Die juristische Presseschau vom 15. August 2017: Libyen gegen See­not­retter / Lesen als Sank­tion / Römi­sches Recht im AfD-Pro­gramm

15.08.2017

Libyen geht in rechtlich fragwürdiger Weise gegen Seenotrettungs-Organisationen vor. Außerdem in der Presseschau: Jugendlicher zu Lektüre verurteilt und die AfD will im römischen Recht die Grundlage des Rechtsstaats erkennen.

Thema des Tages

Mittelmeer – Seenotrettung: Nachdem die libysche Regierung internationale Gewässer zur "Search and Rescue"-Zone erklärt und Hilfsorganisationen aufgefordert hat, diese nicht mehr anzusteuern, haben inzwischen drei Organisationen ihren Rückzug von der Seenotrettung angekündigt. Laut dem Seerechtsexperten Alexander Proelß, mit dem spiegel.de (Peter Maxwill) gesprochen hat, verstößt die libysche Führung damit gegen Völkerrecht. Außerhalb der Zwölf-Meilen-Zone gelte prinzipiell die Freiheit der Schifffahrt. Die Verdrängung von Rettungsschiffen aus internationalen Gewässern habe mit "Search and Rescue" nichts zu tun.

Jasper von Altenbockum (FAZ) wirft den Hilfsorganisationen vor, das Geschäft der Schlepper zu betreiben, die noch mehr Geld eintreiben könnten, weil sie wüssten, dass auf hoher See "geliefert" werde. Um glaubwürdiger als die Nichtregierungsorganisationen zu sein, müssten die europäischen Regierungen einen Verteilungsmechanismus in der EU und menschenwürdige Zustände in libyschen Auffanglagern erreichen. Christian Jakob (taz) vermutet hinter dem Vorgehen der libyschen Regierung europäisches Kalkül. Da die Führung Libyens keiner Öffentlichkeit rechenschaftspflichtig sei, könne sie machen, was der EU bislang schwerfiel.

Rechtspolitik

Datenaustausch mit USA: Laut einem Bericht von netzpolitik.org (Matthias Monroy) wollen sich europäische Polizeibehörden an der Operation "Gallant Phoenix" unter Führung des US-Militärs beteiligen und dabei Informationen zu "ausländischen Kämpfern" in Syrien erhalten. Auch die Beteiligung des Bundesnachrichtendienstes sei im Gespräch, obwohl das Bundeskriminalamt sich aus einem Vorläuferprojekt wegen rechtlicher Bedenken zurückgezogen habe.

Arbeitnehmermitbestimmung: Rechtsanwalt Jobst-Hubertus Bauer vertritt in einem Gastbeitrag für das Hbl die Ansicht, dass es in Deutschland eher zu viel als zu wenig Mitbestimmung gebe. Kritische Stimmen seien aus Vorstandskreisen kaum zu vernehmen, weil sie vom paritätisch besetzten Aufsichtsrat abhängig seien. Daher sollten Entscheidungen über Bezüge, Bestellung und Abberufung von Vorständen von der Mitbestimmung ausgenommen sein. Die von der SPD geforderte Ausweitung der Mitbestimmung auf Unternehmen in ausländischer Rechtsform mit Sitz in Deutschland verstoße gegen EU-Recht.

Migrationspolitik: Das Hbl (Frank Specht) vergleicht die Positionen der verschiedenen Parteien zur Migrationspolitik. Während sich die Aussagen von SPD und Union in vielen Fragen ähnelten, bestünden große Differenzen zwischen den Oppositionsparteien. Die AfD wolle das Asylrecht abschaffen und sehe Deutschland nicht als Einwanderungsland; die Linke wolle hingegen die Grenzen für alle Zuwanderer öffnen. Erwähnt wird auch ein Plädoyer der Rechtsprofessoren Jürgen Bast und Thomas Groß, die sich dafür aussprechen, Einwanderung nicht nur als Frage des Zugangs, sondern auch des dauerhaften "Dazu-Gehörens" zu begreifen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 15. August 2017: Libyen gegen Seenotretter / Lesen als Sanktion / Römisches Recht im AfD-Programm . In: Legal Tribune Online, 15.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23947/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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