Das Bundessozialgericht stuft Profitänzer nicht als Künstler ein. Außerdem in der Presseschau: Kritik des BVerwG am Rundfunkbeitrag für Hostels und in Österreich tritt das Anti-Verhüllungsgesetz in Kraft.
Thema des Tages
BSG zu Künstlersozialabgabe I (Tanz): Die Produzenten von Tanzshows wie "Let's Dance" müssen für die eingesetzen Profitänzer keine Künstlersozialabgabe an die Künstlersozialkasse zahlen. Das entschied laut SZ (Bernd Kastner) und lto.de nun das Bundessozialgericht. Profitänzer seien Sportler und keine Künstler. Sie würden auch nicht dadurch zu Künstlern, dass sie in einer TV-Unterhaltungssendung auftreten.
BSG zu Künstlersozialabgabe II (Demo): Der gemeinnützige Verein, der in Berlin den Christopher Street Day (CSD) organisiert, muss für die Künstler, die bei der Abschlusskundgebung auftreten, ebenfalls keine Künstlersozialabgabe zahlen. Über diese Parallelentscheidung des Bundessozialgerichts schreiben die taz (Christian Rath) und lto.de. Der CSD sei eine politische Demonstration für die Rechte sexueller Minderheiten. Das teilweise künstlerische Programm der Abschlusskundgebung flankiere nur die im Zentrum stehende Parade. Der veranstaltende Verein sei kein Kunstvermarkter.
Rechtspolitik
Selbstkontrolle sozialer Medien: Die EU-Kommission hat Leitlinien für die Betreiber sozialer Medien wie Facebook vorgestellt. Anders als Deutschland mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz will die EU-Kommission vorerst noch auf gesetzliche Maßnahmen verzichten, um die Netzwerke zum schnelleren Löschen illegaler Inhalte zu bewegen. Sie räumte den Betreibern eine Frist bis Frühjahr 2018 ein, um sich freiwillig zu bessern. Von den Betreibern wird zudem erwartet, dass sie Upload-Filter einsetzen, die verhindern, dass illegale Inhalte erneut hochgeladen werden. Es berichten die FAZ (Hendrik Kafsack), die SZ (Thomas Kirchner) und netzpolitik.org (Thomas Rudl).
Funkzellenabfrage: Als erstes Bundesland plant Berlin, die Betroffenen von Funkzellenabfragen darüber zu informieren, dass ihre Handys erfasst wurden. In den kommenden Monaten soll eine Webseite freigeschaltet werden, auf der sich Handy-Nutzer mit ihrer Mobilfunk-Nummer anmelden können, damit sie künftig benachrichtigt werden können. Die Benachrichtigung soll etwa ein Jahr nach der Erfassung erfolgen, um die Ermittlungen zwischenzeitlich nicht zu stören, berichtet netzpolitik.org (Anna Biselli).
Justiz
BVerwG zu Rundfunkbeitrag für Hostel: Wenn ein Beherbergungsbetrieb in seinen Zimmern weder TV- noch Radio- noch Internetzugang anbietet, dürfte für diese Zimmer aus verfassungsrechtlichen Gründen kein zusätzlicher Rundfunkbeitrag verlangt werden, erklärte jetzt das Bundesverwaltungsgericht. Anders als bei Wohnungen existierten keine gesicherten Erkenntnisse, dass es fast immer entsprechende Empfangsmöglichkeiten gebe. Außerdem sei anhand von Werbung und Gästebewertungen das Angebot von Hotels und Hostels leicht zu überprüfen. Das BVerwG legte das Verfahren dennoch nicht dem Bundesverfassungsgericht vor. Es berichten die FAZ (Hendrik Wieduwilt) und auf lto.de der Anwalt Thomas Koblenzer, der zudem begründet, warum er den Rundfunkbeitrag generell für verfassungswidrig hält.
OLG Koblenz zu VW-Diesel-PKW: Das Oberlandesgericht Koblenz entschied erstmals in einem Diesel-Fall und lehnte laut lto.de die Klage des Käufers eines VW Tiguan gegen sein Autohaus auf Rückabwicklung des Kaufvertrags ab. Das Gericht konnte keine arglistige Täuschung des von VW unabhängigen Autohauses erkennen. Da das Auto verkauft wurde, bevor der Skandal öffentlich bekannt wurde, könne dem Autohaus das Verhalten von VW nicht zugerechnet werden.
OVG Lüneburg zu Kohlekraftwerk Stade: Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg ließ die weitere Planung für das Kohlekraftwerk des Chemie-Unternehmens Dow in Stade zu. Klagen von Umweltverbänden und einer Anliegerin wurden abgewiesen. Die Stadt habe Lärmschutz, mögliche Störfälle, natur- und wasserrechtliche Vorschriften sowie das Raumordnungsrecht ausreichend berücksichtigt, meldet die shz.
