Die juristische Presseschau vom 2. bis 4. September 2017: Turban statt Motor­rad­helm? / VW gewinnt Pro­zess in USA / Narco-Taube erschossen

04.09.2017

Justiz

BGH zu Landfriedensbruch durch Hooligans: Wer sich als Hooligan in geschlossener Formation zu einer Massenprügelei mit rivalisierenden Gruppen begibt, kann auch dann wegen Landfriedensbruch bestraft werden, wenn er keine weiteren Straftaten begeht. Eine entsprechende Entscheidung des Bundesgerichtshofs vermeldet die Samstags-SZ.

LG Dresden verurteilt rechtsradikale Gewalttäter: Das Landgericht Dresden hat drei Rechtsradikale verurteilt, die bei einem Fest in Polenz zwei Bulgaren und einen Rumänien-Deutschen attackiert hatten. Der Haupttäter wurde zu neun Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe wegen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung und Zeigens des Hitlergrußes verurteilt. Der Richter kritisierte laut spiegel.de auch Zeugen, die sich nicht erinnern konnten. Es sei "eine Frage des Anstandes, dass man sich als Zeuge daran erinnern kann, wenn ein Mensch so schwer verletzt wird".

LG Karlsruhe zur Kündigung von Bausparverträgen: Das Landgericht Karlsruhe erklärte eine Vertragsklausel für unwirksam, die es einer Bausparkasse ermöglicht hätte, den Vertrag 15 Jahre nach Abschluss zu kündigen, solange bis dahin weder ein Darlehen abgerufen noch die Zuteilungsreife erreicht wurde. Dies wäre eine unangemessene Benachteiligung der Kunden. Die Kündigungsklausel war von der Badenia Bausparkasse verwendet worden, aber auch Bestandteil der Musterbedingungen des Verbands der Privaten Bausparkassen, berichtet die Samstags-FAZ (Markus Frühauf).

FG Köln - deutscher Anwalt in Belgien: Das Finanzgericht Köln hat den Fall eines deutschen Anwalts, der in Belgien lebt, aber die meisten Einkünfte in Deutschland erzielt, dem EuGH vorgelegt, meldet die Samstags-FAZ (Hendrik Wieduwilt). Das deutsche Finanzamt hatte ihm versagt, die Kosten für Zahlungen an das Versorgungswerk der Anwälte und an eine private deutsche Rentenversicherung vom Erwerb abzuziehen. Möglicherweise verstoße das gegen EU-Recht.

BAG zu Serien-Schauspieler: Nun berichten auch die Samstags-Welt (Antje Hildebrandt) und community.beck.de (Markus Stoffels) über das Urteil des Bundesarbeitsgerichts, das die Klage von zwei Schauspielern der Krimiserie "der Alte" abgelehnt hatte, nachdem deren Rollen neu besetzt werden sollten. Die Befristung der Verträge sei aus künstlerischen Gründen gerechtfertigt gewesen.

Strafzumessung: Rechtsprofessor Henning Ernst Müller vergleicht auf lto.de die harte Strafe für einen niederländischen Autonomen durch das AG Hamburg mit der milden Strafe für einen rechtsextremen Gewalttäter durch das AG Dresden. Keines der Urteile sei ersichtlich rechtsfehlerhaft. Allerdings gebe es "keine Regeln, die bei vergleichbaren Voraussetzungen notwendig zu ähnlichen Strafen führen, und bei jeder Straftat lassen sich weit auseinanderfallende Strafen gesetzeskonform begründen."

BVerfG zu TV-Wahlwerbung: Die Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) gibt einen Überblick über die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Wahlwerbespots. Seit 1957 müssen alle Parteien berücksichtigt werden. Seit 1962 ist klar, dass bisher erfolgreiche Parteien mehr Sendezeit erhalten dürfen. 1978 wurde entschieden, dass auch verfassungswidrige Spots ausgestrahlt werden müssen.

