Die juristische Presseschau vom 6. September 2017: EGMR zu Über­wa­chung am Arbeits­platz / Pro­zess­be­ginn im Fall Maria L. / Streit um Gau­land-Auf­tritt

06.09.2017

In Freiburg beginnt der Prozess um die getötete Studentin Maria L. Außerdem in der Presseschau: Der EGMR stärkt die Rechte von Arbeitnehmern und die Stadt Nürnberg versucht, einen Auftritt von Alexander Gauland (AfD) zu verhindern.

Thema des Tages

EGMR – Private Internetnutzung: Arbeitgeber dürfen private Kommunikation am Arbeitsplatz nur eingeschränkt kontrollieren. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschieden, wie SZ (Wolfgang Janisch)Tsp (Jost Müller-Neuhof), Welt (Hannelore Crolly, BadZ (Christian Rath) und tagesschau.de (Gigi Deppe) berichten. Geklagt hatte ein rumänischer Verkaufsleiter, der trotz eines strikten Verbots am Arbeitsplatz heimlich mit seiner Freundin und seinem Bruder über teils intime Details geschrieben hatte. Ihm war deshalb 2007 unter Vorlage eines 45 Seiten starken Protokolls über die private Kommunikation gekündigt worden, das der Arbeitgeber angefertigt hatte. Das Straßburger Gericht befand nun, der Anspruch auf Achtung des Privatlebens bestehe auch am Arbeitsplatz fort und dürfe nur so weit eingeschränkt werden wie nötig. Arbeitgeber müssten daher über die Möglichkeit und das Ausmaß einer Überwachung vorab informieren und dabei einen legitimen Grund für die Maßnahme angeben. Ein pauschaler Hinweis auf "mögliche illegale Aktivitäten" reiche insoweit nicht. Mehrere Richter gaben eine abweichende Meinung zu der Entscheidung ab.

Die FAZ (Hendrik Wieduwilt) betont die Bedeutung des Arbeitgeberinteresses, private Kommunikation am Arbeitsplatz zu unterbinden. Die Vorgaben des Gerichtes zu Überwachungen seien "kleinteilig" und würden das europäische Arbeitsrecht "unübersichtlich" machen.  

Rechtsanwalt Jörn Kuhn erläutert in der FAZ eine ähnlich gelagerte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes aus dem Juli, in der es um die Verwendung eines sogenannten Keyloggers ging. Mit diesem hatte ein Arbeitgeber die Eingaben eines Arbeitnehmers an der Tastatur protokolliert. Das Gericht hatte in dieser Totalüberwachung einen massiven Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gesehen, der ein Verwertungsverbot der so erhobenen Daten für eine Kündigung zur Folge habe.

Rechtspolitik

Ehe für alle – Rechtsgutachten: Die Bayerische Staatsregierung hat ein Rechtsgutachten zur Einführung der "Ehe für alle" in Auftrag gegeben. Dies melden FAZ und SZ. Der Augsburger Rechtsprofessor Ferdinand Wollenschläger soll dabei der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Gesetzesänderung nachgehen, die Göttinger Rechtsprofessorin Dagmar Coester-Waltjen eine vergleichende Prüfung der internationalen Rechtslage vornehmen. Auf Grundlage dieses Gutachtens wolle die Staatsregierung entscheiden, ob sie das Bundesverfassungsgericht anruft.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 6. September 2017: EGMR zu Überwachung am Arbeitsplatz / Prozessbeginn im Fall Maria L. / Streit um Gauland-Auftritt . In: Legal Tribune Online, 06.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24341/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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