BVerfG verhängt Missbrauchsgebühr: Nun berichtet auch taz.de (Christian Rath) über die gegen einen Anwalt verhängte Missbrauchsgebühr. Der Anwalt hatte beim Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag wegen der drohenden Abschiebung seines Mandanten gestellt, obwohl er wusste, dass dieser bereits untergetaucht war.
BGH zu Verwertungskündigung: Auf lto.de befasst sich nun auch der Anwalt Dominik Schüller mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom Mittwoch zur Zulässigkeit von Verwertungskündigungen. Der BGH mahnte die Instanzgerichte dabei zur sorgfältigen Prüfung solcher Kündigungen und zur gründlichen Abwägung zwischen Vermieter- und Mieterinteressen.
OLG Köln zu 1 & 1: Nun berichtet auch die FAZ (Marcus Jung) über eine einstweilige Verfügung, die das Oberlandesgericht Köln gegen den Telekomanbieter 1 & 1 erlassen hat. Das Unternehmen darf die Werbung "Deutschlands bestes Netz" vorerst nicht mehr verwenden, weil damit der irreführende Eindruck erweckt werde, dass 1 & 1 ein eigenes Netz betreibe.
LG Augsburg – Linus Förster: Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat für den früheren bayerischen SPD-Landtagsabgeordneten Linus Förster eine Gefängnisstrafe von vier Jahren und neun Monaten gefordert. Förster soll zwei Frauen missbraucht und heimliche Sex-Aufnahmen gemacht haben. Nach Abschluss der Plädoyers will das Landgericht Augsburg am heutigen Freitag sein Urteil verkünden, meldet spiegel.de.
BVerfG – Windpark: Der Windparkentwickler wpd will am heutigen Freitag Verfassungsbeschwerde wegen Enteignung einlegen. Er könne nach Änderungen der Windkraft-Regulierung den 2013 genehmigten Offshore-Windpark Kaifas nicht mehr realisieren. Als einziges genehmigtes Projekt konnte sich dieser Windpark nicht einmal an einer Ausschreibung beteiligen, referiert das Hbl (Klaus Stratmann) die Kritik.
StA München – VW-Skandal: Nach der Verhaftung des ehemaligen VW-/Porsche-Managers Wolfgang Hatz lobt Heribert Prantl (SZ) die Ermittlungen der Münchener Staatsanwaltschaft. Diese habe den Sachverhalt besser durchdrungen als die parallel ermittelnde Staatsanwaltschaft Braunschweig.
Recht in der Welt
Österreich – Burkaverbot: Am 1. Oktober tritt in Österreich das Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz in Kraft. Das Tragen von Burka oder Niqab in der Öffentlichkeit oder in öffentlichen Behörden kann dann mit bis zu 150 Euro Geldstrafe geahndet werden. Die taz (Ralf Leonhardt) stellt das Gesetz inklusive der vielen Ausnahmen vom Verhüllungsverbot dar.
Italien – Korruption: Das italienische Anti-Mafia-Gesetz soll auf Korruptionsdelikte ausgeweitet werden, ein Mafia-Bezug ist dabei nicht erforderlich. Künftig könnte dann schon bei einem Korruptionsverdacht ein Unternehmen mehrere Jahre lang sanktioniert werden, berichtet die FAZ (Tobias Piller).
Irak – Kurdistan-Referendum: Der entlassene türkische Hochschullehrer Ilker Gökhan Sen befasst sich auf verfassungsblog.de mit dem Referendum in den irakischen Kurdengebieten, bei denen sich 92 Prozent der Beteiligten für eine Unabhängigkeit aussprachen. Das Referendum sei nicht bindend, zudem fehle ihm die Grundlage in der irakischen Verfassung und im Völkerrecht.
Australien – Spendenbetrug: Laut spiegel.de wurde die Bloggerin Belle Gibson wegen "vorsätzlicher Täuschung" zu einer Geldstrafe von umgerechnet 275.000 Euro verurteilt. Sie war mit der (falschen) Behauptung bekannt geworden, dass sie eine Krebserkrankung mit gesunder Ernährung überwunden habe. Verurteilt wurde sie, weil sie versprochen hatte, einen Großteil ihrer Einnahmen zu spenden, was sie dann aber unterließ.
Das Letzte zum Schluss
LG Gießen zu Eselbiss: Im September 2016 fuhr ein Sportwagenbesitzer beim Wenden rückwärts auf eine umzäunte Weide zu. Die Situation nutzend drückte sich ein Esel gegen den Zaun und biss zwei Mal ins Heck des Sportwagens. Die Versicherung der Eselhalter bezweifelte den Vorgang und wollte nicht zahlen, weshalb es jetzt zur Gerichtsverhandlung kam. Doch das Landgericht Gießen glaubte dem Sportwagenbesitzer die Schilderung vom bissigen Esel, so spiegel.de. Der Autobesitzer soll nun die Reparaturkosten erstattet bekommen.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 29. September 2017: BSG zu Künstlersozialabgabe / BVerwG zu Rundfunkbeitrag / Burkaverbot in Österreich . In: Legal Tribune Online, 29.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24779/ (abgerufen am: 16.04.2024 )
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