ärztin weist auf ihrer Homepage darauf hin, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Mit ihrer Verteidigerin, der Rechtsprofessorin Monika Frommel, will sie notfalls durch alle Instanzen gehen.

SG Regensburg – Jobcenter und Mietpreisbremse: Das Jobcenter der Stadt Regensburg will nicht die Miete eines Arbeitslosen übernehmen, weil sie gegen die Mietpreisbremse verstößt. Das berichtet die SZ (Thomas Öchsner). Der Rechtsanwalt des Betroffenen sieht für das Vorgehen des Jobcenters keine Rechtsgrundlage und will den Fall vor das Sozialgericht bringen.

Fall Gurlitt: Die SZ (Heribert Prantl) rezensiert das Buch "Der Fall Gurlitt. Die wahre Geschichte über Deutschlands größten Kunstskandal" des Kunsthistorikers Maurice Philip Remy. Das Buch versuche, "dem kauzigen alten Gurlitt und dessen 1956 verstorbenem Vater, dem Kunsthändler Hildebrand Gurlitt, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen". Es zeige, dass Zoll, Staatsanwaltschaft und Justiz mit weit hergeholten Verdachtsmomenten gegen Gurlitt vorgegangen seien und rechtswidrig die Kunstwerke beschlagnahmt hätten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 27. Oktober 2017: Strafe für fahrlässig handelnden Vater / Tornados sind einschüchternd / Erfolgsaussichten für VW-Klagen . In: Legal Tribune Online, 27.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25267/ (abgerufen am: 18.04.2024 )

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