OLG München - NSU: Im Rahmen ihres Plädoyers nahm die Bundesanwaltschaft nun eine rechtliche Würdigung der Taten der Angeklagten vor. Dies wird dargestellt von der Samstags-FAZ (Helene Bubrowski), der Samstags-SZ (Annette Ramelsberger/Wiebke Ramm) und zeit.de (Tom Sundermann) Es spreche viel dafür, dass die Ankläger am 12. September zum Abschluss ihres Plädoyers eine lebenslange Freiheitsstrafe für Beate Zschäpe beantragen werden.

OLG Hamburg - Spionage für die Türkei: Am Donnerstag beginnt vor dem Oberlandesgericht Hamburg der Prozess gegen den Türken Fatih S., dem geheimdienstliche Agententätigkeit für die Türkei vorgeworfen wird. Er soll - als Journalist getarnt - kurdische Politiker in Deutschland ausspioniert haben. Dass er ihre Ermordnung plante, konnte nicht bewiesen werden. Der Spiegel (Martin Knobbe) beschreibt den Fall ausführlich.

OLG Stutgart - Massaker der Nusra-Front: Ende September beginnt vor dem Oberlandesgericht Stuttgart der Prozess gegen den Syrer Abdul Jawad al-K. Er soll als Kommandeur einer Kampfeinheit der islamistischen Nusra-Front in der syrischen Stadt Tabka im März 2013 an einem Massaker beteiligt gewesen sein. Der Angeklagte lebt inzwischen als Flüchtling in Deutschland und war von anderen syrischen Flüchtlingen, die den Opfern nahestanden, erkannt worden. Der Spiegel (Jörg Diehl/Fidelius Schmid) schildert den Fall.

LG Freiburg - Mord an Maria L.: Am Dienstag beginnt am Landgericht Freiburg der Prozess gegen den Afghanen Hussein K.. Er soll im Oktober 2016 die Freiburger Studentin Maria L. vergewaltigt und bewusstlos in einen Fluss gelegt haben, wo sie ertrank. K. kam als angeblich minderjähriger Flüchtling nach Freiburg. Zuvor saß er in Griechenland wegen einer anderen Gewalttat im Gefängnis, wurde aber aufgrund einer Amnestie entlassen. Die Samstags BadZ (Frank Zimmermann) stellt den Fall dar.

StA Rostock - MdL Arppe: Die Staatsanwaltschaft Rostock wird keine Ermittlungen gegen den ehemaligen AfD-Politiker Holger Arppe einleiten, nachdem Chatprotokolle mit Gewaltphantasien bekannt wurden, meldet zeit.de. Arppes Äußerungen seien allgemein gehalten und nur in einem privaten Kreis geäußert worden.

StA Berlin - MdB Künast/Fake News: Die Grünen-Abgeordnete Renate Künast kritisiert laut Spiegel (Marcel Rosenbach), dass die Berliner Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den Schweizer Rechtspopulisten Ignaz Bearth vorläufig eingestellt hat. Dieser soll Künast nach einem Mord in Freiburg ein erfundenes Zitat untergeschoben haben, in dem sie Verständnis für den Täter äußert. Die Staatsanwaltschaft begründe die Einstellung damit, dass kein Aufenthaltsort von Bearth in Deutschland bekannt sei.

Kirchhof-Interview: Wie der Spiegel (Melanie Amann) meldet, hat ein Interview von BVerfG-Vizepräsident Ferdinand Kirchhof "für Aufregung in Justizkreisen" gesorgt. In der FAZ hatte sich Kirchhof vor wenigen Tagen gemeinsam mit dem bayerischen Justizminister Winfried Bausback (CSU) interviewen lassen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 2. bis 4. September 2017: Turban statt Motorradhelm? / VW gewinnt Prozess in USA / Narco-Taube erschossen . In: Legal Tribune Online, 04.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24283/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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